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Der letzte Streich des Sherlock Holmes, Bd. 4

Der letzte Streich des Sherlock Holmes, Bd. 4

Titel: Der letzte Streich des Sherlock Holmes, Bd. 4 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arthur Conan Doyle
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denn Murillo war immer auf der Hut und wechselte unausgesetzt die Zimmer. Ich hatte dafür zu sorgen, daß die Türen nicht abgeschlossen waren und daß ein grünes oder weißes Licht in einem Fenster, das von der Auffahrt her gesehen werden konnte, signalisierte, es sei alles sicher oder es wäre besser, den Anschlag nicht auszuführen. Aber alles lief verkehrt. Irgendwie hatte ich Lopez’, des Sekretärs, Mißtrauen geweckt. Er schlich sich hinterrücks an mich heran und überfiel mich, als ich gerade die Nachricht an Garcia geschrieben hatte. Er und sein Herr schleppten mich in mein Zimmer und hielten Gericht über mich als einer überführten Verräterin. Ich wäre von ihnen auf der Stelle erdolcht worden, wenn sie nur gewußt hätten, wie sie den Folgen der Tat entgehen konnten. Schließlich, nach langen Erörterungen, kamen sie zu dem Schluß, daß es zu gefährlich sei, mich zu ermorden. Aber sie beschlossen, Garcia für immer loszuwerden. Sie würgten mich, und Murillo verdrehte mir den Arm, bis ich ihnen Garcias Adresse nannte. Ich schwöre, ich hätte mir den Arm ausreißen lassen, wenn ich begriffen hätte, was das für Garcia bedeutete. Lopez adressierte die von mir geschriebene Nachricht, versiegelte sie mit seinem Manschettenknopf und schickte sie durch den Diener Jose auf den Weg. Wie sie ihn ermordet haben, weiß ich nicht, nur, daß es Murillos Hand war, die ihn niederstreckte, denn Lopez war zurückgeblieben, um mich zu bewachen. Ich glaube, er hat ihm zwischen den Stechginsterbüschen aufgelauert, durch die sich der Pfad windet, und ihn niedergeschlagen, als er vorbeikam. Zuerst hatten sie im Sinn, ihn ins Haus eindringen zu lassen und ihn dann als entdeckten Einbrecher zu töten; aber sie besannen sich eines anderen, da sie in diesem Fall bei der gerichtlichen Untersuchung hätten auftreten müssen, wodurch ihre Identität sofort bekannt geworden wäre, und das hätte sie weiteren Anschlägen ausgesetzt. Mit dem Tod Garcias konnte die Verfolgung möglicherweise aufhören, wenn sein Tod die anderen so erschreckte, daß sie von der Aufgabe zurücktraten.
      Alles wäre nun gut für die beiden gewesen; aber da war noch ich, die wußte, was sie getan hatten. Ohne Zweifel hing mein Leben zeitweise an einem seidenen Faden. Ich saß in meinem Zimmer eingesperrt, von den schrecklichsten Drohungen terrorisiert, grausam behandelt; sie wollten meine Widerstandskraft brechen – sehen Sie nur die Stichwunde auf meiner Schulter und die Blutergüsse, von denen meine Arme übersät sind –, man knebelte mich, als ich einmal versuchte, aus dem Fenster zu rufen. Die schreckliche Gefangenschaft dauerte fünf Tage, und ich bekam kaum genug zu essen, daß Leib und Seele zusammenhielten. Heute nachmittag brachte man mir einen reichhaltigen Lunch, aber in dem Augenblick, da ich gegessen hatte, wußte ich, daß ich unter Drogen gesetzt worden war. Ich erinnere mich, daß man mich, da ich in Trance war, zum Wagen halb führte, halb trug. In dem Zustand wurde ich zum Bahnhof gefahren. Da erst, als die Räder des Zugs sich fast schon bewegten, wurde ich plötzlich gewahr, daß meine Freiheit in meinen eigenen Händen lag. Ich sprang hinaus; sie versuchten, mich zurückzuzerren. Wäre nicht die Hilfe dieses guten Mannes gewesen, der mich zu einer Droschke geleitete, hätte ich mich nie befreien können. Jetzt bin ich, Gott sei Dank, für immer ihrer Macht entronnen.«
      Wir waren dem bemerkenswerten Bericht aufmerksam gefolgt. Es war Holmes, der das Schweigen brach.
      »Unsere Schwierigkeiten sind noch nicht ausgestanden«, sagte er und schüttelte den Kopf. »Die Arbeit der Polizei ist zwar getan, aber jetzt beginnt die Arbeit der Gerichte.«
      »So ist es«, sagte ich. »Ein geschickter Anwalt könnte den Mord als einen Akt der Selbstverteidigung hinstellen. Auch wenn hundert Verbrechen im Hintergrund sind, dieses eine ist das einzige, das bestraft werden kann.«
      »Hören Sie auf«, sagte Baynes fröhlich. »Ich halte mehr von den Gerichten. Selbstverteidigung ist eine Sache, einem Mann kaltblütig aufzulauern in der Absicht, ihn zu ermorden, eine andere, welche Gefahr Sie auch immer befürchten mögen. Nein, nein, wenn wir die Herrschaft von ›High Gable‹ bei der nächsten Sitzung des Schwurgerichts in Guilford auf der Anklagebank sehen, werden wir alle Genugtuung erhalten.«

    Es bleibt eine geschichtliche Tatsache, daß es doch noch eine Weile dauerte, bis den Tiger von San Pedro seine Strafe

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