Der letzte Tag: Roman (German Edition)
Unaussprechliche
ausgesprochen. »Hör mal, wir sind jetzt nicht in der Verfassung, endgültige Entscheidungen zu treffen. Das ist nicht der richtige Ort, und heute …«
»Heute war der schlimmste Tag meines Lebens. Heute ist alles total danebengegangen.«
So hatte er Dan noch nie erlebt. Kyle wählte seine Worte jetzt mit Bedacht und senkte seine Stimme: »Ich gebe dir ja recht. Aber du musst zugeben, dass dieser Filmstoff trotz allem, was wir erlebt haben, richtig klasse ist. Verstehst du, wir waren bei zwei Aufnahmeterminen, und bei beiden haben wir total spannende Sachen gefilmt. Wie oft passiert so was schon? Eigentlich nie, so sieht’s aus. Soweit ich weiß, ist etwas Derartiges noch nie jemandem passiert. Noch nie. Niemandem, der mit einer Kamera unterwegs war. Ein Horrorfilm aus einem großen Studio könnte vielleicht solche Effekte erzielen. Aber das hier sind keine Effekte.«
Dan schloss die Augen und sah aus, als würde er sich am liebsten auch die Ohren zuhalten. »Kyle.«
»Und die Interviews waren zwar ziemlich schräg, aber sie sind fantastisches Material. So was kann man sich nicht ausdenken. Mir kommt es vor, als hätten wir unser ganzes Leben darauf gewartet. Bei Hexenzirkel und Blutrausch haben wir nur einen winzigen Hauch von Paranormalität eingefangen. Ein paar gute Interviews. Ein paar nette Aufnahmen von den Orten, wo die Morde stattfanden. Das waren zwei spannende Filme. Aber das hier … ist auf einem ganz anderen Niveau. Das bringt uns richtig weit. Das ist die große Chance. Von jetzt an sind wir ganz oben.«
»Ich stimme dir ja zu, Kyle. Aber von den beiden ehemaligen Sektenmitgliedern, die wir gefilmt haben, ist die eine tot und der andere hat heute Nachmittag sein Bein verloren!« Dan suchte in Kyles Gesicht nach einer Erklärung. Aber da war nichts zu sehen.
»Dan, hör mal. Wir haben eine Szene abgedreht. Wir hoffen, dass wir etwas erreichen können. Wir haben ein Ziel. Wir wollen eine Geschichte erzählen. Die Geschichte. Einverstanden? Und die kriegen wir hier die ganze Zeit serviert. Wir bekommen mehr, als wir erwartet haben. Gabriel hat Pech gehabt, okay, aber auf diesem Hof haben wir Sachen gefilmt, die uns mehr bringen, als alles, was er uns hätte erzählen können. Wir haben jede Menge Material gesammelt. Das ist viel zu wertvoll, um es aufzugeben. An dieser Geschichte ist was dran. Die gemeinsamen Erlebnisse, die diese Leute gehabt haben. Niemand macht sich wichtig oder versucht, Eindruck zu schinden. Es scheint so, als wollten sie alle eine Art Bekenntnis ablegen. Wie oft haben wir das denn schon erlebt? Genau. Und das willst du alles wegschmeißen? Das soll wohl ein Scherz sein.«
Dan starrte zu Boden. »Scheiße! Ich weiß nicht. Ich muss erst ein bisschen Abstand zwischen mich und diesen verfluchten Ort bringen. Und dann denke ich noch mal darüber nach.«
»In Ordnung. Aber ich kann das nicht ohne dich machen. Ich habe keine Möglichkeit … keine Zeit, dich zu ersetzen. In zwei Tagen müssen wir in Amerika sein.« Kyle füllte Dans Glas mit Rum. »Und wie du schon sagtest, ich habe keine Wahl. Ich stehe mit dreißigtausend in der Kreide. Ich muss diesen Film machen.«
»Ich weiß ja. Es ist nur … ich glaub nicht, dass ich das schaffe.«
»Schlaf erst mal drüber. Bitte. Tu mir das nicht an, Dan, bitte. Okay?«
»Da ist noch was.«
»Was?«
»Im Krankenhaus, als du draußen mit Max telefoniert hast, hab ich mich gefragt, was dieser Franzose, der uns geholfen hat, wohl dem Arzt erzählt hat. Die haben sich ziemlich lange unterhalten. Der Typ war ziemlich aufgeregt. Also habe ich den Arzt gefragt, was der Bauer ihm denn erzählt hat. Ich hatte den Eindruck, dass es irgendwas mit diesem Hof zu tun hatte.«
Kyle musste schlucken. »Und?«
»Der Arzt konnte nicht sehr gut Englisch, aber der Franzose aus dem Dorf hat ihm erzählt, dass die Vögel nie mehr zurückgekommen seien. So was in der Art. Die Vögel kamen nie zurück. Zu diesem Gehöft, nehme ich an. Und er sagte, dass die Hunde dort nicht hingehen wollen.«
»Das ist ja Wahnsinn, Dan. Unglaublich.«
»Und dann wäre da noch das hier.« Dan ging zu seinem Nachttisch und griff nach seinem iPhone. »Die Nachricht muss wohl am Nachmittag reingekommen sein. Ich hab sie abgerufen, als du unter der Dusche warst. Eine Nachricht von Finger Mouse. Über das Material, das wir in der Clarendon Road gedreht haben.« Dan scrollte durch das Menü und reichte Kyle dann das Gerät.
Die Nachricht lautete: Hab
Weitere Kostenlose Bücher