Der letzte Vorhang
Mundvoll
Bagel.
Smith blickte von ihrem Omelett auf. »Howard
Rivkin.«
»Ah, das ist Howard Rivkin. Die Broker mögen
ihn.«
»Ein Schleimscheißer«, fauchte Smith. »Wie
alle.«
Vermutlich wir auch, dachte Wetzon.
»Das bedeutet«, fuhr Doug Culver fort, »daß Sie
dann alle nicht mehr so angestrengt arbeiten müssen...«
»Etwas ist hier faul«, murmelte Smith. »Seit
wann machen sie sich Sorgen darüber, wie angestrengt wir arbeiten müssen? Ich
denke, sie haben uns eingeladen, um...«
»Blasen Sie schon zur Jagd, Dougie!« rief
Wetzon. Als er in ihre Richtung blickte, zeigte sie ihm ihr charmantestes
Lächeln.
»Ah, Wetzon, ich wußte doch, daß ich mich auf
sie verlassen kann — gut, daß Sie mich davon abhalten, vom Thema abzuschweifen.
Kurz und gut, wir ändern unsere Taktik mit den Anwerbern.«
Wetzon schaute sich im Raum um. Jeder versuchte,
niemanden anzusehen. Es war wie das letzte Abendmahl, nur daß es ein Frühstück
war. Ein Scheißfrühstück. Eine Henkersmahlzeit.
»Wir haben das sehr gründlich überlegt, wie Sie
sich vorstellen können...«
»Natürlich haben Sie das«, sagte Smith in einem
Ton, der vor Sarkasmus triefte.
»...und finden in diesem Zusammenhang, daß die
sechs Prozent, die Sie bekommen, zu hoch sind in diesen schwierigen Zeiten,
weshalb wir Ihre Honorare kürzen werden.«
Smith erhob sich wie eine Walküre. »Davon
träumen Sie wohl, Doug Culver.«
Culver ließ ein gütiges Lächeln wie einen leisen
Rülpser vom Stapel. »Auf vier Prozent.«
Smith wandte sich an Wetzon. »Schulden die uns
noch was?«
Wetzon schüttelte den Kopf und stand ebenfalls
auf. »Was hast du vor?«
Smith setzte sich in Bewegung, und Wetzon mußte
sich beeilen, um hinterherzukommen. Erst als sie im Aufzug standen,
beantwortete Smith die Frage Wetzons. Sie sagte: »Vergewaltigen, plündern und
brandschatzen!«
MEMORANDUM
An: Carlos Prince und Leslie Wetzon
Von: Nancy Stein, Assistentin von Mort Hornberg
Datum: 16. November 1994
Betr.: Combinations in concert
JoJo glaubt nicht, daß wir den Musikern für Combinations eine Ferien- oder
Feiertagszulage zahlen müssen, aber er wollte sich das anscheinend nicht von
der Gewerkschaft bestätigen lassen. Mort meint, Ihr solltet das tun. Ich wäre
dankbar, wenn Ihr mich über das Ergebnis informieren würdet.
12.
Kapitel
»Prima. Natürlich machst du das, Carlos.«
»Du schlägst mich vor? Ich fürchte mich vor der
Ortsgruppe. Sie sagen immer nein, und sie sind ziemlich unfreundlich. Ich
denke, du solltest es übernehmen.«
»Ich könnte wirklich wütend werden und sagen,
was ich denke.«
»Also gut, ich mach’s.«
Smith stürzte auf die Straße und winkte
hektisch, während ein Taxi nach dem andern vorbeikroch, alle besetzt. Natürlich
war kein Taxi zu bekommen, was Smith nur noch wütender machte. Wetzon nahm es
gelassener. Die U-Bahn war eben doch das leistungsfähigste Verkehrsmittel in
New York, und wenn Smith endlich aufhören würde, sich dagegen zu wehren, wäre
das ein großer Fortschritt.
Was die Vorgehens weise von Rosenkind Luwisher
betraf, so bewies das nur, daß Anstand an der Wall Street eine seltene und
wenig geschätzte Ware war. Die Tatsache, daß Smith und Wetzon der Firma durch
all die schlechten Jahre die Treue gehalten hatte, zählte nichts. Headhunter,
hatte ein Geschäftsführer Wetzon vor kurzem informiert, gab es wie Sand am
Meer, und die Firmen machten mit jedem Geschäfte; selbst mit — wie Smith es
kurz und bündig ausgedrückt hatte — Schleimscheißern, wenn Schleimscheißer
ihnen Broker anschleppen konnten.
Keine Firma hatte jemals die Geschäftsverbindung
zu einem Headhunter abgebrochen, der dabei ertappt wurde, daß er mit der einen
Hand Broker vermittelte und mit der anderen wieder weiterreichte, was Wetzon
niemals tun würde.
Aufrichtigkeit und Verläßlichkeit zahlten sich
an der Wall Street heutzutage eben nicht aus.
»Du könntest mir wirklich helfen«, fauchte
Smith. Sie trat wütend auf den Bürgersteig zurück. »Das können sie mir nicht
antun!«
»Sie, wer auch immer sie sein mögen, haben
nichts damit zu tun, daß wir kein Taxi kriegen.« Wetzon langte in die
Handtasche und zog eine Börse heraus, die ihre U-Bahn-Marken enthielt. Sie
entnahm ihr zwei und hielt sie hoch. »Wenn wir die benutzen, sind wir in
fünfzehn Minuten am Grand Central. Und dazu trocken.«
»Lieber sterbe ich.«
»Schön. Ich stifte dir eine prachtvolle
Beerdigung.« Wetzon stellte den Kragen
Weitere Kostenlose Bücher