Der Liebesbeweis
beide.
Jess nach Hause zu schicken war Katie sehr schwer gefallen, doch sie wusste, dass es die richtige Entscheidung war. Sie fühlte sich immer besser in ihrer neuen Rolle. Das Ganze war eine Frage der Macht. Vor dreizehn Jahren hatte sie keine Macht gehabt und sich Jess ausgeliefert. Aber das würde sie nicht mehr tun.
Jetzt hatte sie ihre Macht zurückgewonnen. Dabei hatte sie ihm höchste Lust bereitet, das hatte sie sehen können. Wie schön und wie erregend!
Als sie ihm sagte, sie sei noch nicht so weit, mit ihm zu schlafen, hatte sie nicht gelogen. Das würde sie ihm erst gestatten, wenn sie sich selbstbewusst fühlte und keine Angst haben musste, dass sich das Kräfteverhältnis wieder verschob.
Während sie die Fonduetöpfe abwusch, klingelte ihr Handy. Sie ließ die Mailbox anspringen und hörte sie hinterher ab. Es war Jess, der eine Nachricht hinterlassen hatte.
“Ich ahne, was du gerade tust”, sagte er. “Deshalb rufe ich an, um dich daran zu erinnern, dass ich dich zu diesem Höhepunkt hätte bringen können, wenn du mich nicht weggeschickt hättest. Du bist nicht die Einzige, die Oralsex gut beherrscht, Katie Peterson.”
Das war eine ziemlich lange Rede für Jesses Verhältnisse. Er klang gereizt. Wunderbar, dachte sie. Wenn sie ihn endlich von der Leine ließ, durfte er ruhig ein bisschen wild und ausgehungert sein.
“Der andere Grund, weshalb ich anrufe, ist, dass ich dich morgen zum Lunch einlade. Ich finde, wir sollten uns bei Tageslicht treffen. Ich kann dich um halb eins am Sender abholen. Bitte sag mir Bescheid.”
Katie ließ fünfzehn Minuten verstreichen, in denen sie rasch ein paar Kniebeugen machte, um außer Atem zu sein. Dann rief sie ihn an.
“Hallo!” Sie schnappte dramatisch nach Luft. “Ich habe deine Nachricht erhalten.”
Er stöhnte. “Rufst du mich dabei oder danach an?”
“Wobei?” Zufrieden registrierte sie, dass er auf ihren Trick hereinfiel.
“Das weißt du sehr genau. Dein Atem verrät, was du tust. Davon kannst du blind werden, weißt du das?”
“Glaubst du wirklich noch an diese alten Märchen?”
“Nein. Ich habe nur Spaß gemacht.”
“Vielleicht glaubst du doch daran und schämst dich nur, es zuzugeben. Das würde jedenfalls erklären, weshalb du heute Abend so verzweifelt warst.”
“Ich war nicht verzweifelt!”, protestierte Jess.
“Und ob du verzweifelt warst. Aber das macht nichts. Ich hatte meinen Spaß. Den habe ich immer noch”, fügte sie hinzu und dachte: Indem ich dich an der Nase herumführe, Süßer.
“Du machst es jetzt gerade? Während du mit mir redest?”
“Wieso nicht? Gibt es ein Gesetz dagegen?”
“Nicht zu fassen. Andererseits passt das gut zu deinem Plan, mich in den Wahnsinn zu treiben.”
“Und wie komme ich damit voran?”
“Viel zu gut.”
“Bist du schon wieder erregt?”
“Vergiss es.” Sein heiserer Ton verriet ihn. “Wenigstens weiß ich, dass du keinen Vibrator benutzt, denn ich höre kein Summen.”
“Rate mal, was ich benutze.”
“Nein.”
“Keine Kerze. Das hatte ich schon. Ich mag Abwechslung. Na los, rate.”
“Katie, ich lege jetzt auf.”
“Aber ich habe dir noch gar nicht gesagt, ob ich mich mit dir zum Lunch treffe. Ich dachte, du wolltest eine Antwort.”
“Wollte ich auch, aber mittlerweile frage ich mich, ob das mit dem Lunch eine so gute Idee ist. Wer weiß, was du da wieder ausprobierst.”
Sie lächelte triumphierend. Offenbar hatte sie es geschafft, ihn zu überzeugen. “Wenn wir uns nicht zum Lunch treffen, wirst du es nie erfahren.”
“Dann kommst du also?”
“Interessante Wortwahl”, bemerkte sie. “Ja, ich werde kommen.”
“Ich meinte zum Lunch.”
“Das auch.”
“Ich lege jetzt wirklich auf”, versicherte er ihr. “Ich werde nicht zuhören, wie du zum Höhepunkt gelangst.”
“Gut, ich wollte nämlich selbst gerade auflegen. Ich brauche zwei Hände.”
“Katie!”
“Wiederhören, Jess. Denk an mich.” Sie legte auf und amüsierte sich köstlich.
6. KAPITEL
Als Jess am Montagmorgen seinen Pick-up um die Absperrungen herumlenkte und am Gebäude des Senders KRZE vorbeilenkte, war er voller Vorfreude, obwohl Katie neuerdings eine echte Herausforderung darstellte. Früher war sie nicht so gewesen. Aber er sollte nicht allzu überrascht sein, dass sie sich in dreizehn Jahren verändert hatte. Eine Radiomoderatorin musste frech sein, oder sie konnte ihren Job aufgeben.
Er parkte und bemerkte, dass die Zahl der Demonstranten, die
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