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Der Liebespakt

Titel: Der Liebespakt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Leinemann
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sofort auf.
    »Au«, brüllte Tom.
    Nun trat Peter von Randow aus der Dunkelheit hervor und stellte sich zwischen die beiden blutenden Männer, die jetzt versuchten, mit Stofftaschentüchern den Blutfluss zu stoppen. Er hatte einen betont väterlich-autoritären Ton.
    »Ich denke, meine Herren, wir haben unseren Gästen jetzt genug Spektakel geboten. Der eine von Ihnen hat außereheliche Affären, der andere ist ein Homosexueller. Damit ist meine Entscheidung getroffen - ich werde den Konzern noch drei weitere Jahre führen. Bis sich jemand findet, der unser Unternehmen stabil und sicher durch die Zukunft leitet. Jemand, dessen Leben keinen doppelten Boden hat. Der ehrlich lebt, was er behauptet zu sein. Ehrlichkeit ist das, was unser Konzern in dieser schweren Führungskrise braucht.« Man sah Randow an, er war von seiner eigenen Rede ergriffen. Der Mondschein strahlte ihn regelrecht an. Einige der Gäste applaudierten.
    »Blödsinn, Peter«, knurrte da Tom und baute sich vor ihm auf. »Du wirst dich morgen nicht wieder zur Wahl stellen. Meine Sekretärin hat gesehen, wie du vor einigen Tagen Jungbluths Büro durchsucht hast. Jede Schublade hast du aufgezogen. Du hast diesem Boulevard-Redakteur die Informationen zugespielt. Nein, deine Zeit ist vorbei. Die ganze Verlogenheit in der Vorstandsetage, das ist doch auf deinem Mist gewachsen. Georg ist raus, das ist klar. Aber ich, ich bin noch im Rennen.«
    »Schwuchtel«, zischte Randow Tom wütend an. Die beiden kannten sich seit Jahrzehnten - die Familien waren eng befreundet, Toms Vater hatte zusammen mit Randow in der Schweiz studiert.

    »Peter«, rief Beate von Randow erschrocken, die genau wusste, dass ihr Mann zu weit gegangen war. Aber Peter von Randow hatte zu viel getrunken, dazu der Triumph über Georg, der ihn berauschte.
    »Das war dein Ende«, sagte Tom trocken. Und jeder der Zuhörer wusste, dass das stimmte. Die Ära Peter von Randow war vorbei.
    Alle waren so auf die beiden konzentriert, dass keiner bemerkt hatte, wie Georg sich davonmachte. Als Toni zu der Stelle schaute, wo er eben noch gestanden hatte, war er weg. Sie löste sich aus dem Kreis und begann ihn in der dunklen Umgebung zu suchen. Aber es war nichts mehr von ihm zu sehen.
    »Komm, du schläfst heute Nacht bei mir«, sagte Margot. Sie nahm ihre Freundin in den Arm. Toni war dankbar, weggeführt zu werden. Was für ein Elend. All die Mühen, Leiden, Demütigungen der letzten Monate waren umsonst gewesen, all die Heimlichtuerei. Georg würde nie Vorstandsvorsitzender werden. Was für eine Katastrophe! Sie und er saßen auf einer riesigen Penthouse-Wohnung, die nicht abbezahlt war. Sie hatten keinerlei Rücklagen, im Gegenteil, sie waren sogar verschuldet. Sie, Toni, hatte keine Arbeit. Georg vermutlich ab heute auch nicht mehr. Und ihre eigene Firma - aufgebaut mit 500 000 Euro Startkapital? Die war in weite Ferne gerückt.
    Ihr wurde übel. Kotzübel. Ruckartig löste sich Toni aus Margots Umarmung und erbrach am nächsten Baum.
    »Hast du so viel getrunken?«, fragte Margot verwundert.
    »Schicksalsschläge«, antwortete Toni.
    Im bläulichen Mondlicht sah das helle Kleid gespenstisch aus. Zum Glück, dachte Toni, ist es wenigstens bezahlt.

20
    Der Geruch des indischen Currys zog durch das offene Fenster in den Büroraum. Toni wurde schlecht. Sie kriegte den Würgereiz gerade noch in den Griff, indem sie sich eine halbe Zitrone vor die Nase hielt und daran roch. Jeden Morgen, wenn sie das Büro betrat, schnitt Toni als Erstes in der Teeküche eine halbe Zitrone auf. Pedraam grinste. »Soll ich das Fenster schließen?« Toni nickte und rollte verzweifelt mit den Augen. Antworten konnte sie noch nicht, dafür war ihr zu schlecht.
    »Und wie viele Monate soll das jetzt so weitergehen?«, scherzte Pedraam. »Sechs volle Monate?«
    »Eigentlich hatte die Ärztin mir versprochen, nach den ersten zwei, drei Monaten sei das Schlimmste überstanden. Aber davon kann wohl nicht die Rede sein.« Toni legte die Zitrone wieder griffbereit auf den Schreibtisch zurück und ging an ihre Arbeit. Von draußen hörte sie die Geräusche der Stadt. London klang anders als Berlin, hier war es deutlich stiller. Vermutlich, weil der Verkehr in der Innenstadt drastisch reduziert worden war - es kostete viel Geld, eine Fahrerlaubnis für das Zentrum zu kriegen. Deshalb dominierten Taxis, Polizeiwagen und Doppeldeckerbusse das Stadtbild der City. Fuhr ein roter Doppeldecker am offenen Fenster der Büroetage vorbei,

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