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Der letzte Weynfeldt (German Edition)

Der letzte Weynfeldt (German Edition)

Titel: Der letzte Weynfeldt (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Suter
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Wohnung.
    Er ging zum Telefon, rief Véronique an und teilte ihr mit, dass sie heute Vormittag nicht mit ihm rechnen solle.
    »Was heißt, nicht mit dir rechnen? Um Viertel nach zehn kommt Blancpain, und Chester hat schon zweimal angerufen und erwartet deinen Rückruf vor halb zehn, danach muss er einchecken, Sidney.«
    Blancpain war der Kurator des Musée d’Orly, und Chester der Sekretär eines privaten australischen Sammlers. Beides Großkaliber in Weynfeldts Kundenliste. »Tisch ihnen irgendetwas Einleuchtendes auf«, sagte Adrian und beendete das Gespräch.
    Er schlenderte ins Frühstückszimmer. Der Tisch war abgeräumt. Etwas ärgerlich machte er sich auf den Weg in die Küche. Ein klirrendes Geräusch kam ihm entgegen. Erst dachte er, es stamme von den Arbeitern. Aber dort, wo der Korridor in Richtung Küche abbog, stieß er fast mit einem Servierwagen zusammen. Frau Hauser schob ein Frühstück für zwei vor sich her. »Ach«, sagte sie überrascht, »ich dachte, Sie frühstücken heute im Bett.«
    Sie sah ihn an ohne die geringste Spur eines Lächelns oder Zwinkerns oder sonst eines geheimen Einverständnisses.
    »Gute Idee«, sagte Weynfeldt und nahm ihr den Wagen ab.
    Lorena war wach. Sie lag zugedeckt im Bett, hatte sich zwei Kissen in den Rücken gestopft und blätterte im Auktionskatalog. Als sie ihn mit dem Frühstück sah, räkelte sie sich und legte den Katalog beiseite. »Zwischen eins Komma zwei und eins Komma fünf Millionen. Ich dachte, zwei bis drei.«
    Adrian wusste, was sie meinte. Den Schätzpreis des Vallotton. Er zierte das Titelblatt, obwohl er durch sein spätes Dazukommen die hohe Losnummer 136 trug. »Das ist der Schätzpreis. Der Rest hängt von den Bietern ab.«
    »Da wäre ich gerne mal dabei, bei einer Auktion, bei der es um Millionen geht.«
    »Dann komm doch einfach mit.«
    »Ehrlich?«
    »Ehrlich.«
    Sie aßen das Frühstück im Bett wie ein frischverliebtes Paar. Und so redeten sie auch. Lorena stellte ihre entwaffnenden Fragen, und Adrian war von sich selbst überrascht, wie offen er diese beantwortete.
    »Wie viel Miete bezahlt dir die Bank?«
    »Etwas über eine Million im Jahr, glaube ich.«
    »Glaube?«
    »Sicher.«
    »Wow! Und was machst du mit all dem Geld?«
    »Das meiste gebe ich aus. Und der Rest läppert sich zusammen.«
    »Warum arbeitest du denn noch?«
    »Was sollte ich sonst tun?«
    »Reisen.«
    »Bin nicht so der Reisetyp.«
    »Nichts tun.«
    »Das wurde mir schon als Kind ausgetrieben.«
    »Los 142. Schätzpreis vierzig-bis sechzigtausend.«
    Weynfeldt grinste etwas verlegen.
    Lorena zupfte ihn am Ohrläppchen. »Tut man das? Das Porträt seiner Mutter versteigern?«
    »Wenn man das nicht täte, gäbe es keine Porträts älterer Damen auf dem Kunstmarkt.«
    Sie angelte sich ein neues Croissant. Es hatten vier im Körbchen gelegen. Sonst gab es immer nur zwei. Adrian fragte sich, wo Frau Hauser so schnell die beiden anderen aufgetrieben hatte. Vielleicht kaufte sie jeden Morgen vier, zwei für ihn und zwei für sich. Und hatte an diesem Morgen ihre beiden geopfert.
    »Welches der beiden Bilder hast du in die Auktion genommen?«
    »Weiß ich nicht.«
    »Ach komm.«
    »Du hast sie identisch gemacht.«
    »Aber du. Du kannst sie immer noch unterscheiden.«
    »Ich und der Fälscher.«
    »Und beide schweigen.«
    »Beim Fälscher wäre ich mir nicht so sicher. Fälscher sind eitel.«
    »Kennst du ihn?«
    »Ja.« Und dann sagte er es: »Ein Kunstmaler, wie Kunstturner oder Kunstfurzer.«
    Lorena lachte. »Hast du keine Freundin?«
    »Nein.«
    »Warum nicht?«
    Adrian überlegte. »Es hat sich so ergeben.«
    »Und Freunde?«
    »Freunde schon.«
    »Freunde sind wichtig.«
    »Stimmt.«
    »Ich weiß es. Ich habe keine.«
    »Überhaupt keine?«
    »Keine richtigen.«
    Weynfeldt überlegte bei sich, ob er richtige hatte.
    »Weshalb fragst du mich nichts?«
    »Was soll ich dich fragen?«
    »Willst du nicht wissen, ob ich eine Nutte bin?«
    »Nein, das will ich nicht wissen.«
    »Warum nicht? Wenn du mich mögen würdest, würdest du es wissen wollen.«
    »Wenn ich dich mögen würde, würde ich es nicht wissen wollen.«
    Weit weg hörte man das Heulen und Rattern eines Schlagbohrers.
    »Weshalb sollte ich denken, du könntest eine Nutte sein?«
    »Wegen gestern. Hast du nicht gedacht, das sei ein Zuhälter?«
    »Ich kenne mich da nicht so aus.«
    »Willst du nicht wissen, ob das ein Zuhälter war?«
    »Wenn du es mir sagen willst, wirst du es mir sagen.«
    »Er ist

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