Der letzte Single fangt den Mann
Blickkontakt aufrecht, ist mir aufgefallen. Ich wette, das ist Teil seiner lässigen Ausstrahlung.
» Ja, danke. Und du, lädst du Blondie mit Hut zum Essen ein?«
» Wen? Die? Nein. Die eignet sich nicht zum Essengehen.«
» Wofür eignet sie sich dann? Sag jetzt nicht für Gelegenheitssex. Das ist so was von out.«
» So einer bin ich nicht«, entgegnet er und nimmt nachdenklich einen Schluck. » Und wenn hier einer Gelegenheitssex will, dann die Frauen… Nein, sie eignet sich für eine › Lust-auf-ein-paar-Drinks? ‹ - SMS abends um zehn.«
» Eine kurzfristige Investition also«, sage ich. » Du bist ein kleiner Scheißkerl, stimmt’s? Ich nehme an, deine Tipps für Singles machen mich allmählich auch zu einem Bastard.«
» Das sind reine Überlebenskünste, Abigail«, sagt er leichthin. » Zerbrich dir nicht den Kopf darüber. Also, wie lief es gestern Abend? Hast du fleißig deine Handynummer verteilt?«
» Ja, ich habe sie sogar extra auf Aufkleber drucken lassen«, entgegne ich. Seine spöttische Art ist manchmal nervig. » Bist du es nicht leid, über mein Liebesleben zu reden?«
» Ich finde das spannend«, sagt er. » Eine Art Paralleluniversum aus naivem Optimismus.«
Ich funkle ihn einen Moment lang wütend an, dann breche ich in Lachen aus.
» Also schön. Sein Name ist Josh«, flüstere ich, damit Plum nichts mitbekommt. » Er arbeitet in einer Personalabteilung. Wir sind an der Theke ins Gespräch gekommen, und dann haben wir auf der Tanzfläche herumgeknutscht. Mein erster Kuss seit meiner Trennung von Peter!« Ich mache eine Pause. » Ich wünschte nur, ich könnte mich richtig daran erinnern.«
» Wow«, sagt Robert. » Ich habe schon seit Jahren nicht mehr auf der Tanzfläche herumgeknutscht. Hat er dich spüren lassen, wie aufgeregt er war?«
» Iihhh«, sage ich. » Also echt!«
Robert lacht. Er hat ein Lachen, bei dem alle unweigerlich das Gefühl haben, etwas Lustiges zu verpassen.
» Que?«, sagt Sophie.
» Ich… äh… habe gestern Abend jemanden kennengelernt. Aber Robert reduziert alles sofort auf Sex«, sage ich verdrossen. » Abartig.«
» Wer ist der Mann?«, fragt Sophie begeistert.
» Niemand, niemand. Ich habe noch nichts von ihm gehört. Wahrscheinlich wird er sich nie wieder melden«, sage ich mit Blick auf Plum, die sich vorsichtig eine Zigarette anzündet.
Sie ist früh gegangen, als wir gestern Abend im Club waren. Keiner hat sie angesprochen, also sah sie keinen Sinn darin, länger zu bleiben.
» Ist es nicht eine Schande, den ganzen Abend nur mit einer Person zu verbringen?«, sagt Robert.
» Nein«, erwidere ich.
Obwohl, bei genauerer Überlegung, da war ein großer Mann an der Theke, der immer zu mir herüberschaute. Ich wünschte, ich hätte mich auch mit ihm unterhalten.
» Ich wusste es«, bemerkt Robert selbstgefällig.
Es ist irgendwie nervig, dass er meine Gedanken lesen kann. » Du willst, dass ich…«, ich unterbreche mich und suche nach dem richtigen Ausdruck, » …Multitasking beim Flirten betreibe?«
Robert nickt. » Wie bei einem Meet and Greet. Außer du legst es an auf, du weißt schon, einen One-Night-Stand.«
» Männer denken da anders«, sagt Plum, die ein wenig aufgebracht wirkt.
Ich weiß, sie denkt an einen Mann, den sie vor ein paar Monaten kennenlernte. Sie unterhielt sich mit ihm den ganzen Abend und dachte, es hätte richtig gefunkt. Sie nahm ihn mit nach Hause und trieb es mit ihm bis spät am nächsten Nachmittag. Seitdem hat sie nichts mehr von ihm gehört.
» Genug von diesem Thema«, beeile ich mich zu sagen.
» Aber ich dachte, du wärst der große Aufreißer!«, platzt sie heraus, an Robert gewandt.
Er schüttelt den Kopf. » Ich pflege lockere Beziehungen. Das ist etwas ganz anderes.«
» Aus deinem Mund klingt das so vornehm«, sage ich.
Robert ignoriert mich. » Ich wette, würdet ihr zwei genau meine Anweisungen befolgen, würdet ihr innerhalb von einer Stunde einen Mann kennenlernen.«
» Und wie soll das gehen?«, fragt Plum. » Soll ich meine Handynummer an die Tür vom Herrenklo kritzeln?«
» Geh rüber ins Westbourne. Das ist ein Pub, keine zehn Meter von hier entfernt. An solchen Tagen wie heute trifft man dort immer ein fröhliches Völkchen vor der Tür. Nimm den Seiteneingang und bestell an der Theke zwei Bier und einen Wodka Tonic. Dann gehst du damit hinaus durch den Haupteingang…«
» Aber wie soll ich drei Gläser auf einmal tragen?«, fragt Plum. » Da lasse ich bestimmt eins
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