Der Liebesbeweis

um es zu retten.’ Er kann also nicht das Gleiche für mich empfinden, wie ich für ihn.”
    “Ich habe keine Ahnung, was er tun könnte, um es zu retten. Er könnte seine Karriere gefährden, wenn er sich weigert, das Hochhaus auf dem Grundstück zu errichten, und das scheint mir ein überflüssiges Opfer zu sein. Man würde einfach eine andere Firma mit dem Bau beauftragen. Du willst doch nicht, dass er sich ohne vernünftigen Grund opfert, oder?”
    “Nein.” Katie sah keinen Ausweg. “Aber wenn er weitermacht, wird diese Sache immer zwischen uns stehen. Gewinne hingegen ich, und das Projekt wird gestoppt, wird er wütend auf mich sein. Also muss ich wohl aufhören, ihn zu sehen. Mal abgesehen davon, dass er nach dem Sex eingeschlafen ist.”
    Cheryl runzelte die Stirn. “Willst du dich wirklich nicht mehr mit einem Mann treffen, der dir multiple Orgasmen beschert? Das verstößt gegen das Gesetz für vernünftiges Verhalten von Personen weiblichen Geschlechts.”
    Trotz ihres Elends musste Katie lachen. “Das hast du dir ausgedacht.”
    “Na ja, wenn es ein solches Gesetz nicht gibt, sollte es eines geben, und dann würdest du eindeutig dagegen verstoßen. Er hat mit dem Bau des Hochhauses noch nicht angefangen, oder? Wie wäre es, wenn du mit deiner Wut auf ihn wartest, bis er es wirklich tut?”
    Katies Laune besserte sich, wie immer, wenn sie mit Cheryl redete. “Und bis dahin genieße ich den großartigen Sex?”
    “Genau.”
    “Und was ist mit der Liebe?”
    “Vielleicht bist du in ihn verliebt, vielleicht auch nicht. Du stehst unter dem Einfluss all dieser wundervollen Orgasmen, das könnte dein Denken beeinträchtigen. Wenn du das Haus deiner Großmutter verlierst, was ich nicht hoffe, und du trotzdem noch etwas für ihn empfindest, ist es wahrscheinlich Liebe und nicht bloß Sex.”
    “Und wenn ich siege und das Projekt scheitert, lässt er mich fallen.”
    “Es sei denn, er verliebt sich in dich”, konterte Cheryl.
    Katie konnte nicht so tun, als hätte sie daran nicht gedacht. Letzte Nacht hatte es einen Moment gegeben, als Jess ihr die Augenbinde abnahm, da hätte sie schwören können, etwas Tieferes als Begierde in seinen Augen zu sehen. Aber sie traute ihrer Wahrnehmung nicht. Möglicherweise erlag sie reinem Wunschdenken.
    Jess hatte Katie den Spitzenbody nach ihrer Sendung bringen wollen. Aber nach dem Gespräch mit Gabe konnte er schlecht zum Sender hinübergehen und es riskieren, dort gesehen zu werden. Von jetzt an musste er seine Beziehung zu ihr geheim halten. Am sichersten wäre es daher, zu ihr zu fahren.
    Da ihre Wohnung von seinem Haus weit entfernt lag, entschloss er sich, den Jaguar zu nehmen und unterwegs ihre Sendung zu hören. Das war nicht die klügste Entscheidung, denn allein der Klang ihrer Stimme erregte ihn.
    “Heute Abend sprechen wir über Liebesbisse”, verkündete sie.
    “Liebesbisse?” Er drehte das Radio lauter. Sicher, er hatte sie ein paar Mal zärtlich gebissen, aber das war kein richtiges Beißen gewesen.
    “Ich bin sicher, die meisten Frauen, die jetzt zuhören, haben schon einmal einen Knutschfleck gehabt. Man sollte meinen, Männer würden eher ihre Zähne bei ihrer Partnerin einsetzen. Aber dem ist nicht so.”
    Jess hatte Katie nie einen Knutschfleck verpasst. Er hielt Männer, die ihre Frauen markieren mussten, für unsicher.
    “Erstaunlicherweise beißen Frauen öfter als Männer. Eine Theorie besagt, dass Männer ihre Leidenschaft durch energischere Gesten ausdrücken. Beißen kann sexuell stimulierend sein, aber wir reden hier nicht über Werwölfe und Vampire, Leute. Kleine, zärtliche Bisse zur richtigen Zeit können für beide Partner aufregend sein. Zum Beispiel vor oder während des Höhepunktes. Es kann ein Zeichen der Erregung sein.”
    Katie hörte sich an, als wollte sie mehr davon. Er würde es beim nächsten Mal berücksichtigen. Wenn er es genau bedachte, hätte er auch nichts gegen ein paar zärtliche Bisse von ihr. Vielleicht tat sie das erst, wenn ein Mann sie richtig wild machte. Das war ein deprimierender Gedanke.
    “Wir machen eine kurze Werbepause. Aber bleibt dran, ich bin gleich wieder da mit dem heutigen Gast meiner Sendung, Dr. Edna Reid, die uns erzählen wird, wieso kleine Jungs große Löcher in die Erde buddeln und wieso manche diese Besessenheit im Erwachsenenalter beibehalten und Bagger benutzen, um die gleiche kindliche Befriedigung zu erlangen.”
    Wenn sie ihn heute Abend in ihre Wohnung ließ, könnte er