Der letzte Walzer in Paris - Ein Fall fuer Kommissar LaBr a
ganzen Sprüche der Hippie-Bewegung. Außerdem war sie politisch engagiert. In der Studentenbewegung’68 hier in Paris hat sie aktiv mitgemacht, obwohl sie damals noch zur Schule ging. Bei der Party hier im Hof
haben einige Marihuana geraucht, Augustine auch. Eigentlich wollte sie nach San Francisco. Aber da blieb sie wohl nur kurz und ging dann nach New York. Ich habe sie aus den Augen verloren, und Griseldis war keine Frau, die viel erzählt hat.«
»Verstehe. Haben Sie eine Idee, wer Madame Géminard umgebracht haben könnte?«
»Nein. Sie hatte ja kaum Kontakte und hat nie einer Seele etwas zuleide getan. An den Samstagen ging sie meistens zum Tanzen, ins Paradis in der Rue de Lappe.«
LaBréa horchte auf.
»Ins Paradis? Sind Sie da ganz sicher?«
»Ja.«
»Ging sie auch in andere Tanzlokale?«
»Das glaube ich nicht. Ich weiß, dass sie im Paradis Stammgast war.«
»Monsieur Buffon sagte mir, er habe sie mit einer Freundin weggehen sehen.«
»Ja, mit Madame Baker. Eine Engländerin, die seit fast vierzig Jahren in Paris lebte.«
»Lebte? Heißt das, sie ist verstorben?«
»Vor eineinhalb Jahren. Bei einem Verkehrsunfall. Sie war sehr nett, immer fröhlich und gut aufgelegt.«
»Wissen Sie, ob Madame Geminard im Paradis irgendwelche Kontakte geknüpft hat?«
Die Concierge schüttelte den Kopf.
»Keine Ahnung.«
»Bekam sie Männerbesuch?«
»Nicht, dass ich wüsste. Warum fragen Sie das, Commissaire? Denken Sie, sie hat den Kerl, der sie umgebracht hat, gekannt?«
»Wir wissen nicht, ob der Mörder ein Mann war, Madame Chabrier. Alles ist möglich. Nur der Ordnung halber: Wann sind Sie in Ihr Wochenende gefahren?«
Die Concierge sah ihn empört an.
»Freitagabend. Glauben Sie etwa, ich hätte Griseldis...« Sie sprach den Satz nicht zu Ende und lachte ein wenig gekünstelt.
»Das sind reine Routinefragen. Haben Sie jemanden besucht?«
»Meinen Freund. Ich fahre jedes Wochenende zu ihm. Er wohnt im Grünen, hinter der Porte des Lilas.«
»Wann haben Sie Madame Geminard zum letzten Mal gesehen?«
»Das war am Freitagnachmittag. Ich habe den Hausflur geputzt, da kam sie nach Hause.«
Bei der Vorstellung, dass diese gepflegt wirkende Frau sich mit Scheuereimer und Schrubber im Hausflur zu schaffen machte, musste LaBréa schmunzeln. Doch warum eigentlich nicht? Wenn sie ihren Pflichten als Concierge nachkam, trug sie ja vielleicht eine Kittelschürze und Gummihandschuhe.
»Sie war auf der Bank gewesen«, fuhr Madame Chabrier fort.
»Sagte sie, dass sie am Abend oder am nächsten Tag jemanden erwartete? Dass sie sich am Sonnabend mit jemandem treffen wollte?«
»Nein. Ich erwähnte ja bereits, dass Griseldis nie viel von sich erzählt hat. Sie lebte ihr eigenes Leben und ließ andere nicht daran teilhaben.«
»Was können Sie sonst noch über sie sagen?«
Die Concierge überlegte nicht lange.
»Geizig war sie, richtig knickrig. Mit Trinkgeldern war sie mehr als sparsam.«
LaBréa wurde hellhörig.
»Ihnen gegenüber?«
Die Concierge machte eine wegwerfende Handbewegung.
»Um mich geht es gar nicht. Obwohl es in meinem Job üblich ist, dass die Wohnungseigentümer sich zum Beispiel zu Weihnachten oder Neujahr großzügig zeigen. Griseldis war es nicht. Dabei dürfte sie wahrlich nicht arm gewesen sein, bei der guten Pension ihres Mannes.« Sie verzog ihren Mund zu einem etwas verkniffenen Lächeln. »Zum Glück bin ich nicht auf Trinkgelder angewiesen. Aber eins muss ich doch sagen: Da ist Monsieur Buffon schon ein anderes Kaliber! Nobel und vom alten Schlag.«
Wie von Zauberhand verblasste der Eindruck, den LaBréa zunächst von Eloïse Chabrier gehabt hatte. Hinter der Fassade einer gepflegten und charmanten Frau, die nicht dem Bild einer Concierge entsprach und von
Griseldis Geminards gewaltsamem Tod ehrlich betroffen schien, entdeckte LaBrïa einen Anflug von Neid und Missgunst. Hatte Eloïse Chabrier gewusst, dass die alte Dame am Freitag 25 000 Euro von ihrem Konto abheben wollte? Eine solche Summe konnte jemanden leicht in Versuchung führen... LaBréa wechselte das Thema.
»Wie war Madame Geminards Verhältnis zu den anderen Hausbewohnern?«
»Distanziert«, erwiderte die Concierge.
»Und zu ihrem direkten Nachbarn, Monsieur Buffon?«
Eloïse Chabrier zögerte einen Moment, bevor sie antwortete.
»Ich glaube, Griseldis fand ihn sehr nett und irgendwie auch attraktiv.«
»Tatsächlich? Hat sie das Ihnen gegenüber einmal erwähnt?«
»Nein, sie nicht. Aber Monsieur
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