Der Liebespaar-Mörder - auf der Spur eines Serienkillers
wesentlich älter und nicht annähernd so elegant gekleidet wie der gut aussehende, junge Beau, der nur maßgeschneiderte Anzüge trug und einen teuren Wagen fuhr. Aber die drei Männer bildeten genau den Rahmen, den Mehnert brauchte. Sie hörten ihm zu, lachten, wenn er scherzte, widersprachen nicht, stellten keine unangenehmen Fragen. Mehnert bezahlte dafür, hielt seine Freunde aus. Er hatte stets Geld bei sich, ungewöhnlich viel für jemanden aus seinem Berufsstand.
Regelmäßig fuhr das ungleiche Quartett spätabends zuerst dorthin zum Essen, wo es elegant und teuer war. Danach amüsierte man sich in Düsseldorfer Nacht- und Szenelokalen, in denen getanzt wurde und zahlreiche Frauen verkehrten, die auch zum Tanz aufgefordert werden wollten. Mehnert selbst hielt sich zurück. Er saß am liebsten an einem Tisch inmitten seiner Freunde, plauderte ausgelassen, lauschte der Musik – und überlegte, welche Frau er wohl ansprechen könnte.
Erst in den Morgenstunden stand er auf, wenn er ein Mädchen entdeckt hatte, das nach seinem Geschmack war. Mühelos gelang es ihm, die Damen anzusprechen. Nach einer Weile bezahlte er für sich und seine Kumpels die Rechnung, gab ein großzügiges Trinkgeld. Dann hakte er sich bei seiner Bekanntschaft unter und verschwand mit ihr.
Nachdem einige seiner Freundinnen vernommen worden waren, glaubten die Ermittler auch zu wissen, wohin er gefahren war – zur abgelegenen Rotterdamer Straße, einer der beliebtesten »Liebhaberstraßen« Düsseldorfs. Stets hatte er den Wagen auf einem einsamen Parkplatz in der Nähe des Restaurants »Schnellenburg« abgestellt. Die jungen Frauen wussten nur Gutes über ihn zu berichten: »Er war ausgesprochen höflich, liebenswürdig und charmant«, »Gut erzogen, Kavalier alter Schule« oder »Er war jemand, dem man auf Anhieb vertrauen konnte«.
Im Frühjahr 1955, berichteten seine Freunde schließlich, habe »das mit einem Schlag aufgehört«. Mehnert lernte zu dieser Zeit auf einem Schützenfest im sauerländischen Brilon Lieselotte Ingensandt kennen. »Die Natürlichkeit des Mädchens hat ihn bezaubert, es war Liebe auf den ersten Blick«, erklärte seine Mutter, die immer noch verzweifelt hoffte, ihren Sohn bald wieder in die Arme schließen zu können. Lieselotte, eine ausgesprochen hübsche und bodenständige junge Frau, die in einem großen Möbelgeschäft arbeitete, war »genauso beeindruckt«. Das wiederum erzählte ihre besorgte und deprimierte Mutter zwei Kriminalbeamten in Brilon. Schnell wurden Lieselotte und Wilfried ein Paar, er besuchte sie in der Woche, sie fuhr zu ihm nach Düsseldorf an den Wochenenden. Kurz vor ihrem Verschwinden hatte das Liebespaar seinen Eltern sogar eröffnet, bald heiraten zu wollen.
Zwischen den Vermissten hatte es offenbar keinerlei Missstimmungen oder Zerwürfnisse gegeben, Seitensprünge schon gar nicht. Dass Mehnert seine Verlobte ermordet haben könnte, wurde somit immer unwahrscheinlicher. Gegen diese Hypothese sprachen auch die Erkenntnisse, die man unterdessen im Künstlerlokal »Csikós«, stadtbekannt durch seine beliebte Zigeunerkapelle, gewonnen hatte. »Ich erinnere mich genau«, erzählte einer der Kellner, »wie die beiden nebeneinander gesessen haben. Sie tranken Tokaier und lachten. Wenn es je ein glückliches Liebespaar gegeben hat, dann waren sie es an jenem Abend!« Der Wirt hatte eigens für das Paar die »Fürstenloge« frei gehalten und nun in seiner Vernehmung ausgesagt: »Ich kannte sie sehr gut, sie waren häufig bei mir zu Gast. An diesem Abend hatten sie noch Hunger und bestellten zwei Portionen Gulasch. Sie waren verliebt und küssten sich. Lieselotte hatte ein neues Kleid an, das sie sich extra für diesen Abend gekauft hatte. Kurz bevor sie gegangen sind, hat Wilfried noch ihre Initialen an die Wand gemalt.«
Das letzte Lebenszeichen der frisch Verliebten: »W.M. L.I.«, von einem Herz umschlossen, darüber »31.10.55«.
Doch irgendjemand musste ein Motiv gehabt haben – wenn das Paar ermordet worden war. Die Ermittler spekulierten jetzt, der Täter könnte ein »Intimfeind« Mehnerts gewesen sein. Der gesamte Freundes- und Bekanntenkreis wurde durchleuchtet, überprüft, verhört. Aber überall gab es die gleichen Antworten: Mehnert war »sehr beliebt«, »sehr verträglich«, »sehr verläßlich«, ein »stiller, aber immer freundlicher Kamerad«. Feinde hatte er nicht. Wieder eine Sackgasse. Die Fahnder traten auf der Stelle.
Bewegung in die Ermittlungen kam erst
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