Der letzte Tag: Roman (German Edition)
haben. Sie haben erst mal genug getan. Ich danke Ihnen sehr dafür. Schicken Sie mir einfach eine SMS mit dem Namen des Krankenhauses. Und die Telefonnummer. Ich muss jetzt los. Ich muss noch eine andere Angelegenheit regeln.«
»Eine andere Angelegenheit! Was kann denn wohl wichtiger sein als das hier? Ich möchte endlich ein paar Fragen beantwortet haben, verdammt!«
»Bitte, Kyle. Sie sind jetzt sehr aufgebracht.«
»Das wären Sie auch, nach allem, was wir durchgemacht haben, meinen Sie nicht?«
»Ich verstehe Sie ja. Wirklich. Aber … es gibt noch andere unerfreuliche Nachrichten. Es ist heute passiert. Und hat auch mit Ihrem Film zu tun.«
»Was denn?«
»Schwester Isis. Susan White. Sie ist in die Nacht gegangen.«
»Was? Was ist sie? Wie bitte?«
»Sie ist gestorben, Kyle.«
»Ehrlich gesagt, frage ich mich langsam, was ich davon halten soll.«
Kyle wandte sich vom Bildschirm des Laptops ab, wo er sich gerade in seine Rohschnittfassung vertieft hatte. Er schaute Dan an, der endlich das Pizzastück zu Ende gekaut und runtergeschluckt hatte.
»Der Film.« Dan sah tief in Kyles blutunterlaufene Augen. »Damit stimmt irgendwas nicht.«
»Ja, klar. Und Max erzählt uns nicht alles. Er hält Informationen zurück. Das hat er von Anfang an gemacht.«
»Worüber denn?«
»Keine Ahnung. Ich weiß es nicht. Er ist total durchgedreht, weil ich mit dieser Anwältin gesprochen habe. Meinte, das sei nebensächlich. Aber sie hat in dem Haus gewohnt, in dem die Letzte Zusammenkunft ihr Hauptquartier hatte. Wieso sollte das also unwichtig sein? Und dann hat sie mir das über die Flecken an der Wand erzählt. Was immer das ist. Wie die immer wieder einfach so erschienen sind. Und dass man da etwas erkennen konnte. Das waren keine Wasserflecken. Und auch sonst kein Defekt bei den Leitungen. Ganz bestimmt nicht. Wir habe nie eine Nahaufnahme gemacht, aber ich gehe jede Wette ein, dass das, was wir im Keller in der Clarendon Road gesehen haben, dem auf den Wänden auf diesem verfluchten Bauernhof nicht unähnlich ist.« Kyle deutete auf den Laptop, um seine Behauptung zu unterstreichen. »Rachel Phillips hat auch Geräusche gehört. Solche, wie wir gehört haben. Und diese Gestalt … vor dem Penthouse … Das hat alles was mit der Sekte zu tun. Das muss so sein. Diese Mythen sind vielleicht gar keine Mythen. Kaum zu glauben, dass ich so etwas sage, stimmt’s?«
»Darüber soll es ja letztendlich in diesem Film gehen. Das ist die Idee von Max. Das ist ein bisschen zu simpel, wenn du mich fragst. Und dann das, was da draußen passiert ist? Ich meine, um Himmels willen … diese Dinger da an der Wand. Das sind bestimmt
keine Wasserflecken. Bestimmt nicht. Die sind aufgemalt. Aber wer malt denn solche Sachen? Die müssen ja völlig durchgeknallt gewesen sein.«
»Das ist nicht aufgemalt.«
»Wie bitte?«
Kyle schüttelte den Kopf und schluckte. »Die sind in dem Stein drin. Ich hab eins davon berührt. Es fühlt sich an, als wären die irgendwie in den Stein hinein…gebrannt. Da ist überhaupt keine Farbe. Eher so was Versengtes oder Verschmortes. Es stinkt. Als wäre da etwas in der Wand gestorben.«
Dan atmete lautstark aus. »Das hier ist wohl ein Nichtraucherzimmer?«
Kyle nickte. »Scheiß drauf. Wir rauchen eine.«
Dan stand auf und ging zu Kyles Nachttisch, wo eine Packung Lucky Strikes lag. »Willst du auch eine?«
Kyle nickte und fing die Zigarette auf, die Dan ihm zuwarf.
Dan lief hin und her. Schweigend beobachtete Kyle seine behaarten Füße, wie sie auf und ab gingen, und bemühte sich, seine ebenso behaarte Wampe nicht anzustarren. Dan sprach jetzt sehr aufgeregt, seine Wangen waren gerötet. »Der ganze Scheiß ist viel zu abgedreht, Mann. Gabriel ist beinahe draufgegangen. Wenn ich die Blutung nicht mit meinem Hemd gestoppt hätte, wäre er jetzt hinüber. Das hat der Arzt gesagt. Oder zumindest angedeutet. Susan, Isis, oder wie sie sich nennt, ist tot. Tot. Genauso wie ein anderer alter Hippie-Kumpel von Max, der in diese Sache verwickelt war. Das fühlt sich … ziemlich gefährlich an. Ich weiß ja, dass du deine Schulden bezahlen musst. Und hunderttausend sind ziemlich viel Geld, aber wir sollten das abbrechen. Einfach aufgeben.«
Kyle schluckte seine Verwirrung und Enttäuschung herunter. Es war kaum zu glauben, dass Dan allen Ernstes vorschlug, sie sollten den Film sausen lassen. Und was für einen Film . Dan war aufgebracht. Das war nur normal. Aber er hatte das
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