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Der Liebessalat

Der Liebessalat

Titel: Der Liebessalat Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joseph von Westphalen
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Ohren.« Sie sei doch keine Katze, kein Hund, kein Hamster. – Das war schon mal gut. Sie sprach dann zwar von einem »amüsanten Vergnügen«, das seine Briefe ihr bereitet hätten – aber das sollten sie ja auch. »Sie wissen gar nicht, zu welch gazellenhaften Luftsprüngen mich Ihre Penelope-Geschichten antreiben«, stand da, und Viktors Augen wurden fast feucht vor Glück. »Ich hoffe, ich bekomme noch viel davon zu lesen.« Was wollte Viktor mehr? Das Leben war gerettet. Dann lobte sie noch das Hemd, das er in Zürich getragen hatte. »Orange steht Ihnen gut.« Hörte man auch nicht alle Tage. Göttlicher Zufall, daß er neulich ein Hemd in ihrer Lieblingsfarbe getragen hatte.
    Wie schade, daß sie heute abend nicht dabei sein könne. »Mein liebster Freund Urs wird Ihnen meinen Brief überbringen«, schrieb sie. Meinte sie damit den liebsten ihrer vielen Freunde? Oder ihren Herzallerliebsten, der auch ihr Freund sei? Das mußte geklärt werden. Sie bedankte sich für Viktors Kassetten. Diese Musik würde »jede Muskelfaser« ihres Körpers in Erregung versetzen. Viktor war beim Lesen dieser Worte dem Taumel nah. Die Schlußwendung machte ihn vollkommen selig: »Eine erste Umärmelung von Ihrer Penelope.«

    DJ Remarkable mit der Goldhose fragte Viktor später, ob die Frau des Lebens gekommen sei. »Ihr Freund«, sagte Viktor, »er hat mir einen Brief von ihr gebracht.« Er zeigte das orangefarbene Papier und küßte es.
    Bis morgens um fünf wurde getanzt. Alles, was Viktor an musikalischen Schätzen dabei hatte, kam gut an. Kein einziges Stück ging daneben. Das war kein Wunder, denn mit jedem Stück hatte er Penelope in Schwung bringen wollen. Es war eine Auswahl für sie. Es war ihr Verdienst und ihr Sieg. Der Musik war anzuhören, daß damit eine Frau umworben werden sollte. Auf diese Weise war Penelope anwesend. Es gab sogar einen besonderen Triumph, einen Sieg des Wahren und des Guten: Nach drei bedeutungslosen modernen Titeln des Goldhosen-Kollegen verlangten die Leute nach Viktors uriger Musik. Er hatte für diesen Fall vorgesorgt und kam mit Les McCanns brodelndem
Compared To What
, das ihn seit dem ersten Hören vor vielen Jahren im nächtlichen Brüssel damals mit Erstfrau Ella immer noch und immer wieder elektrisierte – und immer übertrug sich die Begeisterung auf andere.
    Von vier bis fünf tanzte Viktor zwei Hemden naß. Einer marathonlaufenden Frauenbeauftragten aus Freiburg imponierte sein Tanzstil, der schnell und kräfteraubendend und dessen ungewöhnliche Ekstatik nicht jedermanns Sache war. All seine Ehefrauen fanden, er sei ein gräßlicher Tänzer. Die marathonlaufenden Frauenbeauftragte fand Viktors Tanzstil »krass«. Sie hatte Ärger mit ihrem Freund. Vollkommen eindeutige Signale. Früher wäre Viktor gern mit ihr gegangen – und dann ab ins Bett, jetzt machte es ihm Spaß, Penelope treu zu sein. Hellwach und überdreht fuhr er am Morgen nach Zürich zurück.

    Penelopes Brief war nicht lang, aber Viktor las ihn immer wieder. Er schrieb ihn ab, um seine Feinheiten noch besser zu erfassen. Wie ein inniger Philologe, der sich einen geheimnisvollen Quellentext behutsam nähern will. Sie hatte nicht kommen können, weil sie in den Bergen war. »Statt meine Beine in Basel zu schwingen, prügle ich mich wenig gazellenhaft im ewigen Eis herum«, schrieb sie – eine Formulierung, über die Viktor stundenlang nachdachte und worüber er ihr dann stundenlang schrieb: »Sie kasteien sich, Sie sind katholisch«, schrieb er, um dann eine Verwandtschaft zu konstruieren: »Auch ich als Heide prügle mich herum – mit Worten allerdings.« Gleichzeitig hatte er eine unbändige Lust, mit schnellen großen Schritten hoch in die Berge zu steigen, nicht gerade um sich zu prügeln, aber doch sich zu verausgaben, sich zu strapazieren, zu schnaufen wie ein Tier.

    Dann schrieb Viktor an die Tscherkessin. Sein erster Brief seit anderthalb Jahren. Er schrieb ihr von Penelope und zitierte ihre Prügel-Passage: »Du als Liebhaberin der Sklaverei sollst mir das deuten«, schrieb er. Er schrieb auch an Ira und sogar an Sabine und erzählte von Penelope. Es kamen Antworten. Es wurde lebendig.
    Er fing an zu glühen, war liebeswürdig zu Ellen und empfing sie ab und zu mit Spaghetti. »Das heißt aber nicht, daß du wieder mit einem Halbtagsjob und mit mir als kochendem Hausmann liebäugeln sollst«, sagte er. Er ging wieder gern essen mit Ellen und den Freunden und war unterhaltsam. »Es wächst was«, sagte

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