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Der letzte Winter

Titel: Der letzte Winter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Åke Edwardson
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Winter. »Es ist symptomfrei. Einen möglichen Zugang gibt es in der Krankenpflege.«
    »Genau. Und Lentner ist Arzt. Er kommt an Chloroform heran.«
    »Der andere nicht, Barkner ist kein Arzt.«
    »Wie ich schon sagte, diese beiden Fälle gehören nicht unbedingt zusammen.«
    »Das klingt zu einfach«, sagte Winter.
    »Einfach? Findest du, das klingt zu einfach?«
    »Wunschdenken.« Winter lächelte.
    »Übernimmst du jetzt?«, fragte Mogens.
    »Ich will erst mit den beiden reden«, sagte Winter.
    »Wann?«
    »Morgen früh.«
    Winter fuhr mit dem Rad über Heden. Es war ein schöner Abend und nicht allzu kalt. Die Scheinwerfer warfen ihr Licht auf gute und schlechte Spieler der Betriebs-Fußballmannschaften, die die letzten Spiele vor Weihnachten absolvierten. Das Fahndungsdezernat hatte auch eine Fußballmannschaft gehabt, bis Halders’ Geholze auf dem Fußballplatz dafür sorgte, dass sie auf Lebenszeit ausgeschlossen wurden. Winter hatte ein Angebot vom Citydezernat bekommen, aber die Bezahlung war zu schlecht und die Bedingungen waren zu dürftig gewesen.
    Vor der Markthalle war der Weihnachtsmarkt in vollem Gange. Es war mühsam, in die Halle hineinzugelangen. Falsches Timing. Er betrat den Fischladen an der Außenseite und zog eine Nummer. Vor ihm waren nur sieben Personen. Er musterte die Schalentiere, Muscheln, Meereskrebse, Krabben. Alles sah gut aus. Wie wäre es mit gegrillten Krebsen zu Silvester, vielleicht mit Kräutern? Ein wenig langweilig und traditionell. Genau wie Hummer. Konnte er es nicht besser? Zum Beispiel Krebswürste, mit Estragonzabaglione. Oder ein ganzer Steinbutt aus der Backröhre. Oder warum kein Fleisch? Entrecote vom Kalb mit einer leckeren Kräuterbutter oder Béarnaisebutter. Einfach und sehr lecker. Elsa und Lilly mochten das auch, später würden sie vermutlich Vegetarier werden, spätestens, wenn sie eingeschult wurden und zum ersten Mal das Essen in der Schule gekostet hatten. Als Halders’ Sohn von seinem allerersten Schultag nach Hause gekommen war, hatte Halders ihn gefragt, wie das Schulessen schmeckte. »Eklig wie üblich«, hatte Hannes geantwortet.
    Winter kaufte Rotzungenfilets, Dill und Zitronen.
    Dann machte er sich durch das erleuchtete Göteborg auf den Heimweg. Nur ein Blinder konnte übersehen, dass Weihnachten nahte. Die Beleuchtung wetteiferte mit den Sternen, und die Sterne verloren zehn Runden von zehn.
    Auf der Vasabrücke stieß er fast mit zwei Weihnachtsmännern zusammen, die plötzlich am südlichen Bollwerk auf ihn zutorkelten. In letzter Sekunde gelang es ihm, sein Gleichgewicht wiederzufinden, indem er sich mit dem linken Bein abstützte. Er trug keinen Helm. Es war verdammt leichtsinnig, ohne Helm zu fahren. Wenn nicht er, wer sollte dann mit gutem Beispiel vorangehen? Wenn Per-Åke und die anderen Fahrradpolizisten ihn sahen, senkten sie den Daumen und fuhren sich mit der Hand über den Hals, was nur eins bedeuten konnte: Wenn er weiter ohne Helm fuhr, war er verurteilt. In diesem Augenblick hätte es passieren können. Es konnte morgen passieren. In diesen Tagen war die Stadt voller betrunkener Weihnachtsmänner.
    »Pasch auf, Mischtkerl«, rief einer der Weihnachtsmänner. Sein Bart bedeckte nur die Hälfte seines Gesichtes.
    »Drahtesel sind lebensgefährlich«, sagte der andere. Er trug seinen Bart in der Hand. Als er einen Schritt rückwärts machte, fiel ihm die Mütze vom Kopf. Er machte einen weiteren Schritt vorwärts und fixierte Winter. Das Gesicht kam Winter bekannt vor.
    »Na, so was!«, sagte der Betrunkene und riss die Augen auf. »Du bist das!« Auch ihm war Winters Gesicht bekannt vorgekommen.
    »Kumpel! Der Bulle!«, sagte der Weihnachtsmann.
    »Scheiße! Wo?« Der andere Weihnachtsmann drehte seinen Kopf hin und her, so dass der Zipfel der Mütze im Licht der Brückenlaternen hüpfte. »Wir haben nichts getan! Der da isses!« Der Weihnachtsmann zeigte auf Winter.
    Winter erkannte den bartlosen Weihnachtsmann. Er hatte sogar einen Namen, an den er sich erinnerte.
    »Tommy!«, sagte der Weihnachtsmann. »Ich bin’s, Tommy Näver! Du erkennst mich doch wohl wieder?«
    »Na klar«, sagte Winter.
    »Hockeytommy!«, sagte Tommy.
    »Weihnachtsmanntommy«, sagte Winter und stieg wieder auf sein Fahrrad.
    »Was hast du vor?«, fragte Tommy. »Wohin willst du?«
    »Ich will nach Hause und Mittagessen kochen«, antwortete Winter.
    »Was isser, hassu gesagt?«, fragte der andere Weihnachtsmann. Er war sehr betrunken, betrunkener als Tommy.

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