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Der letzte Streich des Sherlock Holmes, Bd. 4

Der letzte Streich des Sherlock Holmes, Bd. 4

Titel: Der letzte Streich des Sherlock Holmes, Bd. 4 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arthur Conan Doyle
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daß es niemals auf der Welt einen Mann gegeben hat, der eine Frau so ganz von Herzen liebte, wie ich Frances geliebt habe. Ich war ein wilder junger Bursche, ich weiß – doch nicht schlimmer als andere meiner Herkunft. Aber ihre Seele war so rein wie Schnee. Sie konnte nicht den Schatten von etwas Grobem vertragen. Als sie daher zufällig hörte, was ich angestellt hatte, wollte sie mit mir nicht einmal mehr sprechen. Und doch liebte sie mich – das ist das Wunder dabei! Sie liebte mich trotz allem noch genug, um für den Rest ihrer Tage unverheiratet zu bleiben. Nach Jahren, als ich in Barberton zu Geld gekommen war, dachte ich, ich könnte sie vielleicht ausfindig machen und besänftigen. Ich hatte gehört, daß sie immer noch unverheiratet war. Ich fand sie in Lausanne und habe alles versucht, was ich konnte. Ich glaube, sie wollte nachgeben, aber sie hat einen starken Willen, und als ich das nächste Mal nach ihr fragte, war sie nicht mehr in der Stadt. Ich folgte ihrer Spur nach Baden-Baden, und dann erfuhr ich nach einer Weile, daß ihre Zofe hier wohne. Ich bin ein rauher Bursche, komme soeben aus einem rauhen Leben, und als Dr. Watson mich so anredete, verlor ich für einen Augenblick die Selbstbeherrschung. Aber, um Gottes willen, sagen Sie mir, was Lady Frances zugestoßen ist.«
      »Das haben wir herauszufinden«, sagte Sherlock Holmes mit besonderem Ernst. »Wie lautet Ihre Londoner Adresse, Mr. Green?«
      »Man erreicht mich über das Hotel ›Langham‹.«
      »Dürfte ich Ihnen empfehlen, Sie kehren dorthin zurück und halten sich zur Verfügung für den Fall, daß ich Sie benötigen sollte? Ich möchte nicht falsche Hoffnungen wecken, aber ich versichere Ihnen, daß alles für Lady Frances getan wird, was möglich ist. Mehr kann ich zu diesem Zeitpunkt nicht sagen. Ich gebe Ihnen meine Karte, damit Sie mit uns in Verbindung bleiben können. Und nun, Watson, wenn Sie Ihre Koffer pakken wollen, werde ich Mrs. Hudson telegraphisch bitten, sich für morgen neunzehn Uhr dreißig auf zwei hungrige Reisende einzurichten.«
    Ein Telegramm erwartete uns in der Baker Street; Holmes las es mit einem Anflug von Interesse und warf es mir hin. ›Schartig oder zerrissen‹, lautete die Nachricht, und der Absendeort war BadenBaden.
      »Was bedeutet das?«, fragte ich.
      »Es bedeutet alles«, antwortete Holmes. »Bitte, erinnern Sie sich meiner beziehungslos erscheinenden Frage über das linke Ohr dieses kirchlichen Ehrenmannes. Sie haben sie nicht beantwortet.«
      »Ich hatte Baden-Baden verlassen und konnte nicht nachforschen.«
      »Richtig. Aus diesem Grunde schickte ich ein Duplikat an den Geschäftsführer des ›Englischen Hofs‹, und hier liegt dessen Antwort.«
      »Was schließen Sie aus ihr?«
      »Ich schließe aus ihr, mein lieber Watson, daß wir es mit einem ausgenommen schlauen und gefährlichen Mann zu tun haben. Der Reverend Dr. Shlessinger, Missionar aus Südamerika, ist kein anderer als Holy Peters, einer der skrupellosesten Lumpen, die Australien je hervorgebracht hat – und für ein so junges Land hat es bereits einige vollkommene Typen ausgebrütet. Seine besondere Spezialität ist das Betrügen alleinstehender Damen, indem er mit ihren religiösen Gefühlen sein Spiel treibt, und seine sogenannte Ehefrau, eine Engländerin namens Fraser, ist eine treffliche Gefährtin, die ihm dabei hilft. Die Taktik ließ mich auf seine Identität schließen, und diese körperliche Besonderheit – bei einer Kneipenschlacht im Jahre ‘89 in Adelaide ist er schlimm ins Ohr gebissen worden – hat meinen Verdacht bestätigt. Die arme Dame ist in Händen eines teuflischen Paars, das vor nichts zurückschreckt, Watson. Daß sie bereits tot ist, darf man mit großer Wahrscheinlichkeit vermuten. Bestenfalls befindet sie sich in einer Art Haft und ist unfähig, an Miss Dobney oder ihre anderen Freunde zu schreiben. Es kann natürlich auch sein, daß sie London nie erreicht hat oder nur durchgefahren ist. Aber ersteres finde ich unwahrscheinlich, da es Ausländern nicht leichtfallen dürfte, die Polizei auf dem Kontinent bei dem dort überall eingeführten Meldepflichtsystem irrezuführen; und das letztere kommt mir unwahrscheinlich vor, weil diese Schurken nicht hoffen können, anderswo einen Ort zu finden, an dem es so leicht wäre, einen Menschen gewaltsam in Arrest zu halten. Meine Instinkte sagen mir, daß sie in London ist, aber da wir zur Zeit nicht wissen, wo sie sich in der

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