Der letzte Vampir
Wir haben genug Aufnahmen.« Er schaute Arkeley und Caxton an. »Waren Sie schon im Keller?«
Caxtons Gedanken überschlugen sich. Der Keller. Die Jagdhütte hatte einen Keller. Was für eine Schreckenskammer erwartete sie dort?
Sie gingen eine Treppe hinunter. Caxton stützte sich mit der einen Hand an der glatt verputzten Wand ab und hielt sich mit der anderen am Geländer fest. Sie passierten Regale mit Eingemachtem, dick und süß in Gläser abgefüllt. Sie stiegen über Stapel von Sportsachen und Dachdeckermaterialien. Am anderen Ende des Kellers stand eine Gruppe State Trooper mit Latexhandschuhen in einem Halbkreis. Was bewachten sie? Sie traten zur Seite, als sie Arkeley und seine Partnerin kommen sahen.
Caxton bewegte sich weiter vorwärts. Sie fühlte sich, als würde sie schweben statt zu gehen. In dieser unheimlichen Hütte kam sie sich wie ein Geist vor. Sie schob sich an den Troopern vorbei. In einem schattenverhüllten Alkoven standen drei identische Särge, alle offen. Alle leer.
Drei Särge. »Nein«, stieß sie hervor. »Nein.« Es war nicht vorbei. Es gab noch mehr von ihnen, dort draußen lauerten noch mehr Vampire.
Arkeley schloss einen der Sargdeckel mit einem Tritt. Es dröhnte hohl.
15.
Draußen setzte sich Caxton ins Gras und legte den Kopf auf die Knie. Es war nicht vorbei. Sie hatte geglaubt, sie wären wieder sicher. Sie hatte all die Toten in der Jagdhütte gesehen und gedacht, dass das schrecklich war, ja, aber auch in Ordnung, auf eine traurige Weise in Ordnung, weil der Vampir tot war. Weil niemand mehr in Stücke gerissen würde, niemandem mehr das Blut aus dem noch immer zuckenden Kadaver gesaugt würde.
»Sie hat ›Brut‹ gesagt. Sie sagte, ihre Brut würde uns verschlingen.« Arkeley starrte über das Wasser auf die blauen Hügel in der Ferne. Zwischen den Bäumen stieg Nebel auf; Caxton musste an Geister denken, umherirrende Geister, die herauskamen und darum bettelten, dass man ihnen ihr Leben zurückgab.
Geister. Geister konnten einen erschrecken, aber sie konnten einem nichts tun, nicht in der Realität. Sie konnten einen nicht zerfetzen und einem das Leben aussaugen. Sie benutzten Knochen nicht als Möbel.
»Sie hat mich reingelegt. Ich dachte, sie meinte das poetisch.« Arkeley trat gegen ein paar Kiesel, und sie verschwanden platschend im Bach. »Ich hielt Lares für ziemlich clever. Er konnte als Mensch durchgehen, er war so ein guter Schauspieler. Aber Malvern ist wirklich durchtrieben. Sie wusste, dass ich sie beobachte. Sie wusste, dass ein Vampir, nur einer, schlimm sein und großen Schaden anrichten würde. Aber das reichte ihr nicht. Was kostet es sie, eines dieser Monstren zu gebären? Und es zu tun, während sie Tag und Nacht überwacht wird. Zwanzig Jahre lang habe ich geglaubt, wir wären sicher. Dabei hat sie sich einfach nur Zeit gelassen, Kräfte gesammelt.«
Caxtons Brust hob sich. Sie war nicht sicher, ob es ein Schluchzen war oder sie sich gleich übergeben müsste. Es kam krampfhaft und spontan, und dann wieder, ihre Rippen dehnten sich, als wollte etwas aus ihrem Inneren ausbrechen.
»Gehen wir«, sagte Arkeley. »Wir müssen den Spuren nachgehen. Wir haben nur die Liste der Leute, die in Arabella Furnace gearbeitet haben. Wer weiß. Wer zum Teufel weiß das schon. Wir könnten Glück haben.«
»Moment«, sagte sie. Das Ding in ihrem Bauch wand sich wütend. Sie hätte nicht reden sollen. Husten brach aus ihr hervor.
»Wir verschwenden Tageslicht«, sagte er. »Stehen Sie auf.«
Sie schüttelte den Kopf. Keine gute Idee. Sie stieß auf, dann schoss ein Strom Galle zwischen ihren Lippen hervor. Ihr Frühstück kam in einer großen Welle hoch, eine braune Flut, die sie nicht bei sich behalten konnte. Sie rollte sich auf die Seite, unkontrolliert am ganzen Körper zitternd. »Ich erwarte nicht, dass Sie sich für meine Gefühle interessieren«, stieß sie weinerlich hervor. »Aber ich kann nicht mehr.«
Er ging neben ihr in die Hocke, rammte zwei Finger in ihren Hals, fühlte den Puls. Nahm die Hand wieder weg, und sie schaute zu ihm hoch, die Wange gegen das kühle Gras gedrückt, und ließ ihn nicht aus den Augen. Dann schlug er ihr mit der flachen Hand ins Gesicht.
Der brennende Schmerz ließ sie aufschreien, ihr Körper schüttelte sich. Sie rollte sich hoch und zwang sich aufzustehen, drückte den Rücken gegen das Gebäude und schob sich daran hoch, bis sie stand. Sie starrte ihn an, von heißem, purem Hass erfüllt. Er stand da und
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