Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Leuchtturm von Alexandria

Der Leuchtturm von Alexandria

Titel: Der Leuchtturm von Alexandria Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gillian Bradshaw
Vom Netzwerk:
fragte Athanaric. »Du scheinst dich ja gut eingewöhnt zu haben, das freut mich. Die Pferdeknechte an der Poststation haben mir erzählt, du seist der beste Arzt ganz Thraziens und könntest Koliken und die Krätze heilen. Das hätte ich einem solch eingefleischten Alexandriner gar nicht zugetraut. Und deinen Posten füllst du zweifellos zur vollsten Zufriedenheit aller aus. Sebastianus glaubt, daß du direkt von Äskulap abstammst. Er ist der Ansicht, du heilst die Kranken wie ein Wunderheiler.«
    »Das stimmt nicht«, entgegnete ich. »Wir können nicht jeden heilen, und die Heilungen, die uns gelingen, sind das Ergebnis der hippokratischen Medizin und nicht irgendwelcher Wunder.«
    Er grinste. »Natürlich. Wie konnte ich bloß den unsterblichen Hippokrates vergessen?« Er hob seinen Becher. »Ich freue mich, daß alles so gut ausgegangen ist. Mein Freund Sebastianus ist glücklich, die Soldaten sind hervorragend versorgt, und selbst dir mißfällt es nicht. Auf deine Gesundheit!«
    »Auf die deine!« erwiderte ich. »Aber ich werde ständig Opium brauchen. Vielleicht geht der Samen hier nicht auf. Und selbst wenn, wird es eine gewisse Zeit dauern, um meinen Vorrat auf diese Weise zu decken.«
    »Schick deinem Freund etwas Geld, dann sorge ich dafür, daß die Post das Opium befördert.«
    »Das nächste Mal, wenn du in Novidunum bist, mußt du zum Abendessen bleiben«, sagte ich einladend.
    »Damit du sicher sein kannst, daß ich als dein Gast verpflichtet bin, dir weiterhin zu helfen? Natürlich. Aber das würde ich sowieso tun. Du weißt ja: Ich möchte, daß die Männer hier eine gute Behandlung erfahren.«
    »Außerdem kannst du mir die wichtigsten Neuigkeiten erzählen«, meinte ich lächelnd.
    Er erzählte mir einige, bevor er fortging. Es hatte den Anschein, als sei Erzbischof Petrus in Rom sicher und erfreue sich der Gastfreundschaft des römischen Erzbischofs Damasus. Die westliche Kirche neigte zum nizäischen Glauben, und der westliche Kaiser hatte nicht die Absicht, mit den Anhängern dieser Glaubensrichtung aneinanderzugeraten: Petrus war so sicher, wie er nirgendwo im Osten gewesen wäre. Sein arianischer Gegenspieler Lucius hatte offensichtlich genug davon , nizäische Christen in Alexandria zu verfolgen, und war in die nitrische Wüste gezogen, um Mönche auszupeitschen. Philon und seiner Familie ging es gut; ja, Athanaric hatte sie selbst gesehen; er hatte ihnen meinen Brief, gleich nachdem er dem Präfekten einige Botschaften ausgehändigt hatte, persönlich überbracht. Theogenes hatte seine Prüfung abgelegt und war zusammen mit Theophila nach Antiochia gezogen. Und Philon hatte wieder einen anderen Schüler. »Ich mag deinen Philon«, erklärte Athanaric und trank seinen Wein aus. »Er ist wohl ein hervorragender Arzt, oder?«
    »Der beste in Alexandria«, sagte ich mit Nachdruck.
    »Nun, das muß er ja wohl, da er dein Lehrherr war.« Athanaric setzte seinen Becher ab und erhob sich. »Also, auf geht’s nach Sirmium! Ave atque vale, wie die Römer sagen. Wir sehen uns, wenn ich das nächste Mal durch Novidunum komme.«
    Er ging von der Taverne aus direkt zur Poststation und sprang auf sein Pferd. Es stand fertig gesattelt und mit einem neuen Paar Satteltaschen für ihn bereit. Er wendete das Pferd, winkte und ritt in großartiger Manier von dannen. In vollem Galopp preschte er durch die Festung, so daß die Tauben und Küken mit aufgeregtem Flügelschlagen davon flatterten. Den Hügel hinab, durch das Tor und auf die Straße hinaus. Nur Kuriere reiten so: Galopp, Galopp, Galopp, zwölf Meilen in der Stunde oder schneller: zur nächsten Poststation; runter vom Pferd und rauf auf das nächste und wieder Galopp, Galopp, Galopp. Es mußten vierhundert Meilen von Novidunum nach dem im Westen gelegenen Sirmium sein, und Athanaric würde es in ein paar Tagen schaffen.
    Ich seufzte und beobachtete, wie seine Gestalt kleiner wurde, dann machte ich mich wieder an meine Arbeit. Ich entdeckte in meinem Herzen den Wunsch, ihn bald wieder in Novidunum zu sehen.

5
    In der darauffolgenden Woche bekam ich zwei weitere Briefe von Thorion. Den ersten hatte er schon einige Zeit vorher geschrieben, ehe er ihn einem Schiff mitgeben konnte. Wegen des schlechten Wetters hatte er sich offensichtlich verspätet. Er war in einigen Passagen etwas unvorsichtig formuliert, aber die Anrede war wenigstens nicht so verräterisch; das hatte mich beim letzten Mal so erschreckt. »Was meinst du damit, wenn du schreibst, ich

Weitere Kostenlose Bücher