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Der letzte Streich des Sherlock Holmes, Bd. 4

Der letzte Streich des Sherlock Holmes, Bd. 4

Titel: Der letzte Streich des Sherlock Holmes, Bd. 4 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arthur Conan Doyle
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ein Mann aus dem Nebel auf mich zu.
      »Wie geht es Mr. Holmes, Sir?« fragte er.
      Der Mann war ein alter Bekannter, Inspektor Morton von Scotland Yard; er trug zivile Sachen.
      »Er ist sehr krank«, antwortete ich.
      Er blickte mich auf sehr merkwürdige Art an. Wäre es nicht zu unmenschlich gewesen, hätte ich meinen mögen, daß der Schimmer des Oberlichts ein Frohlocken auf seinen Zügen offenbarte.
      »Ich hab davon munkeln hören«, sagte er.
      Die Droschke fuhr vor, und ich ließ ihn stehen.
    Die Lower Burke Street stellte sich als eine
    Aneinanderreihung schöner Häuser im Grenzgebiet zwischen Notting Hill und Kensington heraus. Dasjenige, vor dem der Droschkenkutscher hielt, verbreitete mit seinen altmodischen Eisengittern, seiner massiven Flügeltür und den glänzenden Messingbeschlägen eine Atmosphäre properer Ehrbarkeit. Dazu paßte der würdevolle Butler, der im Türrahmen erschien, umstrahlt von einer Aura rosafarbenen Lichts, das einer farbigen elektrischen Lampe entströmte. »Ja, Mr. Culverton Smith ist zu Hause. Dr. Watson? Sehr wohl, Sir, ich werde Ihre Karte überreichen.«
      Mein bescheidener Name und mein Titel schienen Mr. Culverton Smith nicht zu beeindrucken. Durch die halboffene Tür hörte ich eine hohe, verdrießliche, durchdringende Stimme.
      »Wer ist der Mann? Was will er? Lieber Gott, Staples, wie oft habe ich Ihnen schon gesagt, daß ich beim Studieren nicht gestört werden möchte!«
      Es folgte ein sanfter Strom beruhigender Erklä
    rungen aus dem Mund des Butlers.
      »Ich möchte ihn nicht empfangen, Staples. Ich kann mich doch nicht einfach in meiner Arbeit unterbrechen lassen. Ich bin nicht zu Hause. Sagen Sie ihm das. Sagen Sie ihm, er soll morgen früh wiederkommen, wenn er denn unbedingt mit mir sprechen muß.«
      Wieder das sanfte Murmeln.
      »Schon gut. Übermitteln Sie ihm die Botschaft. Morgen früh mag er kommen oder auch wegbleiben. Ich lasse mich nicht bei der Arbeit stören.«
      Ich dachte an Sherlock Holmes, wie er sich auf seinem Krankenlager wälzte und vielleicht die Minuten zählte, bis ich ihm Hilfe brächte. Jetzt war nicht die Zeit, Formen zu wahren. Sein Leben hing von meinem raschen und entschlossenen Handeln ab. Ehe noch der sich entschuldigende Butler seine Botschaft ausgerichtet hatte, war ich an ihm vorüber und stand im Zimmer.
      Mit einem schrillen Wutschrei erhob sich ein Mann aus einem Lehnstuhl neben dem Kamin. Ich blickte in ein großes gelbes Gesicht, das grobporig und fettig war und in einem mächtigen Doppelkinn endete; düstere, drohende graue Augen unter buschigen sandfarbenen Brauen blitzten mich an. Auf dem hohen kahlen Kopf saß kokett auf der einen Seite der rosafarbenen Rundung eine kleine samtene Kappe. Die Schädeldecke war eine mächtige Wölbung, und doch sah ich, als ich an dem Mann hinunterblickte, zu meinem Erstaunen, daß er klein und zerbrechlich war und in Schultern und Rücken gekrümmt, wie einer, der in der Kindheit an Rachitis gelitten hat.
      »Was soll das?« schrie er mit hoher, kreischender Stimme. »Was bedeutet dieser Überfall? Habe ich Ihnen nicht ausrichten lassen, daß ich Sie morgen früh empfange?«
      »Es tut mir leid«, sagte ich, »aber die Angelegenheit verträgt keinen Aufschub. Mr. Sherlock Holmes…«
      Die Erwähnung des Namens meines Freundes bewirkte eine außergewöhnliche Veränderung. Der wütende Ausdruck verschwand sofort von dem Gesicht des kleinen Mannes. Die Züge wurden gespannt und wachsam.
      »Sie kommen von Holmes?«
      »Ich habe ihn vor kurzem erst verlassen.«
      »Was ist mit Holmes? Wie geht es ihm?«
      »Er ist todkrank. Deshalb bin ich gekommen.«
      Der Mann wies mir mit einer Geste einen Sessel und wandte sich ab, um seinen Platz wieder einzunehmen. Dabei sah ich im Spiegel über dem Kamin ganz kurz sein Gesicht, und ich hätte schwören können, daß es von einem bösartigen, abscheulichen Lächeln beherrscht war. Aber ich sagte mir, daß dies die Folge einer nervösen Zukkung gewesen sein mußte, die durch meine plötzliche Nachricht hervorgerufen war, denn als er sich mir einen Augenblick später zuwandte, lag echte Anteilnahme auf dem Gesicht.
      »Es tut mir leid, das hören zu müssen«, sagte er. »Ich kenne Mr. Holmes nur durch geschäftlichen Umgang, ich habe allen Respekt vor seinen Fähigkeiten und seinem Charakter. Er ist ein Amateur auf dem Gebiet der Verbrechensbekämpfung, ich bin ein Amateur auf

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