Der Liebesschwur
entdecken solltest, dass jemand irgendwo gegraben hat, sieh nach. Der Gärtner ist schon alt, er wird um diese Jahreszeit nichts pflanzen.«
»Das stimmt.«
»Und ich möchte, dass du der Zofe zuhörst – ermuntere sie, so viel zu reden, wie sie nur will.«
»Himmel.« Duggan verzog das Gesicht. »Sie wissen ja gar nicht, was Sie da von mir verlangen.«
»Trotzdem«, bestand Vane auf seinen Worten. »Während Masters und Mrs. Henderson mir alles berichten, was ihnen auffällt, so zögert eine junge Zofe vielleicht, über etwas zu reden, weil sie nicht dumm erscheinen will oder weil sie die Aufmerksamkeit nicht auf etwas lenken will, das sie bemerkt hat, während sie etwas tut, was sie eigentlich nicht tun sollte.«
»Aye, also gut.« Duggan zupfte an seinem Ohrläppchen. »Ich denke, da es die alte Lady betrifft und sie immer sehr gut zu mir war, kann ich dieses Opfer schon bringen.«
»In der Tat«, antwortete Vane spöttisch. »Und wenn du etwas hörst, dann kommst du gleich zu mir.«
Er überließ Duggan seinen Gedanken und ging zurück zum Haus. Die Sonne war bereits untergegangen, und als er in die Eingangshalle kam, begegnete er Masters auf seinem Weg zum Speisesaal. »Ist Mr. Debbington in der Nähe?«
»Ich habe ihn seit dem Frühstück nicht mehr gesehen, Sir. Aber es könnte sein, dass er ins Haus gekommen ist und sich jetzt irgendwo aufhält.«
Vane runzelte die Stirn. »Ist er nicht in der Küche gewesen und hat etwas zu essen verlangt?«
»Nein, Sir.«
Vanes Stirn runzelte sich noch mehr. »Wo ist sein Zimmer?«
»Im dritten Stock, im westlichen Flügel, das vorletzte Zimmer.«
Vane nahm zwei Stufen auf einmal, als er die Treppe hinauflief, dann eilte er durch die Galerie in den Westflügel. Als er die Treppe in die dritte Etage hochlief, hörte er Schritte die Treppe herunterkommen. Er blickte auf und erwartete schon, Gerrard zu sehen. Stattdessen entdeckte er Whitticombe.
Whitticombe sah ihn erst, als er auf derselben Stufe angekommen war, zögerte für den Bruchteil einer Sekunde, dann ging er weiter. Er nickte Vane zu. »Cynster.«
Vane erwiderte den Gruß. »Haben Sie Gerrard gesehen?«, fragte er.
Whitticombe zog hochmütig die Augenbrauen hoch. »Debbingtons Zimmer liegt am Ende des Flügels, meines ist gleich an der Treppe. Ich habe ihn hier oben nicht gesehen.«
Mit einem nochmaligen kurzen Nicken ging Whitticombe an ihm vorbei die Treppe hinunter. Vane runzelte die Stirn und ging weiter.
Er wusste, dass er im richtigen Zimmer war, als er die Tür öffnete. Der Geruch nach Papier, Tinte, Kohle und Farbe war Bestätigung genug. Das Zimmer war überraschend ordentlich, und Vane nahm an, dass das Patience' Einfluss zu verdanken war. Ein großer Tisch war vor das breite Fenster geschoben worden, der einzige Platz im Zimmer, der unaufgeräumt war. Der Tisch war bedeckt mit Skizzen, Skizzenbüchern und einer Anzahl von Stiften, Bleistiften und den Überresten angespitzter Bleistifte.
Vane schlenderte zu dem Tisch und sah sich die Skizzen an.
Das Licht, das durch das Fenster fiel, spiegelte sich auf der Tischplatte wider. Vane stellte fest, dass die Reste vom Bleistiftspitzen zerstreut und dann wieder zusammengeschoben worden waren. Einige Teile davon lagen zwischen den losen Skizzen und zwischen den Seiten des Skizzenblocks.
Als hätte jemand sich die Skizzen angesehen und erst dann festgestellt, dass er einiges durcheinander gebracht hatte, um sie schnell wieder zusammenzuschieben.
Vane runzelte die Stirn, doch dann schob er diesen Gedanken wieder von sich. Wahrscheinlich war es nur eine neugierige – oder verliebte – Zofe gewesen.
Er warf einen Blick aus dem Fenster. Der Westflügel lag auf der anderen Seite des Hauses, von hier aus konnte man die Ruinen nicht sehen. Aber die Sonne sank immer tiefer, und Gerrards Morgenlicht war längst verschwunden.
Ein Prickeln, eine unheimliche Vorahnung, lief ihm über den Rücken. Er erinnerte sich lebhaft daran, Gerrards Staffelei und seinen Hocker gesehen zu haben, aber Gerrard nicht. Vane fluchte leise.
Er eilte die Treppe viel schneller hinunter, als er sie hinaufgelaufen war.
Mit ausdruckslosem Gesicht ging er durch die Halle, den Flur entlang und dann zur Seitentür hinaus. Und blieb wie angewurzelt stehen.
Einen kurzen Augenblick zu spät verschwand sein grimmiger Gesichtsausdruck. Patience, die zusammen mit ihrem Harem einen Spaziergang machte, hatte ihn sofort bemerkt und sah ihn besorgt an. Innerlich verwünschte Vane
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