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Der letzte Tag: Roman (German Edition)

Der letzte Tag: Roman (German Edition)

Titel: Der letzte Tag: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Adam Nevill
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sollte dann enden in einem, wie ein Autor einmal schrieb …«
    »Alter! Hier ist definitiv noch jemand im Haus. Scheiße!«
    Kyle zuckte heftig zusammen und schnappte nach Luft. Er starrte Dans Kopf an. Seine Schläfen waren überzogen mit einem Gewirr weißer Haare. Er wird alt, dachte er dümmlich.
    Das Geräusch wiederholte sich. Es klang wie Fußgetrappel und kam aus dem Zimmer oben im Penthouse, das zur Straße hinausging. Ungleichmäßige Schritte, wie von nackten Füßen, die über den Holzfußboden zum zentralen Flur hinwetzten. Aber im ganzen oberen Stockwerk war keine lebende Seele gewesen, als sie oben gewesen waren. Sie hatten sogar zweimal nachgeschaut, damit Dan sich endlich beruhigte.
    »Was ist das denn?« Dans Gesicht war angespannt vor Angst. Rasch nahm er seine heiß geliebte Canon X H A vom Stativ.
    Kyle zog sich hastig die angehefteten Mikrofone vom Hemd. »Woher zum Teufel soll ich das denn wissen?«
    Dan setzte die Kamera vorsichtig auf dem Boden ab und befreite sich von den diversen Geräten. »Das ist nicht witzig. Überhaupt nicht. Ich werde jetzt …« Eine Tür außerhalb des Zimmers wurde mit einer solchen Wucht zugeworfen, dass er abbrach.
    Kyle brachte es für ihn zu Ende: »Los, raus hier!«
    Dan lief auf die Tür zu. Kyle rannte hinter ihm her. Der Scheinwerfer der Kamera beleuchtete den Raum, in dessen Tür sie innehielten. Sie waren kaum einen ganzen Schritt über die Schwelle getreten. »Wer ist da?«, rief Kyle. Seine Stimme verlor sich in den weiten Räumen des Gebäudes.
    Stille. Sie schauten einander an. Dann warfen sie einen Blick nach rechts in den Flur und die Dunkelheit, die sich dort ausgebreitet hatte. Abgesehen von dem Pochen seines Herzens, das ihm in den Ohren dröhnte, konnte Kyle ein leises Pfeifen hören. Eine Flöte? Er war sich nicht sicher. Das kam bestimmt von draußen. Nein, es war das Winseln eines Hundes aus der Nachbarschaft.
Denn nun hörte er ein Aufjaulen, als wäre ihm jemand auf die Pfote getreten. In der Ferne. Sehr weit weg. Oder doch über ihnen? Unmöglich. »Hörst du das? Da draußen?«
    Dans Augen flackerten wild. »Lass uns verschwinden.« Er drehte sich um, um die Kamera aus dem Zimmer zu holen, hielt dann aber inne. Kyle hob die Hand und signalisierte, dass er Ruhe haben wollte, und zuckte zusammen, als er den eisigen Luftzug spürte, der aus dem hinteren Bereich des Gebäudes durch den Korridor kam. Ein leichter Wind, der einen modrigen Gestank mit sich führte. Im gleichen Moment erinnerte er sich an ein Erlebnis in seiner Kindheit, als er einen toten Vogel aufgelesen hatte, der klebrig von schwarzem Blut gewesen war, staubig und nach Verwesung stinkend. Er hielt sich die Hand vor die Nase: »Uh.«
    Dan hustete. »Ich …«
    Aber da war es wieder. Schrilles Pfeifen in der Ferne, vermischt mit etwas, das an ein Gurgeln hinter einer Wand erinnerte. Wenig später folgte das Winseln eines Hundes. Sie standen stumm und unbeweglich da, bis das plötzliche Getrampel zahlreicher Füße durch den Flur oben im Penthouse sie aus ihrer Lähmung riss.
    Einen Moment lang blockierten sie sich gegenseitig, als sie durch die Türöffnung drängten. Dans Ellbogen stieß gegen Kyles Schulter. Er will mich hinter sich stoßen! Panik flutete durch Kyles Gehirn, gefolgt von einem Durcheinander an leeren Gedanken und dem Bild von Susan Whites faltigem, lippenlosem Mund, der das Wort »Erscheinungen« murmelte.
    Er folgte Dan die dunklen Treppenstufen hinab ins Erdgeschoss, die Sohlen seiner Converse-Turnschuhe glitten hastig über die glatten Stufen und schossen nach vorn, der Klang seines keuchenden Atmens wurde übertönt vom lauten Bäng-Bäng-Bäng von Dans Füßen vor ihm.
    Kyle konnte nicht mehr schlucken. Er starrte in die Augen seines Freundes, als dieser um den Treppenabsatz bog und weiter nach unten hastete, halb laufend, halb rutschend, und er wünschte,
er hätte ihn nicht angeschaut. Dans Augen waren weit aufgerissen, grell leuchtend vor nackter Angst, als das Licht einer Straßenlaterne über sein blasses, unrasiertes Gesicht huschte. Ein hysterisches Gefühl durchzuckte Kyles Körper wie ein elektrischer Schlag, breitete sich bis in seine Arme und Beine aus, war kaum noch auszuhalten und wollte aus ihm herausbrechen, damit er noch schneller vorankam, drängte ihn, über Dan, der vor ihm das Treppenhaus blockierte, hinwegzurennen. Er hatte keine Ahnung, vor wem oder was er davonlief, aber alle seine Instinkte peitschten ihn in die eine Richtung:

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