Der Liebespakt
sich. Es war nicht genau zu erkennen, wer die Frau war. Allerdings war schon auf den ersten Blick zu erkennen, dass es sich kaum um Antonia handeln konnte. Im Innenteil ging die Geschichte weiter. Außerdem war noch ein Interview mit einem Wirtschafts-Experten dazugestellt: »Warum Manager über ihr Privatleben lügen«. Der Experte erklärte, wie verlogen und spießig es in den Führungsetagen der deutschen Wirtschaft noch zuginge. Die spielten dort heile Welt, Vater, Mutter und drei Kinder. Homosexualität, Fremdgehen, Wilde Ehe, das komme dort offiziell alles nicht vor.
Und da, noch ein Ausriss eines Schmierzettels. Toni erkannte ihre Handschrift, es war der Zettel aus dem Hotel: » Keine Sorge, die Gala ziehe ich noch durch. Dann Scheidung. « Sie hatten alles dokumentiert. Georgs und Tonis falsches Eheleben war jetzt für jeden einsehbar.
Innerhalb von ein, zwei Minuten waren Georg und Toni zu Aussätzigen geworden. Niemand näherte sich ihnen, sogar Margot stand ein Stückweit entfernt - allerdings nicht, weil sie sich ihrer Freundschaft mit Toni schämte. Sondern weil das, was nun folgen würde, eine konzerninterne Abrechnung zu sein schien. Außer dem Lärm von außen hörte man nur die Kameras klicken, die auf das Ehepaar Jungbluth zielten. Jedes Bild von ihnen, jede ausdrucksvolle Geste war viel Geld wert. Diese Geschichte würde sich noch tagelang weiterdrehen lassen. Besonders, wenn die beiden dann irgendwann anfingen, übereinander
herzufallen. »Er hat mich benutzt.« »Sie hat mich ausgenutzt.« Die üblichen Vorwürfe und Reinwaschungen. Aber noch stand das Paar dicht an dicht nebeneinander. Es war nicht so, dass sie einander berührten, sich schützend in den Arm nahmen oder an der Hand hielten. Aber sie rückten auch nicht voneinander ab. Auch ein gutes Foto, fanden die Fotografen. Die Motoren der Kameras klackten.
»Was ist denn hier los?«, hörte man plötzlich laut im Raum. Tom, der offensichtlich eine Weile weg gewesen war - es hieß, er würde heimlich weiterhin Zigaretten rauchen, aber Karoline dürfe das nicht wissen -, war nun eingetreten und fand statt einer Party einen Raum vor, der wirkte, als habe sich Dornröschen gerade an der Spindel gestochen. Alle standen wie eingefroren an ihrer Stelle. Jemand reichte ihm wortlos die Zeitung. »Top-Manager kauft seine Ehefrau«, las Tom und dann flüchtig die Wort »Affäre«, »Blondine«. Er betrachtet die Paparazzi-Fotos der Geliebten. Dieser Mantel kam ihm bekannt vor. Die Frisur der Frau, die man nur von hinten sah. Und dann der Ring an ihrer Hand. Man erkannte den Ring genau, weil die Hand der Frau auf Georgs Schulter lag. Es war der Verlobungsring, den er, Tom, seiner Karoline geschenkt hatte.
Karoline, die ihren Verlobten beobachtet hatte, war bleich geworden. Langsam ließ Tom die Zeitung sinken und starrte Georg wütend an. Toni hielt die Luft an. Keiner der Männer senkte den Blick. Es war wie ein Duell. Und plötzlich, aus dem Stand heraus, die Erstarrung lösend, sprintete Georg los. Er rannte, was das Zeug hielt - zwischen den Galatischen hindurch, an den eleganten Gästen vorbei, denen nun der Mund offen stehen blieb, die Fahrstühle links liegen lassend, bis zur Tür, die ins Treppenhaus führte. Georg riss die Tür auf, und weg war er.
Als sei nun der Startschuss gegeben, löste auch Tom sich aus
der Erstarrung. Auch er war schnell, viel schneller, als Toni ihm zugetraut hätte. Tom hechtete jetzt ebenfalls auf das Treppenhaus zu, aber er musste mehr Gala-Gästen ausweichen als Georg, der freie Bahn gehabt hatte. Ein Stuhl fiel um, eine Tischdecke wurde mitgerissen, das Geschirr krachte vom Tisch und ging polternd zu Bruch. Dann war auch Tom im Treppenhaus verschwunden.
Ein lautes Raunen ging durch die Menge der Galagäste. Toni spürte, wie ihre Hand gegriffen wurde.
»Komm, schnell. Hinterher.« Margot zog Toni in Windeseile zu den Fahrstühlen, bevor irgendjemand sie abfangen konnte. Peter von Randow und seine Frau drängten sich auch noch rein. Dann schloss sich die Tür.
»Es ist …«, fing Peter von Randow mit einem empörten Ton in der Stimme im Fahrstuhl an, aber Margot brachte ihn sofort zum Verstummen. Es brauchte dafür nicht viel. Sie hob nur mit einer drohenden Geste die Hand. Den Rest erledigten ihre unglaublichen Tätowierungen. Die verbleibende Fahrt ging schweigend vonstatten. Noch bevor sich die Tür ganz geöffnet hatte, waren Toni und Margot schon draußen und standen im menschenleeren Innenhof des
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