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Der Liebe Boeser Engel - Schuld Verjaehrt Nicht

Titel: Der Liebe Boeser Engel - Schuld Verjaehrt Nicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ruth Rendell
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daran ab. Dann ging sie über die Straße, stopfte den Schal in einen hohlen Baum und verbrannte ihren Pullover auf Palmers Unkrautfeuer.
    Ist damit nicht alles gesagt? Als Georgina nach Hause kam und mir erzählte, was sie getan hatte, gestand ich ihr die ganze Geschichte. Ich erzählte ihr von der Erpressung und der Sache mit dem Schmuck.
    Ich weiß, was Sie mich jetzt fragen werden. Warum habe ich als Geliebter und bester Freund meiner Schwester Ihnen meine Frau nicht unverzüglich ausgeliefert? Und wahrscheinlich haben Sie sich schon selbst die Antwort darauf gegeben, nämlich daß ich fürchtete, unser Verhältnis könnte ans Licht kommen. Aber ganz so war es nicht. Vor Gram und Entsetzen war ich wie gelähmt, doch sogar in diesem Augenblick wollte ich mein Leben retten. Nun, wo Elizabeth tot war, konnte ich vielleicht doch noch zur Ruhe kommen, meinen Frieden finden, glücklich sein und ein Leben ohne Lüge führen.
    Der Mensch ist ein merkwürdiges Wesen, Mr. Wexford. Er hat sich so weit über die anderen Tiere erhoben, daß ihm Darwins Theorie absurd und als ungeheuerliche Beleidigung erscheint. Aber dennoch hat er den stärksten Instinkt mit ihnen gemeinsam: den Selbsterhaltungstrieb. Die ganze Welt um ihn herum kann in Schutt und Asche liegen, und er sucht dennoch nach einem stillen Winkel, in den er sich verziehen kann, und klammert sich an seine Hoffnung, daß es, ganz gleich, welche Schicksalsschläge ihn auch getroffen haben, nie zu spät sein kann.
    In diesem Augenblick haßte ich Georgina. Ich hätte sie erwürgen mögen. Doch ich sagte mir, was geschehen ist, war meine Schuld. Ich hatte es getan. Ich tat es, als ich vor so vielen Jahren zu dem Fest ging. Statt gewalttätig gegen sie zu werden, nahm ich sie daher in die Arme und roch Elizabeths Blut an ihrem Haar und unter ihren Fingernägeln. Ich wusch die Taschenlampe ab und warf die feuchten Batterien weg. Georgina ließ ich ein Bad ein und wies sie an, sich die Haare zu waschen. Den Rock und die Bluse, die sie getragen hatte, verbrannte ich in dem Heizkessel in der Küche.
    Ich sah keinen Grund, weshalb Sie Georgina verdächtigen sollten, denn sie hatte kein klares Motiv, und deshalb wurde ich auch so hysterisch, als Sie uns die Nachricht von dem Testament brachten. Meine Frau festzunehmen und sie wegen des falschen Motivs zu verurteilen! Welche Ironie des Schicksals.
    Sie war sehr nervös und parierte Ihre Angriffe sehr schlecht. Als wir allein waren, erklärte sie mir, sie würde gern ein Geständnis ablegen, denn Sie und jeder vernünftig denkende Mensch würden Verständnis für sie haben. Ich hielt sie davon ab. Ich dachte, wir hätten noch eine Chance. Dann zitierten Sie mir diese Stelle aus Byrons Lara, und ich begann, mir vorbereitende Notizen zu dieser Erklärung zu machen.
    Jetzt ist alles vorbei.
    Sie werden Georgina nicht zu hart zusetzen, davon bin ich überzeugt, und mir ist klar, daß während ihres Prozesses jeder Zeitungsleser in diesem Land mit Leib und Seele Partei für sie ergreifen wird, und dies gilt auch für diejenigen, deren Stimme mehr Gewicht hat, den Richter und die Geschworenen. Sie wird zwei oder drei Jahre ins Gefängnis gehen, doch irgendwann wird sie wieder heiraten, die ihr unentbehrlichen Kinder haben und das geordnete und beschauliche Leben führen, nach dem sie sich sehnt. June hat schon vor langer Zeit wieder geheiratet. Bald wird Quentin seine kleine Holländerin als Gutsherrin von Myfleet heimführen, und wenn sie ihm untreu wird, so werden es ganz normale, alltägliche Seitensprünge sein, die mein Schwager mit einer ihm hoffentlich nicht zu schwerfallenden Fassung ertragen wird. Was Elizabeth angeht, so starb sie auf dem Gipfel ihrer Liebe und ihres Triumphs, und gerade rechtzeitig, um die Schmerzlichkeit des Altwerdens nicht mehr erleben zu müssen.
    Tatsächlich ließe sich mit Wilde sagen, daß die Guten ein glückliches und die Bösen ein unglückliches Ende nahmen, denn dies ist der Sinn der Dichtung. Vielleicht sollte es auch der Sinn des wahren Lebens sein. Mit anderen Worten, ich habe meinen wohlverdienten Lohn empfangen. Ich habe keine Ahnung, was ich jetzt tun soll, aber ich halte es für unwahrscheinlich, daß nach dem Prozeß noch irgendeine Schulbehörde auf meine Dienste als Lehrer Wert legt.
    Das ist mir herzlich gleichgültig. Ich glaube, der Skandal wird mir keine schlaflosen Nächte bereiten, und falls mich die Leute schneiden, so komme ich auch ohne sie aus. Den einzigen Menschen, ohne

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