Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Der Liebe Boeser Engel - Schuld Verjaehrt Nicht

Titel: Der Liebe Boeser Engel - Schuld Verjaehrt Nicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ruth Rendell
Vom Netzwerk:
Gewächshaus.
    »Sean Lovell?« Burdens entschiedene Ablehnung dieser Vermutung und ihrer sämtlichen Folgerungen schlug sich in einem aufgebrachten Stirnrunzeln nieder. »Der Gärtnergehilfe? Der ist doch höchstens zwanzig, und sie... Also, so was wäre mir in meinem ganzen Leben noch nie untergekommen!«
    »Quatsch mit Soße«, fuhr ihn Wexford an. »Selbstverständlich ist Ihnen so was schon mal untergekommen. Selbst Sie müssen mal von Lady Chatterley gehört haben, falls Sie es nicht sogar gelesen haben.«
    “Ach so, ein Buch«, meinte Burden sichtlich erleichtert, daß der Chief Inspector für das, was seiner Ansicht nach eine abscheuliche Perversion darstellte, statt eines Beispiels aus dem wirklichen Leben eines aus der Literatur gewählt hatte. »Wirklich kühl hier drin, finden Sie nicht? Muß wohl am Wind liegen.«
    »Gehen wir uns im Gewächshaus ein wenig aufwärmen.«
    Sean Lovell öffnete ihnen die Tür, und dampfende tropische Hitze schlug ihnen entgegen. Vom Dach hingen fahle, grüne und zitronengelbe Orchideen in mit Moos ausgeschlagenen Körbchen, und auf den Regalen standen Kakteen mit fleischigen, lilienförmigen Blüten. Auf dem kalten Glas hatte sich duftender Wasserdampf niedergeschlagen, und ständig war ein leises Tröpfeln zu hören.
    Die duftgeschwängerte Luft, die Hitze und die Farben paßten zu Seans fast exotischem Aussehen. Das pechschwarze Haar und die goldbraune Haut ließen auf italienische oder griechische Abstammung schließen, wenn es sich wahrscheinlich auch um das Erbgut von Zigeunervorfahren handelte. Statt Jeans und Sweater hätte er ein Korsarenhemd tragen müssen, dachte Wexford, dazu ein rotes Stirnband und goldene Ohrringe.
    »Sie war eine nette Frau, eine echte Dame«, erklärte Sean mürrisch. Gereizt riß er ein dickes Blatt von einer Pereskie ab. »Stets darauf bedacht, einem zu helfen. Und ausgerechnet die wird nun einfach umgebracht. Meine Alte hat schon recht, wenn sie sagt, daß immer die Besten jung sterben.«
    »So jung war Mrs. Nightingale nicht, Lovell.«
    Glühende Röte flog über die olivbraunen Wangen. »Sie war um die dreißig, allerhöchstens.« Er biß sich auf die Lippe. »Das kann man doch nicht alt nennen.«
    Wexford ließ es darauf beruhen. Elizabeth Nightingale hatte sich mit ihren Cremes und Hautstraffern so viel Mühe gegeben, daß es kleinlich schien, ihre Bewunderer nun nach ihrem Tod zu desillusionieren.
    »Ich möchte gern wissen, was Sie gestern abend alles gemacht haben. Um wieviel Uhr haben Sie hier Feierabend, und wo sind Sie dann hingegangen?«
    “Feierabend hab ich um fünf«, antwortete Sean verdrossen. »Ich bin zum Tee nach Hause gegangen. Ich lebe bei meiner Alten im Dorf. Da habe ich meinen Tee getrunken und den ganzen Abend vor der Glotze gesessen.«
    »Haben Sie keine Freundin?«
    An Stelle einer Antwort fragte Sean zurück: »Haben Sie die Mädchen hier in der Gegend schon mal gesehen?« Er sah Wexford so verschlagen an, daß er wie ein griechischer Pirat aussah. »Manchmal sitze ich vor der Glotze, manchmal geh ich in die Stadt und laß die Musikbox im Carousel laufen. Was kann man sonst schon in so einem Drecknest tun?«
    »Fragen Sie mich nicht, Lovell. Ich stelle hier die Fragen. Sie haben also die ganze Zeit ferngesehen, bis Sie ins Bett gingen?«
    »Genau. Ich habe keinen Fuß mehr vor die Tür gestellt. Da können Sie meine Alte fragen.«
    »Sagen Sie mir, welche Sendungen Sie gesehen haben.«
    »Erst die Hitparade, dann das Hollywoodmusical bis um zehn.«
    »Um zehn Uhr sind Sie ins Bett gegangen?«
    »Kann mich nicht mehr erinnern. Ich kann nicht mehr genau sagen, was ich gesehen habe und wann ich ins Bett gegangen bin. Wie sollte ich auch? Ich glaube, wir haben uns auch danach noch was angesehen. Klar, was mit Sammy Davis Junior, jetzt weiß ich’s wieder.« Auf seinem gebräunten Gesicht breitete sich plötzlich fast andächtige Ehrfurcht aus. »Mein Gott, so wie der wär ich gern. Ich würde jederzeit mit ihm tauschen.« Als Wexfords frostiger Blick auf ihn fiel, sah er zur Seite und sagte rasch: »Ich muß jetzt gehen. Muß weitermachen. Sonst krieg ich Ärger mit dem alten Will.«
    Er schlängelte sich an Wexford vorbei und bog im Bemühen, sich aus dem Staub zu machen, unachtsam einige Kaktusstacheln um. Plötzlich tauchte Mrs. Cantrip in der Tür auf.
    »Dein Essen wartet fix und fertig in der Küche auf dich, Sean. Ich habe überall nach dir gesucht. Los jetzt, sonst wird’s eiskalt.« Dankbar marschierte

Weitere Kostenlose Bücher