Der Liebespaar-Mörder - auf der Spur eines Serienkillers
linken vorderen Tür und schrie etwas, was sich wie ›Aufmachen!‹ anhörte. Im selben Augenblick wurde die Tür aufgerissen – dann fiel der Schuss. Einen Moment lang erstarrte Dr. Stürmann und fiel dann auf meine Beine. Da kam auch schon von rechts der zweite Täter und stieg durch die rechte hintere Tür in den Wagen. Auch er trug eine Pistole. Ich weiß nicht genau, ob er auch ›Hände hoch‹ gerufen hat. Ich habe nur sofort geschrien: ›Nicht schießen! Nicht schießen!‹ Darauf hörte ich: ›Bücken Sie sich nach vorne, ich schieße nicht.‹ Ich bückte mich nach vorn und bekam in diesem Augenblick Schläge auf den Kopf. Ich war davon benommen, aber nicht bewusstlos, und habe mich tot gestellt.«
Littek wollte dann noch beobachtet haben, wie sich der Schütze am Armaturenbrett zu schaffen gemacht habe. Von einem der Täter sei er auch durchsucht und ihm die Brieftasche weggenommen worden.
»Erkennen Sie einen der Täter hier im Gerichtssaal?«, wurde Littek vom Vorsitzenden gefragt.
»Nein.«
Zwei Jahre zuvor schon war Littek den Angeklagten gegenübergestellt worden, aber auch damals hatte er sie nicht identifizieren können. Der Mörder und sein Komplize hatten bei der Tat Masken getragen. Gleichwohl war das Gericht wieder einen Schritt vorangekommen. Denn die Aussage des Zeugen deckte sich mit den Angaben Bünings.
Als nächster Zeuge wurde der 39-jährige Schreiner Johannes Feller hereingerufen, bei dem Littek wenige Minuten nach dem Überfall um Hilfe gebeten und der die Polizei alarmiert hatte. Der Zeuge bestätigte, dass Littek »blutüberströmt« an seine Tür geklopft und den »gräßlichen Vorfall« geschildert habe.
Zeuge Nummer drei war Kriminalhauptmeister Horst Flossbach, der am Tatort die ersten Spuren gesichert hatte. Er berichtete, dass Littek noch in der Nacht, nachdem er in einem Krankenhaus behandelt worden war, vernommen worden sei. Schon damals habe er die Tat in allen Einzelheiten geschildert, allerdings sein intimes Verhältnis zu Dr. Stürmann verschwiegen. Darum sei er auch zwischenzeitlich in Verdacht geraten.
Schließlich erläuterte die Düsseldorfer Oberärztin Professorin Hildegard Trube-Becker als Sachverständige den Obduktionsbefund. Der Schuss auf das Opfer sei aus ungefähr 30 Zentimeter Entfernung abgegeben worden, habe die Wirbelsäule getroffen und zu einer sofortigen Lähmung geführt. Der Tod müsse »nach ungefähr fünf bis zehn Minuten durch Ersticken eingetreten sein«.
Im Gerichtssaal war es mit einem Mal totenstill. Der Vorsitzende hatte die Zeugin Klara Reichenstein aufrufen lassen. Ihr Mann vergaß das Mitschreiben und blickte gespannt zur Tür, die gerade geöffnet wurde. Da meldete sich plötzlich Fritz Büning zu Wort: »Ich möchte eine Erklärung abgeben!« Dr. Näke gab den Justizwachtmeistern ein Zeichen, die Saaltür wurde wieder geschlossen. »Das ist mir jetzt wieder eingefallen«, sagte Büning mit überkippender aufgeregter Stimme. »Ich habe von Frau Reichenstein Weihnachten 1952 einen grünen Pullover geschenkt bekommen, den sie mir gestrickt hat.« Er wollte damit Reichensteins Behauptung, er habe Büning erst nach dem Mord an Dr. Stürmann kennengelernt, endlich widerlegen. Diese Aussage kam genau zum richtigen Zeitpunkt. Würde Klara Reichenstein dies bestätigen? Und würde sie überhaupt gegen ihren Mann aussagen?
Klara Reichenstein erschien in einem schwarzen Taftkleid, sie hatte sich ihr blondes Haar frisch frisieren lassen. Die 35-Jährige wirkte verhärmt, müde. Die Turbulenzen der vergangenen Jahre standen der zierlichen Frau ins Gesicht geschrieben. Sie würdigte ihren Mann keines Blickes. Der saß scheinbar ungerührt in der Anklagebank, verdeckte aber mit seiner linken Hand die Augen.
»Frau Reichenstein«, begann der Vorsitzende, »ich muss Sie darüber belehren, dass Sie hier nicht auszusagen brauchen. Niemand kann von einem deutschen Gericht gezwungen werden, gegen den Ehepartner Zeugnis abzulegen.«
Die Frau schüttelte energisch den Kopf: »Nein – ich sage aus! Ich habe bereits die Scheidung beantragt.«
»Seit wann kennen Sie Büning?«
Klar und auffallend unbefangen antwortete die Zeugin: »Seit 1952. Es muss im Herbst gewesen sein. Ich habe nämlich zu Weihnachten ’52 für Fritz Büning einen grünen Pullover gestrickt.«
»Ein Irrtum ist ausgeschlossen?«
Ohne zu zögern, antwortete die Frau: »Es gibt keinen Zweifel, ich habe ihm den Pullover 1952 gestrickt. Im Jahr darauf war ich bereits zu weit
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