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Der letzte Werwolf

Der letzte Werwolf

Titel: Der letzte Werwolf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brigitte Endres
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deutete auf den Fluss, „wie süß die Sonne ihre Strahlen wirft und tausendfache Sterne auf den wild bewegten Wogen glitzern. – So blinken Ihre Augen, wenn Sie lächeln.“
    Valentina lächelte. Wie sollte man ein so poetisches Kompliment auch anders beantworten als mit einem Lächeln, auch wenn sie befürchtete, dass es ihr etwas schief geriet.

K APITEL 13
    H errn Bozzis überschäumender Begrüßungstanz und ein etwas vorwurfsvolles Wo-habt-ihr-euch-denn-Rumgetrieben von Isolde empfing die beiden, als sie das Haus betraten.
    Valentina legte ihren Einkauf auf den Küchentisch. „Hier sind die Liebesäpfel, wie bestellt.“
    „Liebesäpfel“, wiederholte Isolde kopfschüttelnd und spähte prüfend in die Tüte. „Dieses alte Wort hab ich eine Ewigkeit nicht mehr gehört. Meine Großmutter sagte es oft.“ Sie legte die Tomaten in die Spüle. „Wo wart ihr eigentlich so lang? – Und wo ist Phil?“
    „Phil kommt gleich nach“, sagte Valentina. „Aber wir hatten ziemlich Ärger. Ein Junge hat Dorians Halskette geklaut.“
    „Du heiliger Strohsack!“ Damit wandte sich Isolde an Dorian, der, Herrn Bozzi zu seinen Füßen, noch in der Tür stand.
    „Verehrte Madame, mir schien, es herrschte recht viel Trubel auf dem Markte und den Straßen. So war's ein Leichtes für den Dieb, mir zu entkommen. Indes trifft der Verlust mich schmerzlich, ist doch das Kleinod unersetzbar.“
    „Wart ihr bei der Polizei?“
    „Polizei?“ Phil hatte eben die Küche betreten. Er verbarg sein Erstaunen vor Isolde, als er vom Raub des Amuletts erfuhr. Jetzt war ihm klar, warum Dorian den Jungen verfolgt hatte. Bestimmt hatte der kleine Gauner dem mysteriösen Landstreicher die Halskette geben wollen.
    „Polizei“, sagte er, so gelassen es ihm nur möglich war, „das hat wahrscheinlich wenig Sinn. Das sind nämlich Kinderbanden, die kreuzen immer da auf, wo viel los ist. Heute war Bauernmarkt, der reinste Ameisenhaufen.“ Nachdem er ein großes Glas Mineralwasser in sich hineingeschüttet hatte, erzählte er in kurzen Zügen von dem Taschendiebstahl und was die Leute gesagt hatten. Dann gab er Valentina und Dorian ein Zeichen, mit ihm zu kommen.
    „Moment mal! Hiergeblieben.“ Isolde, die sich gerade die Schürze umband, deutete auf einen riesigen Haufen Gemüse, der darauf wartete, geputzt zu werden. „Phil, du übernimmst die Paprika, Valentina die Zucchini, und Dorian kann sich mit den Auberginen verlustieren.“
    Phil verdrehte die Augen, holte aber widerspruchslos drei Schneidebretter vom Regal, während Valentina Messer aus der Schublade suchte.
    „Komm!“ Phil, der sich mit einem Netz Paprika an den Küchentisch setzte, winkte Dorian zu sich.
    „Mit Verlaub!“ Dorian schüttelte so energisch den Kopf, dass sein blonder Zopf in Bewegung geriet. „Es dünkt mich ohnehin befremdlich, dass keine Dienerschaft im Hause ist. Indes, in Achtung meines Standes stände es mir schlecht an, gemeines Küchenwerk zu tun, das allein einer Dirne würdig ist.“
    Isolde, die gerade angefangen hatte, Tomaten zu schnippeln, stand mit dem Messer in der Hand vor der Spüle und glotzte Dorian an, als wäre er ein Außerirdischer. Phil und Valentina warfen sich vielsagende Blicke zu.
    „Sag mal, mein Junge“, begann ihre Großmutter mit einer energischen Armbewegung, die den Tomatensaft von der Schneide zum Handgelenk hinunterrinnen ließ. „Wo hast du nur all dieses schräge Zeug her? Aus welchem Jahrhundert kommst du eigentlich? Man könnte glauben, …“
    „Isolde“, ging Phil dazwischen, um zu verhindern, dass Dorian ihre Frage wahrheitsgemäß beantwortete. „Dorian spielt doch morgen bei Professor Lauterbach vor. Sollte er nicht besser noch mal üben?“
    Isolde hob die Augenbrauen. „Ja, das sollte er wohl“, sagte sie und wandte sich achselzuckend wieder den Tomaten zu.
    Man sah Dorian die Erleichterung an, als er sich, von Herrn Bozzi gefolgt, in die Diele absetzte. Wenig später schwebten innige Geigentöne in die Küche.
    Isolde hob den Kopf und lauschte. „Was Hausarbeiten angeht, benimmt er sich wirklich indiskutabel! – Aber er spielt wie ein Gott.“ Sie seufzte. „Irgendwie … irgendwie passt er nicht in diese Welt.“
    Die Geschwister sahen sich an und beide dachten dasselbe.
    Während Isolde sich unten einen alten Film ansah, kamen die drei an diesem Abend in Valentinas Zimmer zusammen. Valentina entzündete die Kerzen an dem Eisenleuchter, den sie vor einiger Zeit bei Piecek erstanden hatte. Das

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