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Der letzte Vampir

Der letzte Vampir

Titel: Der letzte Vampir Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Wellington
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Tierhäute benutzt, die in fast völliger Dunkelheit hingen. Sie waren über in gleichmäßigem Abstand positionierte Gestelle gelegt, die Caxton ungefähr bis zur Schulter gingen. Keine zwei Häute hatten die gleiche Form oder Größe, aber alle waren von einer so intensiven Helligkeit, dass sie in der dunklen Scheune beinahe leuchteten. Caxton streckte die Hand aus, wollte wissen, wie sie sich anfühlten. Aber bevor sie sie berühren konnte, glitt ein Schatten über die Oberfläche, oder vielmehr fünf kleine, ovale Schatten, wie Fingerspitzen, die von hinten dagegen drückten. Sie keuchte auf und riss die Hand zurück. Hätte sie sie berührt, hätte sie eine Hand gefühlt, die den Druck erwiderte, das wusste sie genau, aber hinter der Haut war keiner; es war niemand in der Nähe.
    »Was ist das?«, verlangte sie zu wissen.
    Arkeley runzelte die Stirn. »Teleplasma«, sagte er. Sie wusste nicht, was das war. »Gehen Sie weiter.«
    Sie schüttelte den Kopf. »Ich habe genug von dieser verrückten Scheiße.«
    Aber seine Miene änderte sich nicht. Er würde den ganzen Tag dort warten, bis sie weiter in die Scheune hineinging.
    Caxton ging zwischen zwei Gestellen vorbei, tiefer in die Dunkelheit hinein. Die Schatten füllten die Scheune beinahe vollständig aus – nach ein paar Schritten schob sie sich stückchenweise in fast völliger Finsternis voran, das einzige Licht kam von den lumineszierenden Häuten auf beiden Seiten. Die Substanz zog ihren Blick an, da es nichts anderes gab, was man ansehen konnte. Sie konnte die eigenen Hände mit den ausgestreckten Fingern nicht mehr sehen, die nach der gegenüberliegenden Scheunenwand tasteten, aber sie konnte jede Falte und jeden Makel auf den Häuten erkennen. Sie schienen zu schimmern, vielleicht bewegten sie sich auch einfach nur im Luftzug. Sie spiegelten ihr eine Tiefe vor, als wären sie Fenster an einen vom Mondlicht beschienenen Ort. Caxton hatte das Gefühl, durch das Gewebe hindurchsehen zu können; Gesichter schienen sich abzuzeichnen und genauso schnell wieder zu verschwinden, wie ein Atemhauch auf einer kalten Glasscheibe. Das Einzige, was sich nicht permanent veränderte, war die Farbe, obwohl Caxton gelegentlich den Eindruck hatte, dass am Rand ihres Sichtfeldes Farben aufblitzten, ein rötlicher Schimmer wie ein Blutfleck, der sofort wieder verblasste.
    Sie ging vorsichtig, um in der Dunkelheit nicht zu stolpern, aber auch, um die Häute ja nicht zu berühren. Die erste Begegnung mit den geisterhaften Fingern reichte ihr.
    Sie hatte das andere Ende der Scheune fast erreicht – zumindest glaubte sie das, als die Gestelle mit den Häuten plötzlich aufhörten und vor ihr nur noch Dunkelheit lag –, da schien etwas durch ihr Haar zu streichen. Sie wirbelte herum und hörte eine leise Stimme ihren Namen flüstern. Oder war das nur Einbildung? Die Stimme war verschwunden, bevor sie sie richtig wahrgenommen hatte, und nun war die Stille so allumfassend, so eindeutig, dass es unmöglich erschien, etwas gehört zu haben.
    »Arkeley«, rief sie. »Was tun Sie mir jetzt schon wieder an?«
    Keine Antwort. Sie drehte sich um und sah, dass die Scheunentür hinter ihr geschlossen worden war. Sie war mit diesen Häuten eingesperrt, diesem Teleplasma, was auch immer das sein sollte, und sie wollte um Hilfe schreien, oder einfach nur so schreien, nur um des Schreiens willen …
    »Laura«, sagte jemand, und dieses Mal fand es nicht nur in ihrem Kopf statt. Aber diese Stimme … so vertraut, so unmöglich. Die Stimme ihres Vaters.
    Er stand da. Hinter ihr. Eine Haut hatte sich von dem Gestell gelöst, war heruntergeflattert und hatte sich zu einer beinahe menschlichen Gestalt verformt. Mit der Stimme ihres Vaters. Und seinen Augen. Er war in Ketten gehüllt, die klirrten, als er auf sie zuglitt, Ketten, die über den Scheunenboden schleiften, die ihn unten hielten, ihn zurückhielten. Sie streckte eine Hand aus und wusste selbst nicht, ob sie ihn berühren oder wegstoßen wollte. Er war schon so lange tot. Sie wusste, dass er es nicht sein konnte. Oder doch? War das ein Rest von ihm, der übrig geblieben war, nachdem sein Fleisch verwest war?
    Sein Geruch erfüllte die Luft um sie herum, ein Geruch nach Shampoo und Old Spice. Die Temperatur in der Scheune fiel innerhalb weniger Sekunden um zehn Grad. Er stand ganz nahe bei ihr, so nahe, dass sie seine rauen Hände fühlen konnte. Sie konnte die Härchen auf seinem Arm spüren, dabei hatten sie sie noch gar nicht

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