Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der letzte Vampir

Der letzte Vampir

Titel: Der letzte Vampir Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Wellington
Vom Netzwerk:
versuchte sie mit den Augen zu sagen. Aber ich bin machtlos.
    Sein Blick war leicht zu lesen, selbst aus sechs Meter Entfernung. Helfen Sie mir , sagte er. Bitte. Bitte, helfen Sie mir.
    Das war natürlich ihr Job – Menschen zu helfen. Aber im Augenblick war sie indisponiert. Tucker würde sterben, weil sie nicht stark genug gewesen war. So wie alle anderen auch. An ihren Händen klebte Blut – jedenfalls metaphorisch.
    »Bedeutet dir der Kerl was?«, fragte Scapegrace. Er gab ihr keine Chance, es zu verneinen. Er stürmte zu Tucker und riss den großen CO mit einem Arm hoch. Tucker war mindestens hundert Pfund schwerer als der Vampir, aber das schien keine Rolle zu spielen. Scapegrace drückte den großen Mund mit den zahllosen scharfen Zähnen auf Tuckers Hals und biss zu, beinahe sanft. Als würde er in einen Apfel beißen und nichts von seinem Saft verschwenden wollen. Dann fing er an zu saugen.
    Caxton konnte nichts tun, außer ihn anzubrüllen, damit aufzuhören. Genauso gut hätte sie eine herabstürzende Lawine anbrüllen können – wenn überhaupt, feuerte sie ihn damit nur an. Das Gesicht des COs wurde grau, dann weiß – allerdings nicht so weiß wie die Haut des Vampirs. Seine Augen rollten zurück, und sein Körper zitterte, aber er schrie nicht. Vielleicht hatte Scapegrace seine Luftröhre zerbissen. Als es vorbei war, warf der Vampir den Körper einfach zu Boden. Er war nutzlos. Blut klebte an seinem Mund, hellrotes Blut. »Sie werden alle sterben«, sagte er zu Caxton. Ein paar der COs wimmerten. Einer fing mit brechender Stimme an zu beten. Scapegrace nahm ihn als Nächsten.
    Nachdem das vierte Opfer leergesaugt war, räusperte sich Hazlitt. »Heben Sie sich den Rest für später auf«, sagte er. »Justinia will mit unserem Gast sprechen.«
    Scapegrace fuhr sich mit dem Unterarm über den nassen Mund. Er bewegte sich so schnell über das Gras, dass er Spuren in der Luft hinterließ. Plötzlich hatte er die Hände um Hazlitts Hals. Er zwang den Arzt nach unten, bis er auf dem feuchten Rasen kniete und nach oben in die Augen des Vampirs starrte; Angst trieb wächsernen Schweiß auf seine Stirn.
    »Noch bist du keiner von uns«, sagte Scapegrace. »Glaubst du, du kannst dir das merken?«
    Der Arzt nickte heftig. Der Vampir ließ ihn wieder aufstehen, und sie traten ein.

52.
    Der winzige Schädel in Caxtons Händen erbebte, und sie hätte ihn beinahe fallen gelassen. Sie stieß ein leises Kreischen aus. Scapegrace und Hazlitt blieben stehen und schauten zu ihr zurück. Der Vampir grinste unverschämt.
    Aus der linken Augenhöhle des Schädels war ein Tausendfüßler mit langen, haarigen Fühlern gekrochen und krabbelte über Caxtons Handrücken. Sein Körper sah feucht und schleimig aus. Seine Beine verursachten ein Jucken auf ihrer Haut. Es kostete sie ihre ganze Beherrschung, nicht die Hand wegzureißen. Aber sie wusste genau, dass Scapegrace sie auf der Stelle zum Krüppel machen würde, falls sie es doch tat. Vermutlich würde der Vampir ihr den Tausendfüßler danach ins Haar stecken, nur um sie zu quälen.
    Sie ging in die Knie und biss die Zähne zusammen, versuchte sich keine Gedanken darüber zu machen. Es ist nur ein Insekt, sagte sie sich. Es war außerordentlich unwahrscheinlich, dass er giftig war.
    Vorsichtig hob sie den Schädel auf Mundhöhe. Sie holte tief Luft und blies gegen den Tausendfüßler, versuchte ihn von der Hand herunterzupusten. Sein Kopf schwankte im Luftzug, aber dann verankerte er die hinteren Beine zwischen zwei ihrer Knöchel. Sie blies stärker, immer stärker, bis sie glaubte, gleich wieder das Bewusstsein zu verlieren.
    Scapegrace stieß ein spöttisches Lachen aus. Sie holte tief Luft und pustete den Tausendfüßler an, bis er schließlich von ihrer Hand flog. Der Vampir schüttelte amüsiert den Kopf und bedeutete ihr dann, ihm zu folgen. »Hier entlang«, sagte er, »wenn du so weit bist.«
    Hazlitt rannte voraus in die Dunkelheit und betätigte einen Lichtschalter im Korridor. Bis auf eine waren sämtliche Leuchtstoffröhren zerschlagen. Wie gezackte Glaszähne hingen sie über ihrem Kopf, sprühten gelegentlich Funken. Das wenige Licht reichte kaum aus, dass sie ihren Weg ans andere Ende des Korridors fand. Sie gingen auf direktem Weg zu Malverns Privatstation – sie kannte die Route noch von ihren vorherigen Besuchen.
    Scapegrace warf Hazlitt einen Blick zu, dann hob er den Plastikvorhang und trat ein. Caxton wollte ihm folgen, aber der Arzt

Weitere Kostenlose Bücher