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Der letzte Vorhang

Der letzte Vorhang

Titel: Der letzte Vorhang Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Annette Meyers
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München führte sie zu einem abgetrennten Bereich. Sie
sahen sofort, daß es sich nicht um ein Frühstück in kleinem Kreis handelte.
    In dem Durcheinander der Gesichter erkannte
Wetzon schnell ihren früheren Mitarbeiter Harold Alpert, und der rundliche
kleine Mann neben ihm mußte...
    »Tom Keegen«, murmelte Smith in Wetzons Ohr.
»Verschwinden wir.« Sie klopfte Wetzon auf die Schulter.
    Neils Assistentin riß die Augen auf.
    »Erst mal abwarten, Smith. Hören wir uns an, was
sie zu sagen haben. Es muß wichtig sein, wenn sie uns alle hergeholt haben.«
    »Nur hereinspaziert, Mädchen. Ihr bekommt alle
euren Kaffee«, sagte Doug Culver, einer der Direktoren. »Wir fangen in Kürze
an.«
    »Mädchen?« Smith sah aus, als wolle sie gleich
explodieren. Wetzon nahm ihren Arm und steuerte sie zu einem leeren Tisch, auf
dem schon ein Krug mit Orangensaft, eine Kanne voll duftenden Kaffees und ein
Korb mit Muffins und Croissants standen. »Warum nimmst du es nicht gelassen?«
zischte Wetzon mit einem gequälten Lächeln.
    Ein Kellner brachte ihnen eine Frühstückskarte —
Pfannkuchen, Waffeln, Eier, Omeletts, Obst und Hafergrütze.
    »Ich könnte keinen Bissen essen«, sagte Smith.
»Ich würde daran ersticken.«
    »Versuch’s.« Wetzon überflog die Karte.
    »Also gut. Ich nehme die Grapefruitschnitze, das
Bauernomelett mit Wurst extra, gut durchgebraten, und vier Stück
Siebenkornbrot, kräftig getoastet.«
    Wetzon schaute ihre Partnerin belustigt an.
Smith konnte essen wie ein Scheunendrescher, brauchte sich nicht zu bewegen und
nahm dennoch kein Gramm zu. »Ich dachte, du würdest daran ersticken«, stichelte
sie. Smith blickte finster drein. Wetzon bestellte einen getoasteten Bagel,
dazu Rahmkäse.
    Wenig später erhob sich Doug Culver. »Ich möchte
Ihnen allen danken, daß Sie dieser so kurzfristigen Einladung folgen konnten.«
Er sprach langsam und gedehnt, was bedeutete, daß er einem, wenn man keinen
klaren Kopf behielt, einen Dolchstoß versetzte, während er Südstaatencharme
verbreitete, verführerisch wie Rote Grütze. Ein rundlicher, gemütlicher
Vertreter des alten Georgia, zeigte Doug ein friedliches Äußeres und ein
breites Lächeln, die sein scharfer Verstand mit dem unheimlichen Instinkt für
Eigennutz um jeden Preis Lügen strafte. Nur er und Neil München hatten von der
Mannschaft, die Luwisher Brothers vor der Übernahme leitete, überlebt. »Ich bin
sicher, daß sich alle untereinander kennen, so daß Vorstellungen überflüssig
sind.«
    Wetzon sah sich um, als ihr plötzlich auffiel,
daß sie und Smith die einzigen Frauen im Zimmer waren. Im selben Augenblick kam
ihr Frühstück.
    »Wir hier bei Rosenkind Luwisher Brothers«, fuhr
Doug Culver fort, »glauben, während wir auf das Jahr Zweitausend zugehen, daß
wir uns in die Lage versetzen müssen, die Veränderungen, die sich an der Wall
Street anbahnen, auszunutzen. Wir schätzen, daß vielleicht nicht mehr als zehn
Firmen bis zum Ende des Zwanzigsten Jahrhunderts durchhalten und wir rechnen
damit, eine davon zu sein.« Er legte eine Pause ein, um diese ganze wunderbare
Information wirken zu lassen. »In diesem Sinne werden wir einiges umstrukturieren.«
    Wetzon stieß Smith mit der Schuhspitze an.
»Jetzt kommt’s«, flüsterte sie.
    »Wir meinen, daß wir eine großartige Geschichte
zu erzählen haben, und wenn Sie sie richtig weitererzählen und diese Burschen —
von den Topfirmen, versteht sich — herbringen, damit sie mit uns reden, können
wir mit Ihnen ins Geschäft kommen.«
    Richtig, dachte Wetzon. Das sagten sie alle.
Jede Firma glaubte ernsthaft, sie sei absolut singulär. (Sie hatte einmal
gegenüber einem Direktor bei Loeb Dawkins geäußert, daß sich im Grunde alle
großen Firmen in dem, was sie einem Broker boten, glichen. Der Unterschied lag
im Direktor. Unausgesprochen blieb die Tatsache, daß Direktoren umfielen wie
Kegel durch eine Bowlingkugel, wie jeder in der Branche wußte. Doch dieser
Direktor hatte protestiert. »Es gibt keine Firma an der Wall Street mit der
Qualität von Loeb Dawkins«, hatte er erklärt. Wetzon hatte zugestimmt: »Sie
haben absolut recht.«)
    »Also«, sagte Doug Culver, »stellen wir unsere
eigenen Anwerber ein.«
    Es wurde so still im Raum, daß man hören konnte,
wie jemand ein Tütchen Süßstoff in seinen Kaffee schüttete.
    »Was bedeutet das für uns?« Der Mann, der die
Frage stellte, hatte ein junges Gesicht unter krausem weißem Haar.
    »Wer ist das?« fragte Wetzon durch eine

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