Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der letzte Wunsch

Der letzte Wunsch

Titel: Der letzte Wunsch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrzej Sapkowski
Vom Netzwerk:
einem heftigen Ruck riss sie sich den Rock von den Hüften, ließ ihn durch die Luft wirbeln, dass sich der Stoff um ihren linken Unterarm wickelte. Geralt wich zurück, hob die Hand und formte mit den Fingern ein 
Zeichen
. Renfri lachte abermals, kurz und heiser.
    »Nichts da, Weißhaar. Das wirkt bei mir nicht. Nur das Schwert.«
    »Renfri«, wiederholte er. »Geh. Wenn wir die Klingen kreuzen, dann ... kann ich nicht mehr . . .«
    »Ich weiß«, sagte sie. »Und ich ... Ich kann auch nicht anders. Ich kann einfach nicht. Wir sind, was wir sind. Du und ich.«
    Sie lief mit leichtem, wiegendem Schritt auf ihn zu. In der zur Seite ausgestreckten Rechten blitzte das Schwert, mit der Linken schleifte sie den Rock über den Erdboden. Geralt wich zwei Schritte zurück.
    Sie sprang, der Rock wirbelte durch die Luft, und hinter ihm, verdeckt, blitzte das Schwert in einem knappen kurzen Hieb auf. Geralt sprang beiseite, der Stoff streifte ihn nicht einmal, und Renfris Klinge glitt nach einer schrägen Parade ab. Instinktiv schlug er mit der Mitte des Schwertes eine Riposte, ließ beide Klingen in einer kurzen Mühle kreisen, um ihr die Waffe aus der Hand zu winden. Das war ein Fehler. Sie schlug seine Klinge zurück und hieb sofort mit gekrümmten Knien und Hüftschwung nach seinem Gesicht. Kaum konnte er diesen Hieb parieren, er sprang vor dem über ihn fallenden Stoff des Rockes zurück. Er wirbelte in einer Pirouette herum und wich der in raschen Hieben aufblitzenden Klinge aus, sprang wieder zurück. Sie stürzte sich auf ihn, schleuderte ihm den Rock geradezu in die Augen und führte von nahem, aus halber Drehung einen flachen Schlag. Er wich dem Hieb aus, drehte sich unmittelbar vor ihr. Sie kannte den Trick. Sie folgte seiner Drehung und fuhr ihm so nahe, dass er ihren Atem spürte, mit der Schwertschneide über die Brust. Der Schmerz durchzuckte ihn, doch er kam nicht aus dem Rhythmus. Er drehte sich abermals weg, zur anderen Seite, schlug die Klinge zurück, die auf seine Schläfe zuschnellte, machte eine rasche Finte und griff an. Renfri sprang zurück, bereitete sich auf einen Schlag von oben vor. Geralt ging im Sprung in die Knie und hieb ihr von unten her mit dem äußersten Ende des Schwerts durch den ungedeckten Oberschenkel und die Leistengegend.
    Sie schrie nicht auf. Während sie aufs andere Knie und die Seite fiel, krallte sie beide Hände in die durchgetrennten Muskeln. Zwischen ihren Fingern hervor strömte das Blut in hellem Strahl auf den verzierten Gürtel, die Stiefel von Elchleder, aufs schmutzige Pflaster. Die in den Gassen zusammengedrängte Menge begann zu wogen und zu schreien.
    Geralt steckte das Schwert weg.
    »Geh nicht fort . . .«, stöhnte sie, zusammengekrümmt.
    Er antwortete nicht. »Mir ist ... kalt . . .«
    Er antwortete nicht. Renfri stöhnte abermals, krümmte sich noch stärker. Rasch fließende Rinnsale von Blut füllten die Fugen zwischen den Steinen.
    »Geralt ... Umarme mich . . .«
    Er antwortete nicht.
    Sie wandte den Kopf ab und verharrte, eine Wange auf dem Pflaster. Das Stilett mit sehr schmaler Klinge, bisher unter ihrem Körper verborgen, glitt aus ihren erstarrenden Fingern.
    Nach einem Augenblick, der ewig dauerte, wandte der Hexer den Kopf nach dem Geräusch von Stregobors Stab um, der gegen das Pflaster klopfte. Der Zauberer kam eilig näher und machte dabei einen Bogen um die Leichen.
    »Das war vielleicht ein Schlachtfest«, schniefte er. »Ich hab’s gesehen, Geralt, ich hab alles im Kristall gesehen . . .«
    Er ging näher, beugte sich hinab. In dem bodenlangen schwarzen Mantel, der vorn offen stand, sah er alt aus, sehr alt.
    »Ich kann es nicht glauben.« Er schüttelte den Kopf. »Die Würgerin, und mausetot.«
    Geralt antwortete nicht.
    »Na los, Geralt.« Der Zauberer richtete sich auf. »Hol einen Wagen. Wir bringen sie in den Turm. Sie muss seziert werden.«
    Er warf einen Blick auf den Hexer, und ohne eine Antwort abzuwarten, beugte er sich über den Körper.
    Jemand, den der Hexer nicht kannte, langte nach dem Griff des Schwertes und zog es sehr schnell.
    »Rühr sie nur an, Zauberer«, sagte jemand, den der Hexer nicht kannte. »Rühr sie nur an, und dein Kopf fällt aufs Pflaster.«
    »Was soll das, Geralt, bist du verrückt geworden? Du bist verwundet, stehst unter Schock! Eine Sektion ist die einzige Möglichkeit, um festzustellen . . .«
    »Rühr sie nicht an!«
    Stregobor sah die erhobene Klinge, sprang zurück, fuchtelte mit seinem Stab.

Weitere Kostenlose Bücher