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Der Liebespaar-Mörder - auf der Spur eines Serienkillers

Der Liebespaar-Mörder - auf der Spur eines Serienkillers

Titel: Der Liebespaar-Mörder - auf der Spur eines Serienkillers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephan Harbot
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immer noch unbeeindruckt, obwohl das Auftreten seiner Frau vor Gericht nicht ohne Wirkung auf ihn blieb. Je länger die Zeugenaussagen andauern, desto schwieriger wird seine Position. Das Gericht wird erst dann die volle Wahrheit erfahren, wenn es ihm gelingt, Reichensteins nicht immer echt wirkende Selbstsicherheit zu erschüttern. Vorerst sieht es jedoch nicht danach aus, als würde das gelingen.«
    Nach wie vor galt der Ausgang dieses Prozesses als »völlig offen«. Zu viele Aussagen waren in den entscheidenden Passagen zu vage geblieben oder hatten nicht verifiziert werden können. Und im Gerichtssaal hielt sich hartnäckig ein Gerücht: Wenn es notwendig werden sollte, würde Reichenstein den Namen jenes mysteriösen Mannes nennen, dem er angeblich die Tatwaffe kurz vor dem Mord an Dr. Stürmann gegeben haben wollte.

32
    13. November 1959, sechster Verhandlungstag.
    »Ich habe sofort an die Liebespaar-Mörder gedacht!« Mit sichtlichem Unbehagen erinnerte sich Bettina Flachskamp an jene Szene des 4. Mai 1956, als sie mit ihrem Freund in einem Waldstück zwischen den Örtchen Strümp und Osterath von zwei Männern überfallen worden war. Die Auseinandersetzung mit Büning schilderte die Zeugin so: »Ich hatte dem Mann auch gesagt, er soll mich loslassen, ich hätte ein Kind. Darauf sagte er, dass er mir nichts tun wolle, wenn ich nur zurückkomme. Dann hat er mich geschlagen, später auch mit der Pistole. Vor dem Schießen hatte ich weniger Angst, als vor dem Totgeschlagenwerden.« Die Frau glaubte allerdings immer noch, dass sie ihr Leben nicht der Mildtätigkeit des Angeklagten Büning schuldete: »Der Motorradfahrer, der von der Straße her kam, dem habe ich meine Rettung zu verdanken!«
    Ob es denn stimme, dass sie während des gesamten Überfalls ihre Zigarette in der Hand gehalten habe, fragte der Vorsitzende. Das nämlich hatte Büning behauptet, und es sollte die Begründung dafür gewesen sein, dass er die Frau überhaupt geschlagen hatte. Denn mit einer brennenden Zigarette hätte sie für Reichenstein »ein wunderbares Ziel« abgegeben.
    »Ja, Herr Vorsitzender, das stimmt so«, gab die 25-jährige Verkäuferin zur Antwort.
    »Warum haben Sie die Zigarette denn nicht weggeworfen?«
    »Das hatte zwei Gründe: Ich wollte durch den Lichtschein der Glut ein Zeichen zur Straße hin geben, dass vielleicht jemand darauf aufmerksam werden würde. Ich hatte Todesangst. Außerdem wollte ich keinen Waldbrand entfachen.«
    Einige Zuschauer im Saal konnten sich ein Schmunzeln nicht verkneifen. Häufig ähnelte dieser Prozess einem Shakespeare-Drama: Blankes Entsetzen und befreiendes Lachen lösten einander in schöner Regelmäßigkeit ab.
    Ihr Freund hatte zunächst an einen »üblen Scherz« geglaubt, als die beiden Gestalten im Wald auftauchten. »Dann sah ich, dass der eine Mann die Taschenlampe, mit der er uns angeleuchtet hatte, auf eine Pistole hielt. Das war dann kein Scherz mehr!«, berichtete der 26-jährige Student. Seine Freundin sei sofort aufgesprungen und weggelaufen. Während Büning hinterhergerannt sei, habe der andere Mann direkt vor ihm gestanden: »Ich war aufgesprungen, musste mich aber wieder setzen, während der Mann mit der Pistole vor mir stehen blieb. Ich nahm die Arme auseinander und sagte zu ihm, er könne meine Brieftasche haben. Er nahm sie aber nicht. Als ich Bettina um Hilfe rufen hörte, habe ich noch gefragt: ›Was macht Ihr da für einen Blödsinn?‹ In diesem Augenblick hörte ich ein Moped näher kommen. Kurz danach kam der andere Mann herbeigelaufen und rief: ›Los, weg, weg!‹ Der Mann, der mich bedrohte, fragte den anderen noch: ›Und der hier?‹ Aber der Kerl ist einfach weitergelaufen und hat gerufen: ›Komm, weg hier!‹ Dann sind sie weggerannt. Ich steckte mein Portemonnaie in die Strümpfe und bin zur Straße gegangen. Da sah ich gerade noch, wie Bettina auf dem Sozius eines Motorrades wegfuhr.«
    Obwohl die Zeugen beide Angeklagten nicht zweifelsfrei wiedererkennen konnten, zeigte der Vorsitzende sich zufrieden. »Angeklagter Reichenstein«, wandte Dr. Näke sich an den mutmaßlichen Räuber und Mörder, »merken Sie denn nicht, dass immer mehr Indizien zusammenkommen? Wollen Sie nicht Ihre Verteidigung ändern, statt zu bestreiten oder Widersprüche zu konstruieren?«
    Reichenstein stand auf. Wie gewohnt antwortete er beherrscht und ruhig, wohl auch ein wenig überheblich: »Ich hoffe, dass sich im Laufe der Verhandlung noch mehr Wahrheit herausstellen wird.

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