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Der Leuchtturm am Ende der Welt

Der Leuchtturm am Ende der Welt

Titel: Der Leuchtturm am Ende der Welt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
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alle Ursache, möglichst vorsichtig zu sein und wagte sich nur hinaus, nachdem er sich überzeugt hatte, daß sich noch keiner von den Raubgesellen am Eingange der Bucht befand.
    Nach wenigen Minuten hatte er den Schauplatz des Unfalls erreicht. Da jetzt Niedrigwasser war, konnte er um das gestrandete Schiff herumgehen, und da las er an dessen Stern die Bezeichnung: ›Century, Mobile‹.

    Es war also ein amerikanisches Segelschiff, beheimatet in der Hauptstadt des Staates Alabama, im Süden der Union und am Golf von Mexiko.
    Die ›Century‹ war mit Mann und Maus verunglückt. Nirgends war ein Überlebender zu sehen, und der Schiffsrumpf bildete nur noch eine fast formlose Masse. Beim Aufstoßen war der Rumpf in zwei Stücke zersprengt worden. Die heranrollenden Wogen hatten die Ladung herausgespült und fortgeschwemmt. Auf den jetzt trotz des Sturmes frei aufragenden Klippen lagen da und dort Reste der Verplankung, Rippen, Rahen und Spieren verstreut. Kisten, Ballen und Fässer aller Art sah man längs des Kaps und auf dem Strande umherliegen.
    Der Rumpf der ›Century‹ wurde jetzt nicht vom Wasser umspült, so daß Vasquez hineintreten konnte.
    Hier war die Zerstörung eine vollständige. Die Wellen hatten alles zertrümmert, hatten die Deckplanken aufgerissen, die Kabinen des Deckhauses zerschlagen, die Schanzkleidung abgesprengt und das Steuer zerbrochen… dann mochte der Stoß bei der Strandung das Zerstörungswerk vollendet haben.
    Und kein lebendes Wesen zu sehen, keiner der Offiziere, kein Mann von der Besatzung.
    Vasquez stieß einen lauten Ruf aus, erhielt aber keine Antwort. Er drang bis tief in den Frachtraum ein, fand aber auch hier nicht einmal eine Leiche. Entweder waren die Unglücklichen also vielleicht schon vorher von Sturzseen ins Meer gerissen worden, oder in dem Augenblicke ertrunken, wo die ›Century‹ auf den Felsblöcken in Trümmer ging.
    Vasquez begab sich wieder nach dem Strande und überzeugte sich von neuem, daß weder Kongre noch einer seiner Gefährten auf dem Wege nach der Stelle des Schiffbruchs war. Dann ging er trotz des tobenden Sturmes bis zum Ende des Kaps Sankt-Johann hinaus.
    »Vielleicht, sagte er sich, finde ich doch einen von den Leuten der ›Century‹, der noch schwache Lebenszeichen verrät und den ich noch retten könnte.«
    Seine Nachsuchung blieb vergeblich. Ans Ufer zurückgekehrt, besichtigte Vasquez nun die verschiedenen Triften, die die Wellen dahin getragen hatten.
    »Es wäre ja denkbar, meinte er, daß ich darunter eine Kiste mit Konserven fände, die meine Ernährung zwei bis drei Wochen sicherte!«
    Bald entdeckte er denn auch ein größeres Faß und eine Kiste, die das Wasser bis über den Klippengürtel hereingetragen hatte. Eine Aufschrift deutete auf ihren Inhalt. Die Kiste war mit Schiffszwieback und das Faß mit schmackhaftem Corned-beef gefüllt… das war Fleisch und Brot… wenigstens für zwei Monate.
    Vasquez trug zuerst die Kiste in seine Grotte, die höchstens zweihundert Meter weit entfernt lag, und rollte dann das Faß ebendahin.
    Sofort nach dem Ausläufer des Kaps zurückgekehrt, ließ er den Blick über die Bucht hin schweifen. Er war überzeugt, daß Kongre von dem Schiffbruche Kenntnis haben mußte. Am Tage vorher hatte er, ehe es ganz dunkel wurde, das auf das Land zu treibende Schiff von der Höhe des Leuchtturmes aus jedenfalls bemerken können. Da die ›Maule‹ den Landeinschnitt jetzt unmöglich verlassen konnte, eilte gewiß die ganze Bande bald nach dem Eingange der Elgorbucht, um sich die erwünschte Beute zu sichern. Wenn hier nun brauchbares, vielleicht auch besonders wertvolles Strandgut angetrieben war, wie hätten die Räuber sich diese Gelegenheit entgehen lassen können?
    Als Vasquez um die Ecke der Steilküste herumkam, war er erstaunt über die Heftigkeit des Windes, der sich in der Bucht sozusagen sing.
    Für die Goelette wäre es unmöglich gewesen, dagegen aufzukommen, wenn sie aber dennoch die Höhe des Kaps Sankt-Johann erreicht hätte, das offene Meer hätte sie doch niemals gewinnen können.
    Da, als der Wind einen Augenblick schwieg, wurde eine schwache Stimme hörbar, der Hilferuf eines Unglücklichen, der vielleicht sein Ende nahen fühlte.
    Vasquez ging der Stimme nach, die von der Seite der von ihm zuerst erwählten Höhle neben der von den Räubern als Lagerschuppen benutzten zu kommen schien.
    Er hatte kaum fünfzig Schritte gemacht, als er einen am Fuße eines Felsblockes liegenden Mann erblickte,

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