Der letzte Weynfeldt (German Edition)
olivgrüne Bettcouch mit einem passenden Sessel und einem mit dem Prospektmaterial des Hotels übersäten Clubtischchen.
Pedroni hatte die linke Hand hinter den Kopf gelegt. Mit der rechten rauchte er seine Zigarette. Als Aschenbecher diente ihm ein Zahnputzglas, das auf seiner Brust stand. Die 212 war ein Nichtraucherzimmer.
Der Fernseher spielte leise Warenhausmusik. Auf dem Bildschirm stand:
»Welcome Willkommen Bienvenu Mr. Hans Meier!«
Ein Tageszimmer, Lorenas Idee. Pedroni hatte ehrlich gesagt gar nicht gewusst, dass es so etwas gab. Ein Zimmer, das man zum halben Preis oder noch billiger zur Benutzung am Tag mieten konnte. Sie war darauf gekommen, als sie sich überlegt hatten, wo sie Weynfeldt treffen sollten. Diskret, unter vier Augen und doch nicht in seiner oder ihrer Wohnung. Und auch nicht in der von Weynfeldt. Denn dort wimmle es ständig von Leuten, hatte Lorena erklärt.
Und dann sagte sie plötzlich: »Warum nimmst du nicht einfach ein Tageszimmer im Belotel?« Und erklärte ihm, was das war. Woher sie es wusste, konnte er sich vorstellen.
Wenn Weynfeldt tatsächlich kam – und Pedroni hatte keinen Grund, daran zu zweifeln –, müsste er sich schon wieder zu seinem Instinkt gratulieren, der ihn dazu verleitet hatte, sich Lorena anzulachen. Das Mädchen war eine Goldgrube.
Eine Zeitlang hatte es zwar ausgesehen, als verlaufe die Sache im Sand, aber als sie auftauchte und sich Geld für Mallorca lieh, da wusste er, dass sie miteinander ins Geschäft kommen würden. Dass dies allerdings so bald geschehen würde, hatte ihn selbst ein wenig überrascht.
Der Test mit den Fünftausend war perfekt gelaufen. Weynfeldt hatte sie abgeliefert wie etwas, was er schon lange loswerden wollte. Er war so verknallt in die Maus, dass er jeden Betrag zahlen würde, um bei ihr zu punkten. Na ja, vielleicht nicht jeden, aber die Hundertzwanzig sollten kein Problem sein. Vielleicht hätte er etwas höher gehen sollen, hundertzwanzig war ihr Vorschlag gewesen, aber es war ja noch nicht aller Tage Abend.
Besonders stolz war er auf den Schuldschein. Nicht einfach ein Wisch mit einer Schuldanerkennung von hundertzwanzigtausend Franken, sondern ein Dokument, dessen Unterzeichnungsdatum fast zwei Jahre zurücklag, mit einer geschuldeten Summe von hundertzweiundvierzigtausenddreihundertvierzig und der säuberlichen Auflistung von Ratenzahlungen unterschiedlicher Höhe, jede mit seiner Unterschrift mit verschiedenen Schreibwerkzeugen bestätigt. Die letzte war Weynfeldts Zahlung von fünftausend Franken, auch sie korrekt aufgelistet und signiert. Der Saldo betrug hundertzwanzigtausend, und diese würde ihm Weynfeldt in kurzer Zeit überreichen, da war er sich ziemlich sicher.
Er hatte über den Mann Erkundigungen eingezogen, was gar nicht so einfach gewesen war. Er führte ein recht unauffälliges Leben, war der letzte Nachkomme einer alten, ehemals sehr reichen Industriellenfamilie, die ihm immerhin genug hinterlassen hatte, dass er mehr verdiente, als er ausgeben konnte. Etwas über eine Million im Jahr brachte laut Lorena allein das Haus, in dem er wohnte.
Der Mann arbeitete – ebenfalls eine Information von Lorena –, weil es ihm Spaß machte. Etwas, was Pedroni nur sehr schwer nachvollziehen konnte.
Aber ihm sollte es recht sein. So verbrauchte der weniger von seinem Vermögen. Denn falls das mit den Hundertzwanzig tatsächlich so reibungslos ablief, wie er erwartete, gab es keinen Grund, später nicht wieder auf ihn zurückzukommen. Er wusste noch nicht, wie, aber gemeinsam mit Lorena würde ihm schon etwas einfallen. Er fühle sich für sie verantwortlich, hatte sie ihm erzählt. Sie würden dafür sorgen, dass das auch finanziell zu verstehen war.
Das Telefon klingelte. Der Empfang meldete die Ankunft eines Herrn Doktor Weynfeldt. »Schicken Sie ihn rauf.« Er stand auf, ging ins Bad, wusch sich die Hände und strich mit den feuchten Handflächen über das kurze Haar, das er seit einiger Zeit wieder wachsen ließ.
Zufällig. Weynfeldt hätte ihn auch kahlrasiert nicht wiedererkannt. Vor dem Treffen beim Geldautomaten hatte Pedroni zu Lorena gesagt: »Der hat mich nie gesehen, auch nicht an jenem Tag im Spotlight. Der gehört zu der Sorte, für die das Verkaufspersonal Luft ist. Jede Wette, der erkennt mich nicht.«
Es klopfte. Pedroni nahm das Jackett vom Bügel und zog es an. Dann öffnete er und bat Weynfeldt herein.
Der Mann trug einen verregneten Kamelhaarmantel und hielt einen nassen Filzhut in
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