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Der letzte Walzer in Paris - Ein Fall fuer Kommissar LaBr a

Titel: Der letzte Walzer in Paris - Ein Fall fuer Kommissar LaBr a Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexandra Grote
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zärtliche Worte, Schwüre ihrer Liebe, die er in seinen Zeilen erwiderte. Der erste Brief datierte aus dem Jahr 1973, der letzte trug das Datum 21. Januar 1984. In einem der Briefe steckte ein Foto. Das farbige Passfoto eines Mannes. Er hatte blonde, volle Haare und ein weiches Gesicht mit melancholischen blauen Augen.
    »Kennst du ihn?«, fragte Celine. LaBréa schüttelte den Kopf.
    »Nein. Den habe ich noch nie gesehen.«
    »Er sieht ein bisschen aus wie Robert Redford, findest du nicht?«

    »Vielleicht. Auf jeden Fall sieht er völlig anders aus als Papa. Der war dunkelhaarig, ein ganz anderer Typ.« LaBréa legte das Foto zurück in den Umschlag.
    Elf Jahre lang, von ihrem sechsunddreißigsten Lebensjahr bis zum Alter von siebenundvierzig, hatte LaBréas Mutter ein geheimes Liebesverhältnis mit einem Mann gehabt. Aus den Briefen ging hervor, dass sie sich regelmäßig einmal in der Woche trafen, und zwar am Sonnabend. »Du tanzt einfach hinreißend!«, schrieb Bernard in einem seiner frühen Briefe. »Wenn mein Arm Dich umfasst, wenn ich den Duft Deiner zarten Haut rieche, ist mein Verlangen nach Dir wild und ungestüm...«
    »Sie gingen also zusammen tanzen«, sagte LaBréa und trank einen Schluck aus seinem Glas. »Ich erinnere mich, dass meine Mutter immer eins dieser Tanzlokale besuchte, wo Musettewalzer, aber auch andere Musik gespielt wurde.«
    »Meinst du das Paradis in der Rue de Lappe?«, fragte Céline.
    »Ob sie dorthin ging, weiß ich nicht. Es gibt ja noch so einige dieser Tanzlokale in der Stadt. Überbleibsel aus der guten alten Zeit. Maman sagte immer, sie ginge mit einer Freundin aus. Und ich glaube, es war immer sonnabends.«
    »Und dein Vater? Hat er sie nie begleitet?«
    »Anscheinend nicht. Aber soweit ich mich erinnere, spielte Papa sonnabends immer Tischtennis. Er war ja
Ingenieur bei der Eisenbahn. Und da gab es eine Werksmannschaft, in der Papa aktiv war. Sie haben sogar Turniere gespielt. Ich erinnere mich, dass beide immer spät nach Hause kamen. Ja, Richard und ich waren sonnabends nach dem Mittagessen meistens allein.«
    »Dann ist zu vermuten, dass deine Mutter diese Freundin vorgeschoben hat und sich in Wirklichkeit mit einem Mann namens Bernard zum Tanzen traf. Anschließend nahm er sie wahrscheinlich mit in seine Wohnung.«
    LaBréa seufzte. Die Tatsache, dass seine Mutter über Jahre ein Doppelleben geführt und offenbar sehr leidenschaftlich geliebt hatte, löste zwiespältige Gefühle in ihm aus. Er fragte sich, ob sein Vater von diesem Verhältnis gewusst, es vielleicht sogar toleriert hatte? Oder war er nie dahintergekommen, weil seine Frau sich gut verstellt und alle Spuren sorgsam verwischt hatte? Wo waren die Liebesbriefe angekommen? Hatte Bernard sie per Post an ihre Privatadresse geschickt? Oder hatte seine Mutter sich die Briefe postlagernd senden lasen? Letzteres schien wahrscheinlicher zu sein; sie hatte kein Risiko eingehen wollen. Die Frage war: Warum hatten sie sich überhaupt Briefe geschrieben, wenn sie sich doch jede Woche trafen? Und waren sie nach dem Tanzen in die Wohnung des Liebhabers gegangen? Was, wenn er verheiratet gewesen war? Hatten sie dann ein Stundenhotel aufgesucht? Diese Vorstellung berührte LaBréa unangenehm. Wahrscheinlich
würde es nie eine Antwort auf all diese Fragen geben. Lucia LaBréa hatte ihr Geheimnis mit in den Tod genommen; von ihrem Liebhaber fehlten Nachname und Adresse.
    »Nach elf Jahren reißt die Korrespondenz plötzlich ab«, meinte Celine. »Vielleicht ist der Mann gestorben. Oder er ist aus Paris weggezogen, und das Verhältnis war dadurch beendet. Aus den Briefen erfährt man gar nichts über ihn. Wo wohnte er, welchen Beruf übte er aus, war er vielleicht ebenfalls verheiratet und führte ein Doppelleben?«
    »Aber eins ist doch interessant«, sagte LaBréa. Ihm war plötzlich etwas eingefallen. »Mein Vater ist am 26. Januar 1984 bei der Testfahrt des neuen Hochgeschwindigkeitszugs tödlich verunglückt. Und der letzte Brief an meine Mutter datiert vom 21. Januar, also fünf Tage vorher.«
    Celine verstand sofort, was er damit sagen wollte.
    »Du meinst, da besteht ein Zusammenhang? Dein Vater stirbt, und das Verhältnis der beiden ist jäh beendet?«
    »Ja, das wäre möglich. Meine Mutter ist damals völlig zusammengebrochen, als sie die Todesnachricht erhielt. Ich studierte da bereits, wohnte aber noch zu Hause. Insofern erinnere mich sehr genau an alles. Richard und ich waren immer der Meinung, sie muss Papa

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