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Der Leuchtturm am Ende der Welt

Der Leuchtturm am Ende der Welt

Titel: Der Leuchtturm am Ende der Welt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
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dem Strande hin und her. Jetzt wäre es so notwendig gewesen, daß vom Turm ein Lichtstrahl durch die Finsternis geleuchtet hätte. Vasquez wendete sich unwillkürlich der Elgorbucht zu. Seine Hand streckte sich vergeblich nach dem Leuchtturm hin aus. Dieser würde heute Nacht ebensowenig seinen Schein verbreiten, wie alle die Nächte in den verflossenen zwei Monaten, und das Schiff war deshalb verurteilt, an den Felsblöcken des Kaps Sankt-Johann mit Mann und Maus zugrunde zu gehen.
    Da kam Vasquez noch ein Gedanke. Vielleicht konnte dieser Segler sich doch vom Lande fernhalten, wenn er von dessen Vorhandensein Kenntnis hätte. Selbst angenommen, daß es ihm unmöglich war, einen völlig richtigen Kurs zu halten, so gelang es ihm bei nur geringer Abweichung von der jetzigen Fahrtrichtung vielleicht doch, ein Anlaufen an das Ufer zu verhüten, das ja vom Kap Sankt-Johann bis zur Severalspitze nur eine Ausdehnung von acht Seemeilen hatte. Jenseits dieser Spitze lag dann wieder freies Wasser vor seinem Bug.
    Er hatte ja Holz bei der Hand; Überreste von Strandtriften und Trümmer von Schiffsrümpfen lagen auf dem Strand umher. Wenn er nun etwas davon nach der äußersten Landspitze trug, zu einem Haufen zusammenschichtete, ein paar Hände trocknes Seegras dazwischen stopfte, dann das Gras entzündete und es dem Winde überließ, die Flammen anzufachen… sollte das nicht ausführbar sein? Und mußte diese Flamme nicht auf dem Schiffe bemerkt werden, das, selbst wenn es nur noch eine Seemeile von der Küste entfernt war, dann doch vielleicht noch Zeit hatte, sich von dieser fern zu halten?
    Vasquez ging sofort ans Werk. Er raffte mehrere Holzstücke zusammen und trug sie nach dem Ausläufer des Kaps. An dürrem Tang fehlte es nicht, denn wenn es auch stürmte, war bisher doch kein Regen gefallen. Als er dann den kleinen Scheiterhaufen fertig hatte, versuchte er ihn anzuzünden.
    Zu spät… eben wurde eine gewaltige Masse in der Finsternis undeutlich sichtbar. Von ungeheuern Wogen emporgehoben, kam sie mit erschreckender Geschwindigkeit näher, und ehe Vasquez nur eine Bewegung machen konnte, stürzte sie donnernd wie eine Wasserhose auf den Riffgürtel.
    Ein entsetzliches und kurzes Geräusch… einzelne bald erstickte Hilferufe… das war alles. Dann hörte man nichts weiter, als ein scharfes Pfeifen des Sturmwindes und das Dröhnen des Meeres, das im tollen Wirbel auf das Ufer hereinbrach.

Zehntes Kapitel.
Nach dem Schiffbruche.
    Beim Sonnenaufgang des folgenden Tages wütete der Sturm noch mit ungeschwächter Kraft. Bis zum fernen Horizonte bildete das Meer einen brodelnden Kessel mit weißem Schaume. Am Ausläufer des Kaps wälzten sich die Wogen fünfzehn bis zwanzig Fuß in die Höhe, und ihre vom Winde abgerissenen Schaumsetzen flatterten gespensterhaft über den Rand der Steilküste hinweg. Die Flut war im Sinken und die am Ausgange der Bucht einander widerstrebenden Mächte des Wassers und des Windes begegneten sich hier mit unerhörter Gewalt. Kein Schiff hätte jetzt hier einsegeln, keines hätte auslaufen können. Dem Aussehen des noch wie früher drohenden Himmels nach schien es, als ob das Unwetter gleich mehrere Tage anhalten würde, was in der Umgebung des Magellanslandes übrigens keine Seltenheit ist.
    Es lag also auf der Hand, daß die Goelette ihren Ankerplatz heute auf keinen Fall verlassen konnte, und daß dieser widrige Umstand den Ingrimm Kongres und seiner Bande erregen mußte, ist wohl leicht zu verstehen.
    Das war die Lage der Dinge, die Vasquez beim ersten Frührot des nächsten Tages, wo der Sand noch immer umhergewirbelt wurde, auf den ersten Blick übersah.
    Vor ihm lag aber folgendes Bild entrollt:
    Zweihundert Schritt weit und auf der nördlichen Abdachung des Kaps, also noch außerhalb der Bucht, lag das verunglückte Fahrzeug, ein Dreimaster etwa von fünfhundert Tonnen. Von seinen Masten waren nur noch drei Stümpfe übrig, die kaum noch so hoch wie die Schanzkleidung über das Deck emporragten. Vielleicht hatte der Kapitän sich genötigt gesehen, die Masten zu kappen, um von diesen klar zu kommen, vielleicht waren sie bei der Strandung, als das Schiff auf die Felsblöcke aufschlug, kurz abgebrochen. Auf dem Meere schwammen übrigens keine Trümmer, jedenfalls hatte der heftige Wind diese tief in die Elgorbucht hineingetrieben.
    War das der Fall, so mußte Kongre auch wissen, daß wieder ein Schiff an den Klippen des Kaps Sankt-Johann zugrunde gegangen war.
    Vasquez hatte dann aber

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