Der Liebe Gott Macht Blau
habe sich, wie er sagte, mit seinem Schicksal abgefunden.
»Holt Moses her«, befahl Pirjeri, und bald erschien der alte Patriarch im Turmzimmer. Als er Obadja sah, eilte er gerührt auf ihn zu, umarmte ihn und befragte ihn nach seinem Ergehen.
»Mir geht es gut«, erklärte Obadja leicht erstaunt. Petrus und Gabriel nickten dazu. Man hatte den Mann keineswegs schlecht behandelt.
Pirjeri erkundigte sich, ob man Obadja mit Ausweisung in die Hölle gedroht habe.
Der Prophet sah Petrus und Gabriel an, zögerte einen Moment, wollte anscheinend nicht gern über das Thema sprechen.
»Scheue dich nicht, die Wahrheit zu sagen«, forderte Pirjeri ihn auf.
»Nun ja, diese Situation hat es schon gegeben, das kann ich nicht leugnen, es war vor einem halben Jahrhundert, als mir eine Liste mit hunderttausend Gebeten abhanden gekommen war, sie war einfach verschwunden … zu jener Zeit hatte ich alle Hände voll zu tun, der Weltkrieg war im Gange, und die Menschen beteten pausenlos. Als die verschwundenen Gebete nicht wieder auftauchten, kam der Gedanke auf, dass man mich … in die Hölle schicken wollte … keine Ahnung, was dann passiert wäre.«
Petrus räusperte sich und erklärte, dass das Verbummeln von hunderttausend Gebeten eine schwerwiegende Schlamperei sei, auf die im Allgemeinen eine Strafe folgte,sogar hier im Himmel. Er selbst erinnerte sich nicht mehr ganz genau an den Fall, möglich, dass mit der Hölle gedroht worden war, aber das war mehr ein deftiger Scherz, war schwarzer Humor gewesen.
Obadja nickte, ja, so habe auch er die Sache damals verstanden, obwohl Petrus’ und Gabriels Drohung ihn schwer getroffen habe. Er habe versucht sich zu bessern, und danach war kein einziges Gebet mehr durch sein Verschulden abhandengekommen. Selbst die dümmsten von ihnen habe er sorgfältig abgeheftet.
»Gut, dass wir das geklärt haben. Merkt euch, Petrus und Gabriel, dass ihr kein Recht habt, jemanden aus dem Himmel zu vertreiben, am allerwenigsten alte Propheten. Und im Himmel ist auch kein Platz für schwarzen Humor. Ja, wie steht es nun mit Paulus und Michael, wo mögen sie sein?«
Der heilige Petrus beeilte sich zu erklären, dass alle beide ihre Ruhe haben wollten, sie hatten schon vor geraumer Zeit ihre administrativen Aufgaben niedergelegt und sich ins Privatleben zurückgezogen. Falls der amtierende Gott es wünschte, würden sie zur Verfügung stehen, aber sie wollten sich am liebsten aus den verworrenen Angelegenheiten der Menschheit heraushalten. Paulus weilte momentan in Argentinien, und Michael hauste in einer kleinen Nonnenzelle in der Kelleretage dieses Schlosses und wollte niemandem begegnen, wenn es nicht unbedingt sein musste.
Pirjeri kündigte an, irgendwann, wenn er mehr Zeit hätte, persönlichen Kontakt zu den beiden heiligen Männern aufzunehmen. Er dankte den anwesenden Heiligen und erklärte, dass er sich ausruhen wolle, denn er sei sehr erschöpftvon seinem Kampf gegen die Orkane. Zuvor erinnerte er Moses noch einmal an die Reise nach Kerimäki.
»Da wir gerade von Gebeten sprachen«, warf Petrus rasch ein. »Die römisch-katholische Welt, also jene Menschen, die an den Papst glauben, beten ständig, dass der Papst ihnen das Recht auf Ehescheidung gewähren möge. Wie ist es, allmächtiger Pirjeri Ryynänen, wäre es denkbar, dass Sie den Papst kontaktieren und mit ihm sprechen?«
Der Erzengel Gabriel war derselben Meinung:
»Jetzt wäre es höchste Zeit, dass Gott dem Papst erscheint und Klartext mit ihm redet. Das bestehende Ehegesetz ist nicht das einzige Problem, das den Katholiken zu schaffen macht. Auch die negative Haltung des Papstes zur Geburtenregelung und zur Abtreibung bedrückt sie von Jahr zu Jahr mehr, wie wir aus den Gebeten der katholischen Frauen schließen können. Jede fünfte Frau aus Lateinamerika betet für die Vereinfachung von Ehescheidung, Geburtenregelung und Abtreibung.«
Pirjeri fragte nach Moses’ und Obadjas Meinung. War es wirklich angebracht und empfehlenswert, dass er in seiner Eigenschaft als Gott den Vatikan besuchte und dem Papst erschien?
Moses erklärte, dass der gegenwärtige Papst ein konservativer Mann sei, der sich wohl kaum in Glaubensdingen belehren lassen würde, selbst wenn es Gott persönlich versuchte. Obadja hingegen fand, dass es immer den Versuch lohnen würde. Vielleicht würde sich der Papst, wenn er den lieben Gott selbst vor Augen hätte, aufgeschlossener für einen moderneren Glauben zeigen. So dachte auch Pirjeri.
Am Morgen
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