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Der letzte Wunsch

Der letzte Wunsch

Titel: Der letzte Wunsch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrzej Sapkowski
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Tridam gezwungen haben. Oder sie zwingen mich ... Verstehst du nicht? Sie werden anfangen, die Leute auf dem Jahrmarkt zu ermorden. Euer Marktplatz, in diesen Mauern, ist eine perfekte Falle!«
    »Bei allen Göttern, Geralt! Setz dich! Wo willst du hin, Geralt?«
    Marilka, von dem Schrei erschreckt, begann zu weinen, in eine Ecke der Küche gedrückt.
    »Ich hab’s dir gesagt!«, schrie Libussa, den Arm zum Hexer hin ausgestreckt. »Ich hab’s gesagt! Er bringt nur Unheil!«
    »Still, Weib! Geralt! Setz dich!«
    »Man muss sie aufhalten. Sofort, ehe die Leute auf den Markt kommen. Ruf die Wache zusammen. Wenn sie aus der Herberge kommen, dann los, auf Kopf und Brust.«
    »Geralt, sei vernünftig. So geht das nicht, wir können sie nicht anrühren, wenn sie nichts verbrochen haben. Sie werden sich verteidigen, es wird Blut fließen. Das sind Profis, sie werden mir meine Leute abschlachten. Wenn Audoen davon erfährt, kostet es mich den Kopf. Gut, ich werde die Wache zusammenrufen, auf den Markt gehen und dort ein Auge auf sie haben . . .«
    »Das hilft nichts, Caldemeyn. Wenn die Menge erst einmal auf den Platz kommt, kannst du Panik und Gemetzel nicht verhindern. Sie müssen sofort unschädlich gemacht werden, solange der Markt leer ist.«
    »Das wäre gegen das Gesetz. Ich kann das nicht erlauben. Das mit dem Halbelf und Tridam kann ein Gerücht sein. Du könntest dich irren, und was dann? Audoen lässt mich vierteilen.«
    »Man muss das kleinere Übel wählen!«
    »Geralt! Ich verbiete es dir! Als Schulze verbiete ich’s dir! Lass das Schwert liegen! Halt!«
    Marilka weinte, die Fäuste vors Gesicht gepresst.

VI
    Civril schirmte die Augen mit der Hand ab und blickte zur Sonne, die über den Bäumen aufging. Der Markt begann sich zu beleben, es rumpelten große und kleine Wagen einher, die ersten Händler füllten schon Waren in die Auslagen. Hammerschläge erklangen, ein Hahn krähte, laut schrien die Möwen.
    »Der Tag verspricht schön zu werden«, erklärte Fünfzehn nachdenklich. Civril warf ihm einen scheelen Blick zu, sagte aber nichts.
    »Was ist mit den Pferden, Tavik?«, erkundigte sich Nohorn, während er die Handschuhe anzog.
    »Bereit, gesattelt. Civril, es sind immer noch wenige auf diesem Markt.«
    »Es werden mehr.«
    »Man sollte was essen.«
    »Später.«
    »Stimmt. Später wirst du Zeit haben. Und Lust.«
    »Seht«, sagte Fünfzehn plötzlich.
    Der Hexer kam von der Hauptstraße her, zwischen den Ständen hindurch, geradewegs auf sie zu.
    »Aha«, sagte Civril. »Renfri hatte recht. Gib mir die Armbrust, Nohorn.«
    Er beugte sich vor und hielt den Bügel mit dem Fuß fest, während er die Sehne spannte. Sorgfältig legte er einen Bolzen ein. Der Hexer kam näher. Civril hob die Armbrust. »Keinen Schritt weiter, Hexer!«
    Geralt blieb stehen. Etwa vierzig Schritte trennten ihn von der Gruppe.
    »Wo ist Renfri?«
    Das Halbblut verzog sein schönes Gesicht zu einer Grimasse. »Beim Turm, sie unterbreitet dem Zauberer ein gewisses Angebot. Sie wusste, dass du herkommen würdest. Sie hat mir aufgetragen, dir zweierlei auszurichten.«
    »Sprich.«
    »Das Erste ist eine Botschaft, die lautet: ›Ich bin, was ich bin. Wähle. Entweder ich oder jenes andere, kleinere.‹ Du weißt wohl, was gemeint ist.«
    Der Hexer nickte, dann hob er die Hand und packte den Schwertgriff, der seine rechte Schulter überragte. Die Klinge blitzte auf, als sie einen Bogen über seinem Kopf beschrieb. Langsamen Schrittes ging er auf die Gruppe zu.
    Civril lächelte boshaft. »Also doch. Sie hat auch das vorausgesehen, Hexer. Und darum bekommst du jetzt das Zweite, was sie befohlen hat, dir zu übermitteln. Direkt zwischen die Augen.«
    Der Hexer ging weiter. Der Halbelf legte die Armbrust an die Schulter. Es wurde sehr still.
    Die Sehne schwirrte. Der Hexer hieb mit dem Schwert durch die Luft, es ertönte ein lauter Klang von getroffenem Metall, der Bolzen flog wirbelnd empor, fiel mit trockenem Geräusch auf ein Dach, klirrte in der Dachrinne. Der Hexer ging weiter.
    »Er hat ihn abgelenkt . . .«, stöhnte Fünfzehn. »Im Fluge . . .«
    »Beisammenbleiben«, kommandierte Civril. Die Schwerter zischten aus den Scheiden, die Gruppe stellte sich Schulter an Schulter auf, die Klingen Geralt entgegengekehrt.
    Der Hexer beschleunigte den Schritt, sein Gang, erstaunlich fließend und leicht, wurde zum Lauf – nicht geradewegs auf die vor Schwertern starrende Gruppe zu, sondern seitlich in einer immer enger werdenden

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