Der letzte Walzer in Paris - Ein Fall fuer Kommissar LaBr a
Diesen Tag, der wie alle anderen war. Das Rattenloch, in dem sie lebten. Die immer gleichen Außenund Innengeräusche, die ihn Tag und Nacht begleiteten.
Er ging zu seiner Schlafstatt und hob eine Holzbohle an. Dort hatte er eine verbeulte Tabakdose versteckt. Er legte die fünfzig Euro hinein. Es war nicht der einzige Schein. Mehr als vierhundert Euro hatten sich bereits angesammelt. Aus ähnlichen Geschäften wie heute. Er rückte die Bohle wieder an ihren Platz. Ohne sich zu waschen, warf er sich auf sein Lager. Die Arme hinter dem Kopf verschränkt, starrte er in die Dunkelheit.
Etwas musste geschehen.
10. KAPITEL
S ofern sein Beruf ihm die Zeit dazu ließ, ging LaBréa sonntagvormittags gern auf den Markt, am liebsten zur Place Monge im Quartier Latin. Schon als Junge hatte er seine Eltern manchmal am Sonntag dorthin begleitet. Der Markt erstreckte sich bis in die Rue Mouffetard. In einer Ecke des Platzes fand ein Treiben besonderer Art statt. Hier saß ein Akkordeonspieler und intonierte alte Gassenhauer, Couplets und bekannte Chansons von Edith Piaf oder Charles Aznavour. Jeder Marktbesucher konnte sich zu ihm stellen und ein Lied schmettern. Die meisten Darbietungen waren laienhaft, aber die Menschen hatten Spaß dabei. Zur Musik wurde getanzt, und alle fielen in den Refrain der populären Lieder ein.
Nach einem gemeinsamen Frühstück mit Jenny machten er und Céline sich auf den Weg zum Markt. Das schlechte Wetter - ein unangenehmer Nieselregen und ein böiger Wind - hielt sie nicht davon ab. Jenny hatte sich mit ihrer Klassenkameradin Virginie zu einer frühen Kinovorstellung verabredet. Der neueste Asterix und Obelix war im Kinocenter Beaubourg angelaufen.
Lieber wäre Jenny zwar mit ihrer Freundin Alissa ins Kino gegangen, doch die verbrachte das Wochenende bei ihrem Vater und dessen neuer Frau.
Céline und LaBréa fuhren mit der Metro und erledigten ihre Einkäufe. Wegen des Wetters war der Akkordeonspieler nicht erschienen. Und so fehlte die fröhliche, unbeschwerte Atmosphäre, die so typisch für diesen Markt war.
Mittags lud LaBréa seine Gefährtin in ein kleines Lokal in der Rue Mouffetard ein. Die Wirtin kannte sie und stellte als Erstes gleich einen Krug Landwein auf den Tisch. Zu essen gab es einfache Hausmannskost. Am heutigen Tag wurden Lammkoteletts mit grünen Bohnen als Hauptgang serviert, als Nachtisch eine hausgemachte Mousse au Chocolat.
Nach dem Essen fuhren sie nach Hause. Céline wollte am Nachmittag arbeiten. Am kommenden Wochenende sollte ihre Ausstellung in einer Galerie im feinen 16. Arrondissement eröffnet werden. Ihr neuer Bilderzyklus, Solitudes , abstrakte Kompositionen in Grau-, Weiß- und Schwarztönen, war fertig. Jetzt galt es, einen Plan zu erstellen, in welcher Reihenfolge und Zusammenstellung die Exponate in der Galerie gehängt werden sollten
Sie gingen in Celines Atelier, um dort noch einen Kaffee zu trinken. Auf dem großen Tisch fand Celine eine Nachricht von Adrien. Er bedankte sich für ihre Gastfreundschaft. Am Morgen war er zu einer Veranstaltung
aufgebrochen und hatte sein Gepäck gleich mitgenommen. Sein Flieger nach London ging am frühen Abend.
Eine Viertelstunde später begab LaBréa sich in seine Wohnung. Er legte Seven Steps to Heaven von Miles Davis in den CD-Player und machte es sich mit einem Buch auf der Couch gemütlich. Im Moment las er Drop City von T.C. Boyle, die skurrile Geschichte einer Hippiekommune in den USA. In den letzten Wochen hatte ihm sein Beruf wenig Zeit zur Lektüre gelassen. Bis zum Abend, wenn er im Mordfall Geminard zu einem Gespräch mit der Concierge in die Rue Barbette aufbrechen musste, blieben ihm ein paar Stunden Zeit. Und noch ein zweiter Gesprächstermin stand an diesem Abend an. LaBréa hatte sich erinnert, dass Francine Dalzon, die Besitzerin der Brülerie, ebenfalls hin und wieder eins dieser Tanzlokale aufsuchte, genau wie LaBréas Mutter und vielleicht auch die ermordete Griseldis Geminard. Was lag da näher, als sich bei Francine einige Informationen über diese Lokale zu holen.
Kurz vor vier kehrte Jenny in Begleitung ihrer Klassenkameradin Virginie vom Kinobesuch zurück. Virginie war ein hoch aufgeschossenes, hübsches Mädchen mit dichten, blonden Haaren, die sie kurz geschnitten trug. Sie entstammte einer alten Adelsfamilie, die während der Revolution beinahe ausgelöscht worden
war. LaBréa wusste, dass das Mädchen sich von Anfang an bemüht hatte, Jennys beste Freundin zu werden. Doch
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