Der letzte Streich des Sherlock Holmes, Bd. 4
Irgendein Ulk…«
»Es war kein Ulk, wie Sie jetzt auf Ihre Kosten erfahren. Sie Narr! Sie wollten es so, und Sie haben es so gekriegt. Warum haben Sie auch meinen Weg gekreuzt? Hätten Sie mich in Ruhe gelassen, wäre Ihnen kein Haar gekrümmt worden.«
»Ich erinnere mich«, keuchte Holmes. »Die Feder! Es hat geblutet. Das Kästchen… da auf dem Tisch.«
»Genau das ist es, heiliger Bimbam! Und es wird aus dem Zimmer in meiner Tasche verschwinden. Und damit ist auch der letzte Fetzen Ihres Beweises dahin. Doch Sie kennen jetzt die Wahrheit, Holmes, und Sie können mit dem Wissen, daß ich Sie getötet habe, sterben. Sie wissen zuviel über Victor Savages Schicksal, also müssen Sie es teilen. Sie stehen ganz kurz vor Ihrem En de. Ich bleibe hier sitzen und sehe zu, wie Sie sterben.«
Holmes’ Stimme war zu einem fast unhörbaren Flüstern herabgesunken.
»Was gibt es?« fragte Smith. »Ich soll das Gas heller stellen? Ah, die Schatten senken sich wohl schon über Sie? Ja, ich drehe es auf, damit ich Sie besser beobachten kann.« Er ging durch das Zimmer, und das Licht wurde plötzlich heller. »Kann ich sonst noch eine Kleinigkeit für Sie tun, mein Freund?«
»Ein Streichholz und eine Zigarette.«
Fast hätte ich vor Freude und Verwunderung laut geschrien. Er sprach jetzt mit seiner natürlichen Stimme – vielleicht war sie ein bißchen schwach, aber es war genau die Stimme, die ich kannte. Es folgte eine lange Pause, und ich hatte das Gefühl, daß Culverton Smith dastand und in stummer Bestürzung auf seinen Gesprächspartner hinabsah.
»Was soll das heißen?« hörte ich ihn schließlich in einem trockenen, rauhen Ton fragen.
»Die beste Art, eine Rolle zu spielen, ist, sie zu leben«, sagte Holmes. »Ich gebe Ihnen mein Wort darauf, daß ich seit drei Tagen nichts zu mir genommen habe, weder Essen noch Trinken, bis vorhin, als Sie so nett waren, mir ein Glas Wasser einzugießen. Aber am heftigsten habe ich den Tabak entbehrt. Ah, da sind ja ein paar Zigaretten!« Ich hörte, wie ein Zündholz angerissen wurde. »Ja, das tut gut! Aber, hallo! Hören Sie nicht auch den Schritt eines Freundes?«
Ein Schritt näherte sich, die Tür wurde geöffnet, und Inspektor Morton erschien.
»Alles in Ordnung. Und das ist Ihr Mann«, sagte Holmes.
Der Beamte sprach die üblichen Warnungen aus. »Ich verhafte Sie unter dem Verdacht des Mordes an einem gewissen Victor Savage«, schloß er.
»Sie können hinzufügen: und wegen versuchten Mordes an einem gewissen Sherlock Holmes«, bemerkte mein Freund und lachte in sich hinein. »Um einem Kranken keine Ungelegenheiten zu bereiten, war Mr. Culverton Smith so freundlich, das zwischen uns ausgemachte Signal zu geben, indem er das Gas aufdrehte. Übrigens steckt in der rechten Manteltasche des Gefangenen ein Kästchen, das man tunlichst herausnehmen sollte. Ich danke Ihnen. Wäre ich Sie, ich würde es mit allergrößter Behutsamkeit behandeln. Stellen Sie es hierher. Es könnte vor Gericht eine Rolle spielen.«
Plötzlich gab es ein Handgemenge und Getümmel, gefolgt von Eisenklirren und einem Schmerzensschrei.
»Sie verletzen sich nur«, sagte der Inspektor. »Halten Sie still.« Und dann hörte man das Klikken zuschnappender Handschellen.
»Eine feine Falle!« schrie eine hohe, knarrende Stimme. »Sie wird Sie auf die Anklagebank bringen, Holmes, nicht mich. Er hat mich gebeten, zu ihm zu kommen und ihn zu heilen. Er tat mir leid, und ich kam. Jetzt wird er zweifellos behaupten, ich hätte etwas gesagt, daß er erfinden wird, um seinen unsinnigen Verdacht zu untermauern. Sie können so viel lügen, wie Sie wollen, Holmes. Mein Wort wiegt noch immer soviel wie Ihres.«
»Du lieber Himmel!« rief Holmes. »Ich hab ihn ja völlig vergessen. Mein lieber Watson, ich muß mich tausendmal entschuldigen. Daß ich aber auch übersehen konnte, daß Sie da sind! Mit Mr. Culverton Smith brauche ich Sie wohl nicht mehr bekanntzumachen, da Sie sich, wie ich hörte, am frühen Abend begegnet sind. Steht Ihre Droschke unten? Wenn ich angezogen bin, komme ich nach; vielleicht kann ich auf dem Polizeirevier von Nutzen sein.«
»Nie habe ich so etwas mehr gebraucht«, sagte Holmes, der sich mit einem Glas Claret und einigen Biskuits erfrischte, während er Toilette machte. »Aber da Sie ja wissen, daß meine Lebensführung ohnehin unordentlich ist, macht mir ein solches Kunststück weniger aus als den
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