Der Liebesbeweis
versuchen, sie so heftig zu erregen, dass sie Lust hatte, ihn zu beißen. Verdammt, jetzt kam es ihm schon wie ein Qualitätszeichen vor. Wenn er ohne Spuren von Liebesbissen von ihr wegführe, wäre er nicht gut gewesen.
Er musste sich der Tatsache stellen, dass sie erfahrener war als er. Die Sache mit der Augenbinde, zum Beispiel. Als sie das letzte Nacht vorschlug, hatte er gefragt, ob sie auch auf Fesselspiele stand. “Nicht dieses Mal”, lautete ihre Antwort. Offenbar würzte sie ihr Sexleben gern mit ausgefallenen Ideen. Und er fuhr zu ihr und hatte lediglich ihren Body dabei. Er sollte irgendwo anhalten und etwas besorgen. Dadurch würde er zwar den Rest ihrer Sendung verpassen, aber wenn er Bissspuren wollte, brauchte er einen Plan. Er brauchte Hilfe … er brauchte eine Ausgabe des Kamasutra.
Dreißig Minuten später fuhr er wieder Richtung Katies Wohnung. Katie und ihre verrückte Soziologin beantworteten gerade Fragen von Hörern.
“Hallo, mein Name ist Gabe”, sagte eine vertraute Stimme. “Ich wollte nur mal fragen, ob ich diese Theorie richtig verstanden habe.”
Jess fluchte leise. Das machte Gabe absichtlich, da er wusste, dass Jess zuhörte. Offenbar hatte er sich heute Abend zu Jesses Gewissen aufgeschwungen.
“Wie lautet Ihre Frage, Gabe?”, wollte Katie wissen.
“Dr. Reid meinte, Jungs graben Löcher, weil wir zurück in den Mutterleib wollen.”
“Das ist richtig”, meldete sich die Soziologin zu Wort.
“Und dass Männer aus demselben Grund Sex haben?”
“Exakt”, antwortete Dr. Reid.
Jess seufzte. Er sah die neuen Protestschilder schon vor sich – “Geht heim zu Mama, Jungs”. Seine Arbeiter würden vor Wut schäumen.
“Wieso haben Frauen dann Sex? Wünschen sie, sie hätten einen Pe …”
“Oje, wir sind spät dran mit der nächsten Werbepause”, unterbrach Katie ihn. “Danke für Ihren Anruf, Gabe.”
Jess hielt vor Katies Wohnkomplex. Diese Situation geriet außer Kontrolle. Dass sein Freund in der Sendung anrief, hatte ihm gerade noch gefehlt. Vielleicht erwarteten die Arbeiter, dass jemand sie verteidigte, und Gabe hatte diese Aufgabe einfach übernommen. Morgen würden sie ihm für den Kommentar, den er fast abgegeben hatte, auf die Schulter klopfen. Jess gefiel nicht, worauf das alles hinauslief. Die Emotionen kochten in dieser Sache viel zu hoch.
Katies Sendung war fast zu Ende, doch würde sie frühestens in fünfzehn bis zwanzig Minuten zu Hause sein. Daher beschloss Jess, im Auto zu warten und sich das bebilderte Kamasutra anzusehen, das er sich vorhin gekauft hatte.
Er ließ das Fenster herunter und das Radio an, um sich den Rest der Sendung anzuhören. Dann nahm er eine Taschenlampe aus dem Handschuhfach und begann zu lesen.
“Männer buddeln nicht nur gern Löcher”, sagte Dr. Reid, “sie lieben auch Matschlöcher. Wenn das kein Hinweis ist, weiß ich es nicht.”
“Ich habe als Kind auch gern im Matsch gespielt”, sagte Katie. “Bedeutet das, dass ich zurück in den Mutterleib wollte?”
“Selbstverständlich. Aber jetzt spielen Sie ja nicht mehr in Matschlöchern, oder?”
Katie lachte. “Nein, jetzt nicht mehr. Aber ich hatte einige interessante Erfahrungen mit geschmolzener Schokolade.”
“Nahrungsmittel und Sex sind ein ganz anderes Thema”, meinte Dr. Reid. “Bitten Sie einen Mann, eine Gurke zu schneiden und sehen Sie sich sein Gesicht dabei an. Sie tun es nicht gern.”
“Eine Frau mit einer Gurke und Salatöl braucht keinen Mann”, sagte Katie.
“Ach ja?”, murmelte Jess. Er war sexuell frustriert und ein wenig mürrisch. Außerdem waren die Bilder im Kamasutra sehr erregend. “Versuch doch mal, eine Gurke dazu zu bringen, dich mit dem Mund zu verwöhnen.”
“Okay, Freundchen! Raus aus dem Wagen!”
Erschrocken starrte Jess in den Strahl einer Taschenlampe, die viel heller war als seine. “Was?”
“Sicherheitsdienst!” Der Kerl hörte sich groß und finster an, während er die Fahrertür öffnete. “Aussteigen, und lass die Hände dort, wo ich sie sehen kann. Und versuch gar nicht erst, den Hosenstall zuzumachen.”
“Ich weiß nicht, wovon Sie …” Er verstummte, denn ihm dämmerte plötzlich, wie das Ganze für einen Außenstehenden aussehen musste – er im Auto, Katies Sendung im Radio und ein Buch voller nackter Leute auf dem Schoß. Außerdem lag auf dem Beifahrersitz eine Tüte mit dem weißen Spitzenbody. Aber das war noch nicht alles.
In einer zweiten Tüte des Sexshops, an dem er kurz
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