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Der letzte Winter

Titel: Der letzte Winter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Åke Edwardson
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schaffen würde. Für sie war es kein Problem, aber wie wollte er in der kurzen Zeit das Weihnachtsessen vorbereiten?
    »Den Schinken können wir weglassen«, sagte sie. »Den isst sowieso keiner.«
    »Dann ist ja alles geritzt.«
    »Den eingelegten Hering können wir auch weglassen.«
    »Nein, nein, der ist an Weihnachten unverzichtbar«, sagte Winter. »Der Rest ist im Handumdrehen gemacht.«
    »Rote-Bete-Salat«, sagte sie. »Und Janssons Verführung.«
    »Jansson übernimmt Siv«, sagte Winter. »Sie erscheint bestimmt mehrere Stunden vor dem Essen.«
    »Wollen wir vor oder nach dem Weihnachts-Disney essen?«
    »Danach. Dann ist es ruhiger.«
    »Und nach dem Essen die Bescherung?«
    »Ja.«
    »Dann sind wir uns also einig.«
    »Klar, schönes Gefühl, oder?«
    »Ich rufe Lotta an.«
    Er nickte.
    »Besorgst du den Tannenbaum, Erik?«
    Der Tannenbaumkauf war nicht gerade sein Ding. Im aggressiven Flutlicht der Tannenbaumverkäufer war nicht leicht zu erkennen, ob der Baum hübsch oder hässlich war und ob er sich über das ganze Weihnachtsfest halten würde. Aber Elsa kam gern mit. Er durfte nicht jammern.
    »Wann habe ich den Tannenbaum nicht besorgt?«, fragte er.
    »Letztes Jahr, in Marbella.«
    »Ich hab’s versucht.«
    »Aber es ist dir erspart geblieben. Auf der Strandpromenade gab es keine Tannenbäume zu kaufen.«
    Sie schnupperte an ihrem Whisky und stellte das Glas weg.
    »Ich mag nicht mehr«, sagte sie.
    »Was habe ich dir gesagt?«
    »Das ist die mieseste Platitude der Welt. In allen Sprachen.«
    »Da gebe ich dir recht.«
    Angela stand auf.
    »Was hast du vor?«
    »Ein Glas Wasser trinken.«
    Sie verließ das Zimmer. Er hörte eine Straßenbahn vorbeirumpeln, die nicht an der Haltestelle hielt, und ging auf den Balkon. Die Luft war mild, roch fast nach Frühling. Oder nach Herbst? Jedenfalls nicht nach Winter, und doch war es nur noch eine Woche bis Weihnachten. Die dünne Schneedecke war verschwunden. Der Himmel war klar, es waren sogar einige Sterne zu sehen, was sehr ungewöhnlich in Göteborg war: die Feuchtigkeit, der Nebel, der Wind, die vielen Wolken. Göteborg konnte mit dem schlechtesten Winterwetter auf der ganzen Welt prahlen, ausgenommen vielleicht Bergen. Aber in diesem Jahr war es anders. Jetzt war es klar und gleichzeitig warm. Fast wie in Marbella. Sie hätten Weihnachten in Sivs Haus in Marbella feiern können. Heiligabend könnte ein klarer 20 -Grad-Tag sein. Das Weihnachtsessen würde aus gegrillter Flunder bestehen anstelle von Schinken. Aber sie wollten ja gar keinen Schinken auftischen.
    Er hörte Angela ins Zimmer kommen und drehte sich um. Sie hatte sich wieder gesetzt.
    »Ich weiß nicht, ob ich jemals wieder hinfahren will«, sagte sie.
    »Nach Marbella?«
    »Nein. An unseren eigenen Strand. Zum Grundstück.«
    »Das klingt ein wenig drastisch.«
    »Für dich ist es dein Job. Du bist daran gewöhnt.«
    »Da täuschst du dich, Angela. Man gewöhnt sich nie.«
    »Trotzdem ist es für mich anders. Das verstehst du nicht. Du siehst eine Leiche und weißt, was du zu tun hast. Kannst mit der Situation umgehen, weil du so was schon öfter erlebt hast. Viele Male. Für mich ist das anders. Obwohl ich Ärztin bin. Ein toter Mann wird an unserem Strand angetrieben. An unserem Strand! Mir gefallen die Gefühle nicht, die im Nachhinein hochkommen. Und ich weiß nicht, wie die Mädchen das Erlebnis verarbeiten werden.«
    »Es wird schon gutgehen.«
    »Ach? Hast du mit Elsa gesprochen? Sie redet von nichts anderem, jedenfalls mit mir.«
    Winter antwortete nicht.
    »Ich muss darüber nachdenken, Erik.«
    »Wie … meinst du das? Über unser Grundstück? Den Strand?«
    Sie nickte.
    »Es wäre schade, ihn zu verlieren«, sagte er.
    »Vielleicht haben wir ihn schon verloren.«
    »Es wird sich nicht wiederholen.«
    »Das spielt jetzt keine Rolle«, sagte sie.
    »Ich finde, du übertreibst.«
    »Was übertreibe ich?«
    »Deine Angst, wie es uns belasten wird, dich, mich, die Mädchen.«
    »Ich weiß nicht, Erik.«
    »Wir können bald wieder hinfahren, Heiligabend zum Beispiel. Wir trinken Kaffee am Strand wie Heiligabend vor zwei Jahren.«
    Sie schwieg.
    »Den Kindern wird es gefallen.«
    »Hoffentlich«, sagte sie.
    »Es ist unsere … Freistatt, oder wie man das nennen soll. Ein Ort auf der Welt, der uns gehört.« Er lächelte. »Das wird er immer bleiben.«
    »Mit oder ohne Haus, meinst du?«
    »Natürlich.«
    »Vielleicht sollten wir wenigstens eine Sauna oder so was bauen«, sagte

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