Der Liebespaar-Mörder - auf der Spur eines Serienkillers
sich in Rage reden konnte, wurde sie unterbrochen. »Schon gut! Kommen Sie bitte mit, wir nehmen jetzt eine Anzeige auf.«
Es war der 2. November, als gegen 22.15 Uhr im Hause Mehnert das Telefon schrillte. Heinz Mehnert hob ab und meldete sich mit Namen. Zunächst blieb es still. Dann aber sagte eine merkwürdig verstellte männliche Stimme: »Verdammtes Pack! Recht so! Ihr habt es nicht anders verdient! Es ist gut, dass das Schwein kaputt ist!« Konsterniert legte Mehnert den Hörer wieder auf die Gabel. »Wer war das denn so spät?«, fragte seine Frau. Mehnert überlegte einen Moment. Schließlich antwortete er: »Ach, nichts, vermutlich falsch verbunden.«
Am 9. November wurde im Landes-Kriminalblatt, einem periodisch erscheinenden Fahndungsjournal des nordrhein-westfälischen Landeskriminalamtes, in der Rubrik »Vermißte, unbekannte Personen und unbekannte Tote« folgende Mitteilung abgedruckt:
»1. Mehnert, Wilfried, Franz Wilhelm, Bäckermeister, 14. 4. 29 Hamborn, zuletzt Düsseldorf, seit dem 1. 11. 55.
BESCHREIBUNG: 1,90 m, schlank, ovale Kopfform, hellblondes dichtes zurückgekämmtes Haar, ovales blasses Gesicht, hohe Stirn, blaue Augen, helle bogenförmige Augenbrauen, geradlinige Nase, schmale Lippen, im Oberkiefer Brücke mit 2 Goldzähnen, große gepflegte Hände, leicht nach vorn gebeugte lässig wirkende Haltung.
BESONDERE KENNZEICHEN: Am Unterleib rechts und mittig zwei größere Operationswunden.
BEKLEIDUNG: Brauner Filzhut, Kamelhaarmantel, unigrauer Anzug, graue Weste mit grün-blauen Karos, gestreiftes Seidentuch (quergestreift gold, braun und grau), schwarze Schuhe, Marke ›Balli‹. Trägt am rechten Mittelfinger goldenen Ring mit kleinen grünen und blauen Steinen, goldene Armbanduhr mit Lederarmband, außerdem ein silbernes Kettchen mit holländischer Münze.
2. Ingensandt, Lieselotte (wird Liesel gerufen), Magdalena Ruth, kaufmännische Angestellte, 25. 10. 33 Menden, zuletzt Brilon (in Düsseldorf zuletzt mit
MEHNERT (1.) gesehen), seit dem 1. 11. 55.
BESCHREIBUNG: 1,68 m, schlank, schmales Gesicht, hellblondes schulterlanges Haar (zum Pferdeschwanz gebunden), blau-grüne Augen, geradlinige Nase (Stupsnase), schmale Lippen, kleiner Mund.
BESONDERE KENNZEICHEN: hat leichte Rückgratverkrümmung. BEKLEIDUNG: weißes Petticoatkleid mit rosafarbenen Rosen, weiße Pumps (spitz zulaufend), schwarzer Wollmantel. Trägt silberfarbenen Armreif linke Hand, goldenes Collier, goldener Fingerring linke Hand (Gravur: ›10. 08. 55 Wilfried‹).
Die Gesuchten wurden letztmals in einem Ford M 15, polizeiliches Kennzeichen BR 781-378, hellblau, Limousine, Baujahr 1955, gesehen.«
Zu dieser Zeit waren bereits sämtliche Wachen und Streifenwagenbesatzungen im Düsseldorfer Stadtgebiet über das Verschwinden informiert. Routinemäßig überprüfte die Kripo nun bundesweit alle Fälle mit »unbekannten Toten«, allerdings ohne Erfolg. Auch im Verwandten- und Bekanntenkreis der Gesuchten herrschte Ratlosigkeit, niemand hatte sie nach dem 31. Oktober gesehen, niemand hatte eine Nachricht erhalten.
Eine Woche nach Beginn der Fahndung begann das 1. Kriminalkommissariat sich für den Fall zu interessieren. Die Todesermittler vermuteten einen »kriminellen Hintergrund«. Wenn Lieselotte Ingensandt und Wilfried Mehnert tatsächlich Opfer eines »Kapitalverbrechens« geworden waren, war Eile geboten. Denn der Täter hatte mittlerweile einen enormen Zeitvorsprung und jedes weitere Zögern konnte zur Folge haben, dass Beweismittel vernichtet wurden. Aber auch ein Unglücksfall oder ein gemeinsamer Selbstmord konnten nicht ausgeschlossen werden. Zunächst mussten die Fahnder also »in alle Richtungen« ermitteln, wurde der neugierig gewordenen Presse mitgeteilt. Unerwähnt blieb indes eine weitere Vermutung der Kripo, Mehnert könnte seine Verlobte nach einem Streit getötet und sich danach mit dem Wagen der Eltern ins Ausland abgesetzt haben. Ein Verbrechen aus Leidenschaft?
Tatsächlich deuteten eine Reihe von Umständen zunächst auf eine »Beziehungstat« hin: das spurlose Verschwinden der Gesuchten und des Wagens, vor allem aber der Lebenswandel von Wilfried Mehnert, der nicht recht zu einem soliden Bäckermeister passen wollte. Schnell hatten die Ermittler nämlich herausgefunden, dass Mehnert sich nach Feierabend zu einem der elegantesten Lebemänner, Partygänger und Schürzenjäger Düsseldorfs mauserte. Er ging allerdings nie allein aus. Fast immer umringten ihn drei Freunde, sämtlich teils
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