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Der Liebe Boeser Engel - Schuld Verjaehrt Nicht

Titel: Der Liebe Boeser Engel - Schuld Verjaehrt Nicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ruth Rendell
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grinsen! Sie sind genauso beschränkt wie die anderen, wie meine Alte mit ihren Makkern und ihrer Sauferei. Die einzige, die mich verstanden hat, war Mrs. Nightingale, und die ist tot.« Er wischte sich mit einem schmutzigen Ärmel über die Augen, ein Möchtegernkünstler, den seine Umgebung hartnäckig als gewöhnlichen Gärtner behandelte.
    »Was wollte Mrs. Nightingale denn für Sie tun?« fragte Burden nun etwas freundlicher.
    »Sie kannte da so einen Typ in London«, murmelte Sean. »Er ist bei der BBC, und sie hat mir hoch und heilig versprochen, mal meinen Namen zu erwähnen. Vielleicht als Sänger, vielleicht als Discjockey. Anfangs natürlich erst mal im kleinen«, fügte er bescheiden hinzu. »Man kann nicht anfangen und gleich groß einsteigen wollen.« Er seufzte. “Ich weiß nicht, was jetzt aus mir werden soll.«
    »Am besten, Sie halten sich an die Gärtnerei, werden endlich mal erwachsen und schlagen sich diese Rosinen aus dem Kopf«, sagteBurden. Seans haßerfüllter Blick ärgerte ihn. »Vergessen wir für den Augenblick mal Ihre Ambitionen. Warum haben Sie dem Chief Inspector gesagt, sie hätten sich im Fernsehen eine Sendung angesehen, die gar nicht im Programm war?«
    Sean schien es eher zu ärgern als zu erschrecken, daß man ihn bei seiner Lüge ertappt hatte. »Ich hab ferngesehen, aber dann hatte ich die Nase voll davon. Alf Tawney, der Macker meiner Alten, war den Abend über da. Die beiden haben mich angegrinst und sich lustig über mich gemacht, weil ich mir doch die Hitparade angesehen hab.« Sean spreizte die Finger um einen Apfel, bis seine Knöchel weiß hervortraten. »Einen Kerl nach dem anderen schleppt meine Mutter an, schon seit ich klein war, und denen geht’s nur darum, mich möglichst weit abzuschieben. Als ich ungefähr zehn war, hab ich gesehen, wie sich meine Mutter und einer dieser Männer küßten und abtatschten, da hab ich das Tranchiermesser genommen und ging auf sie los, das kann ich Ihnen sagen. Ich hätte sie umgebracht, ehrlich, bloß hat der Kerl mir das Messer weggenommen und mich geschlagen. Ich hätte sie umgebracht«, wiederholte er grimmig, dann brachte ihn der Ausdruck in Burdens Augen zum Schweigen. Verlegen sagte er: “Mir ist jetzt schnuppe, was sie macht, nur - nur daß es mir eben manchmal auf die Nerven geht.« Er löste seinen Griff und ließ den Apfel auf das Regal fallen. Burden bemerkte, daß er mit den Nägeln die Schale durchbohrt und tiefe saftige Wunden gerissen hatte.
    »Anscheinend lassen Sie Ihren Gefühlen ziemlich freien Lauf.«
    »Damals war ich zehn, das hab ich doch gesagt. Ich bin heute anders. Ich würde ihr kein Haar krümmen, ganz gleich, was sie macht.«
    »Ich nehme an«, sagte Burden, während Sean sich die klebrige Hand an seiner Jeans abwischte, »ich nehme an, Sie sprechen von Ihrer Mutter?«
    »Von wem denn sonst?«
    Burden zuckte leicht mit den Achseln. »Ihre Mutter und Alf Tawney gingen Ihnen also auf die Nerven. Wohin sind Sie gegangen?«
    »Runter in meine Hütte. Ich war ganz allein und habe nachgedacht.« Er seufzte tief, stand auf, wandte Burden den Rücken zu und fing wieder an, die Äpfel umzusortieren. »Bloß nachgedacht und - und zugehört.« Die von seinen Händen angestoßenen Früchte rollten in das Regal. Sehr leise begann er wieder zu pfeifen. Sein Gesicht war nicht minder leuchtend rot als die Äpfel. Als er sich zum Gehen wandte, fragte sich Burden, weshalb.
     
    »Denys ist immer in Urlaub mit ihnen gefahren«, sagte Marriott. »Mit beiden, meine ich. Aber vor zwei Jahren mußte er mit Elizabeth allein fahren. Quen hatte die Masern, der Arme. Äußerst demütigend. Elizabeth hat mir erzählt, daß es ihr bei dem Gedanken graute, Denys in Dubrovnik am Hals zu haben, aber Quen meinte, er werde es ihnen nie verzeihen, wenn sie seinetwegen zu Hause blieben, deshalb blieb ihnen keine Wahl.
    Jedenfalls müssen sie sich die ganze Zeit in den Haaren gelegen haben, denn sie sahen beide miserabel aus, als sie zurückkamen. Damals wurde das Verhältnis zwischen Denys und Quen merklich kühler, und Denys kam den ganzen Winter über nicht mehr ins Herrenhaus. Aber eines Tages - es muß im Juni vergangenen Jahres gewesen sein - war ich bei ihnen zu Besuch, als plötzlich Denys zur Tür hereinkam. ‘Ein Wunder, daß du die Adresse noch weißt’, hat Quen gesagt, aber ich sah gleich, daß er außer sich vor Freude war. ‘Ich bin nur gekommen’, antwortete Denys, ‘um dir zu sagen, daß ich nächsten Monat nicht

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