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Der Liebespaar-Mörder - auf der Spur eines Serienkillers

Der Liebespaar-Mörder - auf der Spur eines Serienkillers

Titel: Der Liebespaar-Mörder - auf der Spur eines Serienkillers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephan Harbot
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herein«, bat Rotstein die Frau, als er ihr die Hand reichte. Johanna Mehnert nickte nur kurz, die Sache war ihr überaus peinlich.
    Rotstein überlegte. Erst jetzt fiel ihm auf, dass die Summen, von denen Johanna Mehnert gesprochen hatte, zu gering waren, um die finanziellen Eskapaden ihres Sohnes vollends erklären zu können. Er hatte wesentlich mehr ausgegeben, als seine Mutter ihm zugesteckt haben wollte. Nicht nur Rotstein glaubte, dass die Herkunft der beträchtlichen Geldmittel in den Dunstkreis des Täters führen werde – oder unmittelbar zu ihm.
    »Darf ich hereinkommen?« Heinz Mehnert stand in der Tür.
    Rotstein zeigte auf den Stuhl vor seinem Schreibtisch. »Setzen Sie sich bitte.« Der Kommissar spannte ein neues Blatt Papier in die Maschine, tippte einige Zeilen und wandte sich dann Mehnert zu. »Es tut mir leid, aber ich muss Sie immer wieder dasselbe fragen. Aber wo hatte Ihr Sohn das viele Geld her?«
    »Das habe ich doch schon so oft erzählt. Ich weiß es nicht. Von uns hat er es nicht bekommen, so viel haben wir ihm nicht gegeben. Wir verstehen das doch auch nicht.«
    »Ihr Sohn hat, wie Sie selbst sagen, von Ihnen zwischen 200 und 300 Mark Lohn bekommen«, gab Rotstein mit scharfem Unterton zurück. »Das war aber nur ein Bruchteil des Geldes, das er ausgegeben hat. Die eleganten, teuren Anzüge, die er trug. Und dann die vielen Freunde, die hohen Zechen. Er hat ja grundsätzlich für die anderen bezahlt!«
    Mehnert verzog den Mund. Auch er hatte in den letzten Wochen unter der quälenden Ungewissheit gelitten, neun Kilo abgenommen, sich förmlich in seiner Backstube verkrochen. »Wir sind auf Ihre Mithilfe angewiesen, Herr Mehnert. Wenn Sie etwas wissen, dann sagen Sie es uns! Sie helfen damit auch Ihrem Sohn!«
    Gerade als Rotstein den Mann mit der Aussage seiner Frau konfrontieren wollte, begann Mehnert kaum hörbar zu sprechen. »Ich glaube, ich muss Ihnen etwas sagen, Herr Kommissar.« Mehnert verstummte, rang mit sich, suchte nach Worten. Sekunden später bekannte er sich: » Ich habe ihm das Geld gegeben. Vielleicht verstehen Sie das nicht.«
    Rotstein erwiderte: »Ich muss das auch nicht begreifen, ich möchte nur erfahren, was wirklich gewesen ist.«
    »Ich habe doch nur einen Sohn.« Mehnert putzte sich die Nase. »Und er ist so flott, so tüchtig, ich bin stolz auf ihn. Er hat immer viel Sorgfalt auf sein Äußeres verwandt. Und da habe ich ihm eben manchmal einen Hunderter zugesteckt. Wissen Sie, es hat mir Spaß gemacht. Kein Mensch hat doch gemerkt, dass der elegante junge Mann ein Bäcker ist. Ich wollte, dass er es besser hat als ich.«
    Rotstein war erleichtert. Jetzt ergab alles einen Sinn. »Und Ihrer Frau haben Sie nichts davon erzählt.«
    Mehnert nickte. »Johanna hat mir immer vorgeworfen, dass ich Wilfried zu sehr verwöhnen würde. Sie hatte ja recht. Aber ich konnte halt nicht anders. Da habe ich ihm eben das Geld gegeben, ohne dass meine Frau etwas davon mitbekam.«
    Das Rätsel war endlich gelöst. Wochenlang war in eine falsche Richtung ermittelt worden, weil zwei Menschen sich voreinander geniert hatten und nicht preisgeben wollten, ihre erzieherischen Grundsätze missachtet zu haben.
    Damit stand die Kripo wieder bei Null.
    Wenig später erhielten die Ermittler eine Meldung, die sie dazu veranlasste, die Nachforschungen auf das notwendige Mindestmaß zu beschränken. Denn: Die Kollegen in Brilon hatten unter den Papieren von Lieselotte Ingensandt einen Liebesbrief entdeckt, in dem Wilfried Mehnert unter anderem schrieb: »Ich sehne mich danach, endlich einmal selbständig und nicht immer nur abhängig von meinen Eltern zu sein. Lass uns doch eine längere Reise unternehmen, nur Du und Ich!«
    Das vermeintliche Verbrechen entpuppte sich als Luftnummer. Nichts deutete mehr auf einen Mord hin. »Sie werden sich höchstwahrscheinlich irgendwo im Ausland aufhalten. Über kurz oder lang werden sie sich wieder melden«, wurde den Eltern schließlich erklärt.
    Nur Johanna und Heinz Mehnert waren damit nicht einverstanden. Ihnen war nämlich aufgefallen, dass ihr Sohn gar keine Kleidung mitgenommen hatte, »nicht einmal eine Zahnbürste«. Nach den vorherigen Irrungen und Wirrungen in diesem Fall wollten die Fahnder nicht noch einmal vorgeführt werden. Und sie waren überzeugt, »alles getan« zu haben. So blieb das letzte Lebenszeichen der Vermissten vorerst ein Herz mit ihren Initialen an der Wand eines Restaurants.

7
    Am 28. November, montags, exakt vier Wochen

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