Der Liebe Gott Macht Blau
begab sich Pirjeri in den Vatikan. Begleitetwurde er von zwei katholischen Engeln, die früher dort tätig gewesen waren. Sie benachrichtigten die Kardinäle. Gott war in der Sixtinischen Kapelle eingetroffen und würde bald dem Papst persönlich erscheinen.
Pirjeri wusste, dass die Sache nicht ganz nach Protokoll ablaufen würde. Er war immerhin Gott, wenn auch nur stellvertretender, und der Papst war nach der katholischen Lehre sein Untergebener und im Bedarfsfall sein Stellvertreter auf Erden. Der Papst hätte ihn um eine Audienz bitten müssen und nicht umgekehrt. Pirjeri war jedoch kein eitler Gott und sagte sich, dass er dem Papst seinen großen Auftritt gönnen wollte, immerhin befand man sich auf seinem Boden, im Kirchenstaat.
Nach fünfzehn Minuten kamen Pirjeris Engelsbegleiter beschämt zu ihm zurück. Sie berichteten, dass der zuständige Kardinal in der päpstlichen Kanzlei sie nur widerwillig empfangen habe. Er habe ihre Worte nicht für voll genommen, habe angeblich genug von all den irren Besuchern und hatte damit gedroht, die Engel rauszuschmeißen, wenn sie nicht von allein verschwinden würden. Es gebe nicht die geringste Chance, den Papst zu sprechen, habe er den Engeln unmissverständlich mitgeteilt.
Pirjeri wurde wütend und beschloss, selbst zum Kardinal zu gehen. Die Engel führten ihn in die Privaträume des Vatikans, zur Wohnung des Papstes. Sie wanderten gemeinsam durch die Innenräume des Palastes, bis sie zu einer riesigen Treppe kamen, die in die obere Etage, in den Clementinasaal, führte. In dem großen Raum gab es keinerlei Möbel, aber ansonsten war er reich mit Skulpturen und Gemälden geschmückt. In diesem Saal war die Schweizer Garde postiert. Ein paar Wächter in prächtigen Uniformenwollten von Gott und seinen Begleitern wissen, in welcher Angelegenheit sie im Palast unterwegs seien. Pirjeri starrte dem Offizier der Gardisten nachdrücklich in die Augen, und der ließ sie bereitwillig passieren. Weiter ging es zur Wohnung des Papstes. Sie durchquerten mehrere Säle, bis sie vor der Tür des ungläubigen Kardinals standen, der die päpstliche Kanzlei bewachte. Pirjeri trat ein. Der Gesuchte saß im roten Mantel hinter einem großen Tisch aus Edelholz und rauchte eine Zigarre. Als er Pirjeri und die Engel entdeckte, blickte er gereizt und bedeutete ihnen mit einer Geste, sich zu entfernen.
Pirjeri warf einen strengen Blick auf den hochmütigen Kardinal. Der Unterkiefer des Mannes klappte herunter, die Zigarre fiel auf den Schreibtisch, und ihm entfuhr ein Ausruf ungläubigen Staunens. Der Kardinal sah zum ersten Mal in seinem Leben Gott in eigener Person. Demütige Andacht erfüllte ihn, er war jetzt überzeugt. Er drückte seine Zigarre aus, erhob sich, huschte herbei und warf sich ächzend vor seinem Gott auf die Knie. Pirjeri gab ihm ein Zeichen, er solle aufstehen, und befahl ihm dann, dem Papst die Bitte um eine Audienz zu überbringen. Der Kardinal rappelte sich auf und eilte mit flatternden Mantelschößen davon, um den Papst über Gottes Erscheinen zu informieren.
Stotternd erklärte er dem Papst, dass in der Kanzlei Gott in eigener Person warte, oder vielmehr dessen Stellvertreter, der gebürtige Finne Pirjeri Ryynänen. Gott sei in den Vatikan gekommen, um dem Papst zu erscheinen und ihm Anweisungen zur Weiterentwicklung der katholischen Lehre zu geben.
»Ich kenne den Mann nicht«, sagte der Papst.
Der Kardinal versicherte, dass in der Kanzlei tatsächlich der allmächtige Gott warte, da gebe es gar keinen Zweifel. Der Papst täte gut daran, Gott sofort zu empfangen. Und er fügte hinzu, dass er Gottes Zorn fürchte.
Der Papst dachte nach. Hatte der Kardinal den Verstand verloren? Das war gut möglich, denn gerade er war trotz seiner Begabung manchmal doch recht einfältig. Aber wenn er nun Recht hatte? Existierte Gott tatsächlich?
Der Papst spürte, dass sein Glaube auf die Probe gestellt wurde, und er musste sich eingestehen, dass er trotz seiner Frömmigkeit Zweifel an der Existenz Gottes hatte. Er hielt es für übertrieben, dass Gott sich die Mühe machte, persönlich auf die Erde zu kommen, um mit ihm, dem Papst, zu sprechen. Was hatte Gott im Vatikan zu schaffen? Da glaubte er schon eher, dass es sich wieder mal um einen jener durchgeknallten Besucher handelte, die immer wieder versuchten, zu ihm vorzudringen, jemanden, der eine Pistole in der Brusttasche trug oder der dem Vatikan den Diamantenschmuck seiner Großmutter schenken wollte.
»Nun, schauen
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