Der Leuchtturmwärter: Kriminalroman (German Edition)
auf.
»Hm … ach so … in Ordnung.« Sie hörte zu und schrieb. Bedächtig legte sie den Hörer auf. Martin starrte sie an.
»Was hat er gesagt? Irgendetwas, das uns weiterhilft?«
»Nein, nicht direkt. Er hat vor allem bestätigt, was wir bereits wussten.« Sie warf einen Blick auf ihren Schreibblock. »Mats Sverin wurde mit einer Neun-Millimeter-Pistole in den Hinterkopf erschossen. Einmal. Der Tod dürfte sofort eingetreten sein.«
»Und der Zeitpunkt?«
»Hier hat er gute Neuigkeiten für uns. Er kann mit Sicherheit sagen, dass Mats in der Nacht von Freitag auf Samstag gestorben ist.«
»Gut. Und weiter?«
»In seinem Blut befanden sich keine Spuren von Drogen.«
»Überhaupt keine?«
Paula schüttelte den Kopf.
»Nein, nicht einmal Nikotin.«
»Er könnte trotzdem mit dem Zeug gehandelt haben.«
»Natürlich, aber nachdenklich wird man schon …« Sie betrachtete ihre Notizen. »Die interessanteste Frage im Moment ist sowieso, ob das Geschoss mit einer bereits registrierten Waffe übereinstimmt. Falls es Verbindungen zu einem anderen Verbrechen gäbe, wäre es viel einfacher, die Tatwaffe zu finden. Und hoffentlich auch den Mörder.«
Plötzlich stand Annika im Türrahmen.
»Die Küstenwache hat angerufen. Sie haben das Boot gefunden.«
Paula und Martin sahen sich an. Sie brauchten nicht zu fragen, welches Boot Annika meinte.
Alles war gepackt. In dem Augenblick, als sie die Postkarte erhielt, war ihr klargeworden, was sie zu tun hatte. Sie konnte nicht länger fliehen. Sie wusste zwar, welchen Gefahren sie ausgesetzt war, aber zu bleiben war genauso riskant. Vielleicht hatten sie und die Kinder sogar eine größere Chance, wenn sie freiwillig zurückkehrten.
Madeleine musste sich auf den Koffer setzen, um ihn zu schließen. Mehr hatte sie nicht mitnehmen können. Ein ganzes Leben hatte darin Platz gehabt. Trotzdem war sie voller Hoffnung mit den Kindern und dem Koffer in den Zug nach Kopenhagen gestiegen. Voll Schmerz und Trauer über das, was sie zurückließ, aber auch voll Freude auf das, was sie vielleicht finden würde.
Sie sah sich in der schäbigen Einzimmerwohnung um. Die Kinder hatten zusammen in einem Bett schlafen wollen, und sie hatte sich mit einer Matratze auf dem Fußboden begnügt. Die Wohnung machte nicht viel her, aber für Madeleine war sie eine Zeitlang das Paradies gewesen. Sie hatte ihnen allein gehört und ihnen Sicherheit geboten. Nun hatte sie sich in eine Falle verwandelt. Hier konnten sie nicht bleiben. Mette hatte ihr Geld für die Fahrkarten geliehen, ohne Fragen zu stellen. Möglicherweise hatte sie für ihren Tod bezahlt, aber was hatte sie für eine Wahl?
Langsam stand sie auf, hob die Postkarte vom Boden auf und steckte sie in ihre abgewetzte Handtasche. Sie hätte sie zwar am liebsten in tausend Stücke gerissen, in die Toilette geworfen und zugesehen, wie sie mit der Spülung verschwanden, wusste jedoch, dass sie die Karte als Erinnerung brauchte. Damit sie es sich nicht anders überlegte.
Die Kinder waren bei Mette. Sie hatten wieder auf dem Hof gespielt und waren dann dorthin gerannt, und Madeleine war dankbar, dass ihr auf diese Weise noch ein Moment allein blieb, bevor sie ihnen sagen musste, dass sie wieder nach Hause fahren würden. Für sie hatte das Wort keine positive Bedeutung. Sie hatte sich dort nur Narben geholt, innerlich und äußerlich. Madeleine hoffte, dass die Kinder verstehen würden, dass ihre Mutter sie liebte und niemals etwas tun würde, was ihnen schadete, nun aber keine andere Wahl hatte. Fand man sie auf der Flucht, gefangen in ihrem Kaninchenbau, würde keiner von ihnen verschont werden. Das zumindest wusste sie genau. Die Kaninchen hatten nur dann eine Chance, wenn sie sich freiwillig dem Fuchs stellten.
Mit steifen Gliedern stand sie auf. Sie konnte das Unausweichliche nicht länger hinauszögern, denn sie mussten sich bald auf den Weg machen. Die Kinder würden es schon verstehen, versuchte sie sich einzureden. Sie wünschte, sie hätte selbst daran glauben können.
»Ich habe von Gunnar gehört«, sagte Anna.
Noch immer sah sie aus wie ein zerbrechliches Vögelchen. Erica zwang sich zu einem Lächeln.
»An so etwas darfst du jetzt nicht denken. Du hast genug eigene Probleme.«
Anna runzelte die Stirn. »Ich weiß nicht. Seltsam, aber es fühlt sich manchmal ganz gut an, Mitleid mit jemand anderem zu haben und nicht immer nur mit sich selbst.«
»Es muss hart für Signe sein. Sie ist jetzt ganz allein.«
»Wie hat
Weitere Kostenlose Bücher