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Der Liebe Boeser Engel - Schuld Verjaehrt Nicht

Titel: Der Liebe Boeser Engel - Schuld Verjaehrt Nicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ruth Rendell
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läßt sich doch was draus machen, Harry. Terrorisiert die Bevölkerung, Mütter wagen Kinder nicht aus den Augen zu lassen. Kann eine Frau sich sicher fühlen, solange diese wilde Bestie unsere Gefilde durchstreift?«
    »Er ist gefunden worden, Sir. In einer Mülltonne.«
    »Sergeant, wenn ich nicht wüßte, daß Sie dazu gar nicht fähig sind, würde ich sagen, Sie machen sich über mich lustig.« Wexford bebte vor verhaltenem Lachen. »Wenn Inspector Burden kommt, sagen Sie ihm, daß ich gegangen bin, ja? Ich möchte gern für ein paar Stunden unseren Altweibersommer genießen.«
    “St. Lukas Little Summer, Sir.«
    “Tatsächlich? Ich lasse mich belehren. Wünschte, ich hätte die Zeit, solch faszinierende Einzelheiten meteorologischen Wissens auszugraben. Sie können mitfahren, Harry, falls Sie mit Ihrem Affenzirkus hier fertig sind.«
    Camb feixte. »Die Firma dankt«, sagte Wild.
    Es war schon nach fünf, aber immer noch sehr warm. Der Sergeant reckte sich und wünschte, Constable Peach käme, damit er ihn in die Kantine schicken konnte, frischen Tee zu holen. Noch eine halbe Stunde, dann hatte er Feierabend.
    Kurz darauf klingelte das Telefon.
    Eine Frauenstimme, tief und wohltönend. Schauspielerin, dachte Camb. »Entschuldigen Sie, wenn ich störe, aber mein kleiner Sohn... Er ist - also, er hat draußen gespielt, und jetzt ist er - er ist verschwunden. Ich weiß nicht... mache ich vielleicht zuviel Aufhebens?«
    »Nicht im mindesten, gnädige Frau«, sagte Camb beruhigend. »Dazu sind wir ja da, daß man uns stört. Wie war der Name?«
    »Lawrence. Ich wohne Fontaine Road 61, in Stowerton.«
    Camb zögerte einen Moment. Dann fiel ihm ein, daß Wexford angeordnet hatte, alle Fälle vermißter Kinder sollten ans C.I.D, gemeldet werden. Sie wollten keinen weiteren Fall Stella Rivers...
    »Machen Sie sich keine Sorgen, Mrs. Lawrence, ich verbinde Sie mit jemandem, der Ihnen helfen wird.« Er stellte durch, hörte Sergeant Martins Stimme, legte auf.
    Sergeant Camb seufzte. Schade, daß Harry ausgerechnet jetzt gegangen war, gerade wenn die einzige Neuigkeit seit Wochen kam. Er konnte den armen alten Harry anrufen... Morgen genügte auch noch. Das Kind würde man sowieso finden, wie den Affen. Verlorengegangene Menschen und Sachen fanden sich in Kingsmarkham normalerweise wieder, und das in mehr oder weniger gutem Zustand. Camb drehte den Kopf in der Sonne wie eine Scheibe Toast vor einem offenen Feuer. Es war zwanzig nach fünf. Um sechs würde er sich in Severn Court, Station Road an den Abendbrottisch setzen; danach ein kleiner Gang mit seiner Frau zum Dragon, dann fernsehen...
    »Kleines Nickerchen, Sergeant?« ertönte eine eisige Stimme, scharf wie eine frisch ausgepackte Rasierklinge. Camb kippte vor Schreck beinah vom Stuhl.
    »Oh, Entschuldigung, Mr. Burden. Das ist die Wärme, sie macht einen schläfrig. St. Lukas Little Summer nennt man das, weil...«
    »Sind Sie denn ganz und gar von der Rolle, verdammt noch mal?« Burden hatte früher nie geflucht. Sie hatten sich sogar über ihn lustig gemacht auf dem Revier, weil er den Namen des Herrn nie mißbräuchlich führte oder verdammt sagte oder all die üblichen Dinge. Camb hatte es früher besser gefallen. Er fühlte, wie er rot wurde, und nicht von der Sonne. “Gibt’s was für mich?« blaffte Burden.
    Camb sah ihn traurig an. Inspector Burden tat ihm entsetzlich leid, sein Herz zog sich zusammen für den leidgeprüften Kollegen, und deshalb verzieh er ihm die Demütigung und Zurechtweisung vor Martin und Gates und sogar vor Peach. Camb konnte sich nicht vorstellen, wie es war, seine Frau zu verlieren, die Mutter seiner Kinder, und allein und verzweifelt zurückzubleiben. Burden war so dünn. Die Backenknochen zeichneten sich scharf unter der straff gespannten Haut ab, und seine Augen glitzerten bösartig, wenn man ihn flüchtig ansah, aber wenn man genauer hinschaute, war der Anblick fast nicht zu ertragen. Er war mal ein recht ansehnlicher Mann gewesen. Englischer Typ, blond und mit frischem Teint. Aber jetzt waren alle Farbe und alles Leben aus ihm gewichen, und er wirkte grau. Er trug noch immer eine schwarze Krawatte, so eng zusammengezogen, daß man meinte, sie müsse ihn erwürgen.
    Damals, als es geschehen war, hatte der Sergeant wie alle anderen sein Beileid ausgedrückt, und das war in Ordnung, es wurde erwartet. Später dann hatte er versucht, etwas Herzlicheres, Persönlicheres zu sagen, und Burden hatte sich gegen ihn gewandt wie einer,

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