Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Der Liebe Boeser Engel - Schuld Verjaehrt Nicht

Titel: Der Liebe Boeser Engel - Schuld Verjaehrt Nicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ruth Rendell
Vom Netzwerk:
ineinander aufgingen; Bücher, Bücher, Bücher, mein Lieber, Wordsworth-Zitate prasselten auf einen herab, daß es einem in den Ohren klang, und dann raunten die beiden sich noch zu, sie schöpften ihre Gedanken aus Tiefen, welche Tränen nicht betaun. Die ganze Zeit über saß die arme Elizabeth nur da, las die Vogue und konnte sich überhaupt nicht am Gespräch beteiligen.«
    »Ich glaube, du hast bestimmt ein Thema gefunden, über das ihr plaudern konntet«, sagte Wexford und trank seinen Tee. »Mir ist noch nie jemand begegnet, der so gut über - wie soll ich es ausdrücken? - die alltäglichen Nichtigkeiten Bescheid wußte.«
    »Reg, manchmal bist du hundsgemein. Eines möchte ich aber klarstellen: Elizabeth war keineswegs eine geistlose Frau. Auf ihre Art war sie nicht minder intelligent als Denys.«
    »Da ist er zwar anderer Meinung, aber reden wir nicht mehr davon.«
    »Warum sitzen wir eigentlich hier draußen? Ich habe Küchen noch nie leiden können, außerdem lechze ich nach meinem Gin. Prima, der Zigarrenqualm hat sich verzogen.«
    Marriott holte sich ein Glas und schob zwei Stühle an die offene Terrassentür. In dem kleinen, von einer Mauer umgebenen Garten wimmelte es von Schmetterlingen, die den Nektar des Fliederspeers aufsaugten und sich mit ausgebreiteten Flügeln auf den Steinen sonnten. Wexford ließ sich an einer Stelle nieder, wo er die kostbare Septembersonne spüren konnte, die sich bald rar machen würde. Die Wärme rief eine gewisse Trägheit in ihm hervor, und er ermahnte sich streng, geistig auf dem Posten zu bleiben.
    “Villiers verbrachte demnach ziemlich viel Zeit im Herrenhaus?« fragte er.
    »Glaube mir, man konnte praktisch keinen Fuß in das Haus setzen, ohne über ihn zu stolpern. Und als wäre das noch nicht genug gewesen, damit er und Quen sich herzlich satt bekamen, ging er auch noch in Urlaub mit ihnen.«
    »Das muß schlimm für Mrs. Nightingale gewesen sein, vor allem, weil die beiden sie von ihren Gesprächen ausschlossen. Für was hat sie sich eigentlich interessiert?«
    Marriott biß sich auf die Unterlippe und schien nachzudenken. »Laß mich mal überlegen«, sagte er mit der Miene dessen, der die Tiefen seiner Erinnerung auslotet. »Nun, sie nahm aktiv am gesellschaftlichen Leben teil, organisierte Veranstaltungen, saß in Komitees und so was. Daneben wandte sie mehrere Stunden am Tag für ihre Schönheitspflege auf. Sie kümmerte sich um die Blumen, arbeitete ein bißchen im Garten...«
    »Wirklich?« unterbrach ihn Wexford. “Vielleicht im Gewächshaus, zusammen mit Sean Lovell?«
    »Auf was willst du damit nur hinaus, alter Junge?«
    »Um es mit einem von Wordsworth’ Zeitgenossen auszudrücken:
    ‘Was Menschen Liebelei und Götter Sünde nennen
    Gedeiht viel besser dort, wo schwüle Dämpfe
    sengen.’«
    Marriott lächelte und machte große Augen. »Daher weht also der Wind?«
    »Na, mit dem alten Sir George Larkin-Smith wird sie sich kaum heimlich im Wald getroffen haben. Auch der Pfarrer von Myfleet und Will Palmer dürften wohl ausscheiden. Es sei denn, du warst es, Lionel.«
    »Ich war schon gespannt, wann du mich das fragen würdest.« Marriott rekelte sich wohlig im Sonnenschein und lachte. »Tut mir leid, aber ich war’s nicht. Und falls es dir wirklich ernst damit ist, Reg, wird dir Hypatia gern erklären, wo ich war. Das heißt wohlgemerkt nicht, ich hätte etwas gegen die Gelegenheit einzuwenden gehabt...«
    »Hast du es vielleicht sogar bei ihr probiert?«
    »Vielleicht.«
    Nun war Wexford mit Lachen an der Reihe. »Folglich landen wir wieder bei Sean Lovell, oder?«
    »Sie mochte Sean«, sagte Marriott. »Ich habe sie einmal getroffen, als sie aus dem Plattenladen hier in der High Street kam. Sie hatte gerade eine Single mit der Nummer eins der Hitparade gekauft. ‘Schließlich muß ich mit meinem kleinen Minnesänger Schritt halten’, hat sie gesagt. ‘Im Grunde ist er der einzige echte Nightingale in Myfleet - wir andern sind bloß komische Käuze.’ Fand ich ziemlich witzig. Elizabeth war nicht auf den Kopf gefallen.«
    »Eine ungewöhnliche Bemerkung«, sagte Wexford.
    »Ah, ich weiß nicht. Du liest da zuviel hinein, mein Bester. Ihr Polizisten seid alle furchtbar lüstern. Sean stellte sich manchmal unter Elizabeths Fenster und brachte ihr ein Ständchen. Vermutlich fühlte sie sich dadurch geschmeichelt und kam sich jünger vor. Es war ein Fall von vergötternder Huldigung auf der einen und geschmeicheltem Gewährenlassen auf der

Weitere Kostenlose Bücher