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Der letzte Vampir

Der letzte Vampir

Titel: Der letzte Vampir Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Wellington
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verabscheut.«
    Sie nickte, auch wenn sie es nicht richtig verstand. Aber sie konnte fühlen, mit welcher Inbrunst er daran glaubte. Dass er die übrig gebliebenen Vampire einfach vernichten musste . Und sie konnte auch fühlen, wie in ihrem Inneren etwas Gestalt annahm, das seinem Verlangen ähnelte. Sie wollte die übrig gebliebenen Särge schließen. Sie wollte die Vampire vernichten. Sie stand noch am Rand dieses Verlangens, und sie war nicht sicher, ob es, wenn sie diesen Schritt machte, jemals gestillt werden würde. Und ihr wurde klar, dass mit Arkeley genau das passiert war. Er wollte Vampire mit der gleichen Besessenheit töten, wie die Vampire sein Blut wollten.
    »Es ist gefährlich, zu viel über sie zu erfahren, nicht wahr?«, fragte sie. »Man fängt an, selbst zu etwas Unnatürlichem zu werden.« Sie betrachtete all die normalen, gesunden Leute um sich herum, die zu Mittag aßen. Sie waren nicht monströs. Sie waren nicht widerlich. Sie waren nicht gut oder böse. Sie waren normal. »Warum haben Sie mich hergebracht?«, fragte sie. »Keiner der Verdächtigen lebt so weit westlich.«
    »Ich will Ihnen jemanden vorstellen«, sagte er und stand auf, um zu bezahlen.

16.
    Die Straße führte sie auf einen Hügelkamm und auf der anderen Seite wieder hinunter, dann beschrieb sie einen Bogen, dem Lauf eines Baches entlang. Die Sonne folgte ihrem Weg und hüpfte die Wasseroberfläche entlang. Sie schmerzte Caxton in den Augen, und schließlich setzte sie ihre Sonnenbrille auf, was ein wenig half.
    Kurz darauf bog Arkeley ab und überquerte eine überdachte Holzbrücke. Obwohl sie höchstens zehn Meilen schnell fuhren, bebte die Brücke. Dahinter wurde das Tal golden und braun, das grasige Weideland verwandelte sich in Maisfelder, die sich meilenweit erstreckten. Die Straße war von uralten Elektrozäunen gesäumt, die verrostet und voller Lücken waren. Sie passierten alte Hütten, die durch Wind und Regen eingestürzt waren. Caxton sah ein Aluminiumsilo, das vor Jahren der Blitz getroffen hatte, seine Kuppel sah aus wie von einem riesigen Büchsenöffner aufgerissen.
    Die Straße wurde zu einem unbefestigten Weg, aber Caxton machte sich keine Sorgen über entgegenkommenden Verkehr. Das Tal, durch das sie fuhren, strahlte etwas Altes und Stilles aus – es gab Krähen im Mais, gewaltige schwarze Vögel, die sich dabei abwechselten, sich in die Luft zu erheben und nach Gefahren zu spähen. Auf diesen Feldern gab es garantiert auch Mäuse, Erdhörnchen und Hasen und Schlangen, aber Menschen zeigten sich nirgendwo.
    »Sind Sie sicher, dass ihr Freund an dieser Straße wohnt?«, fragte sie. »Das sieht hier ziemlich verlassen aus.«
    »So mag er es.« Die Straße gabelte sich, und Arkeley nahm die linke Abzweigung. Wenige Minuten später war die Straße beinahe völlig verschwunden, es gab nur noch zwei schmale Fahrspuren auf einem Grasweg zwischen zwei Maisfeldern. Der Wagen schaukelte und hüpfte und rüttelte Caxton ziemlich durch, aber schließlich kamen sie in einer Staubwolke zum Stehen. Caxton stieg aus und blickte sich um; in der beißend kühlen Luft rieb sie sich die Arme.
    Um sie herum erhoben sich Gebäude – alte, sehr alte Farmgebäude. Ein einstöckiges Haus, weiß mit einer Hexenhausverkleidung. Eine Scheune mit offenem Heuboden. Ein Silo aus Metallleisten, das ziemlich undicht aussah. Sonnenlicht drang zwischen den Lücken hindurch und warf Streifen an die Hauswand.
    Über der Haustür hing ein schwarz-weißes Hexenzeichen, mit geometrischer Präzision aufwendiger gezeichnet, als sie je zuvor gesehen hatte, und Caxton hatte in ihrem Leben schon eine Menge Hexenzeichen gesehen. Normalerweise waren sie harmonisch und bunt. Das hier wirkte spitz und beinahe bösartig. Es weckte in ihr den Wunsch, nicht einzutreten. An einem der Fenster blitzte etwas Gelbes auf, und sie sah ein kleines Mädchen, das auf sie heruntersah. Das Mädchen riss den Vorhang zurück und war verschwunden.
    »Urie!«, rief Arkeley. Vermutlich rief er seinen Freund. »Urie Polder!«
    »Ich bin hier, ich bin hier drin«, sagte jemand hinter der Scheunentür. Die Stimme war sehr leise, als käme sie von weit her, und sie wies einen schweren Akzent auf, wie Caxton ihn seit ihrer Kindheit nicht mehr gehört hatte. Sie gingen zur Scheune, und sie nahm die Sonnenbrille ab.
    Sie wusste nicht, was sie erwartet hatte – vielleicht Kühe oder Ziegen. Pferde. Stattdessen wurde die Scheune als Trockenschuppen für irgendwelche

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