Der letzte Single fangt den Mann
der Theke neben die beiden Männer, die die Weinkarte studieren, zu stellen. Gott, ich habe Muffensausen.
» Montepulciano«, liest der eine laut vor. Er ist süß in seinen Röhrenjeans und dem engen T-Shirt, das leicht spannt. » Oder Valpolicella.«
» Du kannst einen Wein nicht aussuchen, nur weil der Name gut klingt«, sagt der andere, der nur mit einer Weste und Shorts bekleidet ist.
» Ich denke, ich werde mein erstes Kind Montepulciano nennen«, entgegnet Röhrenjeans nachdenklich. » Spitzname Monty, natürlich.«
Ich grinse in mich hinein und senke den Kopf, um zu verbergen, dass ich heimlich mithöre.
» Siehst du? Die Lady in Red hält das auch für eine gute Idee«, sagt Röhrenjeans.
Ich schaue an mir herunter. Ich trage ein weites rotes Minikleid und Chucks. Der meint mich! Ich weiß nicht, was ich sagen soll, und damit ich nicht zu stammeln beginne, hebe ich den Kopf und lächle ihn stumm an. Röhrenjeans ist süß, ein schlaksiger, kameratauglicher Typ.
» Sie hält dich für betrunken«, sagt die Weste.
Oh, nun sollte ich etwas sagen.
» Eigentlich wollte ich mein erstes Kind Mascarpone nennen, aber vielleicht überlege ich mir das jetzt noch einmal«, bringe ich heraus.
» Dann wähl du einen aus«, sagt Röhrenjeans.
Er gibt mir die Weinkarte, und ich gehe sie langsam durch, während ich darüber nachdenke, was ich als Nächstes sagen soll.
» Scheinbar eine Weinkennerin«, bemerkt die Weste.
Ich sehe ihn an und ziehe eine Augenbraue hoch. Ihm zu widersprechen, würde nach falscher Bescheidenheit aussehen, ihm recht zu geben, wäre idiotisch.
» Ich kann den Brunello empfehlen, wenn es ein italienischer Wein sein soll«, sage ich ruhig. » Ich persönlich trinke gerne Malbec.«
Tatsächlich ist das der einzige Wein, den ich in letzter Zeit getrunken habe, wenn mich meine Erinnerung nicht trügt.
» Dann also Malbec«, sagt Röhrenjeans. » Lust, uns auf ein Glas Gesellschaft zu leisten?«
» Ich kann leider nicht«, sage ich rasch. » Ich muss die nächste Runde besorgen…«
Ich drehe mich zur Bar. Der Kellner sieht mich schon erwartungsvoll an, rasch gebe ich die Bestellung auf. Während ich warte, ignoriere ich die beiden. Die Nerven, mein Untergang, spielen verrückt, und ich weiß nicht, was ich sagen soll. Ich bezahle, nehme das Wechselgeld und komme mir dabei total beobachtet vor…
» Brauchst du Hilfe beim Tragen?«, fragt Röhrenjeans.
» Äh… ja, bitte. Danke«, sage ich.
» Alfie, bestell schon mal den Malbec«, sagt Röhrenjeans über seine Schulter hinweg, während er mir zunickt, damit ich vorangehe.
» Danke…«, sage ich wieder, und er folgt mir nach draußen.
Wir erreichen unseren Tisch. Sophie und Plum strahlen Röhrenjeans an. Können sie es nicht noch offensichtlicher machen?
» Wenn du die nächste Runde holst, solltest du mich zuerst suchen«, sagt Röhrenjeans zu mir, nachdem er die Gläser abgestellt hat. » Das wäre sinnvoll. Von der logistischen Seite her.«
» Yes, Sir«, erwidere ich.
Er geht wieder hinein, während ich mich lässig setze. Alle am Tisch machen laut » Ohooo!«.
» Seid still«, sage ich.
Ich kann nicht anders als zu lächeln. Selbstvertrauen, übernehmen Sie! Erfahrung, ein Punkt mehr!
» Hat er nach deiner Nummer gefragt?«, will Plum wissen.
» Nein«, sage ich. Alle bis auf Robert murmeln ein enttäuschtes » Oh«. Selbstvertrauen, werfen Sie sich gegen den nächsten Felsen! Erfahrung, minus zwei. Sehen Sie? Ich bin nicht gut als Single! » Das ist schräg, Leute. Hört sofort damit auf.«
» Dann gehst du es eben langfristig an«, sagt Robert. » Er wird sicher an dir dranbleiben, wenn du das nächste Mal hineingehst.«
» Okay«, sage ich bedrückt.
» Seit wann bist du eigentlich so verdammt hilfsbereit, Rob?«, fragt Luke plötzlich. » Das sieht dir gar nicht ähnlich.«
Alle Augen richten sich auf Robert. Er starrt einen Moment ins Leere und runzelt dann die Stirn.
» Du hast recht. Ich habe keine Ahnung. Bin gleich wieder da.«
Er stolziert davon, quer über die Straße in Richtung Westbourne Pub.
» Hast du am Wochenende mit unseren Leuten telefoniert, Abs?«, fragt Sophie.
Unsere Eltern verbringen ihren Ruhestand in einem kleinen Dorf in Südfrankreich, was genauso idyllisch ist, wie es klingt, und doppelt so langweilig. Als sie auswanderten, rief meine Mutter uns beide mindestens einmal täglich an, manchmal sogar zweimal. Dann, zum Glück, verlobte sich Sophie, und Mum stürzte sich mit Inbrunst
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