Der Liebhaber meines Mannes
seine Arme die Wellen durchschnitten,sich Tang um seine Beine wand. Ich schrieb »Liebe« auf. Dann strich ich das Wort durch und schrieb »Wasser«.
»Sehen Sie Mr Hazlewood –«
»Patrick, bitte.«
»Kann ich dich etwas fragen?« Er beugte sich in seinem Sessel vor.
Ich legte den Bleistift hin. »Alles.«
»Bist du einer von diesen … du weißt schon …« Er legte die Hände ineinander.
»Was?«
»Einer von diesen
modernen
Künstlern?«
Ich hätte beinahe gelacht. »Ich bin mir nicht sicher, ob ich verstehe, was du meinst … «
»Na ja, wie ich schon sagte, ich verstehe nichts von Kunst, aber was ich meine, ist: Wenn du mich zeichnest, sieht es aus wie ich, oder? Nicht wie – eins von diesen neuen Hochhäusern oder so was.«
Da lachte ich doch. Ich konnte nicht anders. »Ich versichere dir«, sagte ich, »ich könnte dich niemals wie ein Hochhaus aussehen lassen.«
Er schien ein bisschen verärgert. »In Ordnung. Ich wollte nur sichergehen. Man weiß ja nie.«
»Du hast recht. Vollkommen recht.«
Er sah auf seine Armbanduhr.
»Nächste Woche um dieselbe Zeit?«, fragte ich.
Er nickte. An der Tür drehte er sich noch einmal um und sagte: »Danke, Patrick.«
Ich höre immer noch, wie er meinen Namen sagt. Es war, als würde ich ihn zum ersten Mal hören.
Nächste Woche um dieselbe Zeit.
Eine Ewigkeit bis dahin.
3. OKTOBER 1957
ES IST ERST ZWEI TAGE HER , dass er hier war, und ich verliere schon den Verstand vor Ungeduld. Jackie fragte heute plötzlich: »Wer war der junge Mann?«
Es war früher Nachmittag und sie gab mir das Protokoll meiner letzten Besprechung mit Houghton. Sie ließ die Frage fallen, ohne auch nur mit der Wimper zu zucken. Aber sie hatte einen Blick, den ich noch nie bei ihr gesehen hatte – ehrliche Neugierde lag darin. Ich sah es trotz der Brille mit Strassgestell vor ihren Augen.
Der Frage auszuweichen würde nur das Feuer schüren. Also erwiderte ich: »Er war ein Modell.«
Sie hatte eine Hand an der Hüfte und wartete auf mehr.
»Wir planen ein Porträt. Ein neues Projekt. Ganz normale Menschen dieser Stadt.«
Sie nickte. Dann, nachdem sie einen Moment gewartet hatte: »Ist er denn ganz normal?«
Ich wusste, sie spionierte gerade. Die anderen Mädchen haben über ihn geredet. Über mich. Natürlich haben sie. Wirf ihr einen Leckerbissen hin, dachte ich. Um sie loszuwerden.
»Er ist Polizist«, sagte ich.
Es entstand eine Pause, in der sie diese Information verdaute. Ich drehte mich halb von ihr weg und nahm den Telefonhörer ab, um sie zum Gehen zu ermuntern, aber sie ignorierte den Hinweis.
»Er sieht nicht wie ein Polizist aus«, sagte sie.
Ich tat so, als ob ich das nicht gehört hätte, und begann, eine Nummer zu wählen.
Als sie endlich gegangen war, legte ich den Hörer wieder auf und saß ganz still, damit mein rasendes Herz sich beruhigte. Kein Grund zur Sorge, sagte ich mir. Nur natürliche Neugier. Natürlich wollen die Mädchen wissen, wer er ist. Ein gut aussehender Fremder. Das hat man nicht oft im Museum. Und trotzdem. Alles ist korrekt. Professionell. Und Jackie ist loyal. Jackie ist diskret. Geheimnisvoll, aber vertrauenswürdig.
Aber. Da ist wieder das Aufwallen, das heftige Pochen in meiner Brust. Das passiert häufig. Ich war deswegen schon beim Arzt. Langland. Er ist bekannt dafür, dass er mitfühlend ist. Das heißt mitfühlend bis zu einem gewissen Grad. Er ist psychoanalysebegeistert, glaube ich. Ich erklärte ihm, dass es meistens nachts kommt, wenn ich zu schlafen versuche. Während ich still im Bett liege, könnte ich schwören, dass ich sehen kann, wie dieser Muskelknoten in meiner Brust springt. Langland sagt, das sei vollkommen normal. Oder, wenn nicht normal, so doch üblich. Er nennt es ektopischer Herzschlag. Erstaunlich verbreitet, sagt er. Manchmal ist der Herzschlag falsch herum und dann merkt man, wie das Herz schlägt. Er macht es vor: »Statt De-DUM « – er schlug mit der Hand auf den Schreibtisch – »geht es DUM-De . Kein Grund zur Sorge.« »Ah«, sagte ich. »Sie meinen, es ist Trochäus statt Jambus.« Das schien ihm zu gefallen. »Genau«, strahlte er.
Jetzt, da ich einen Namen dafür habe, ist es ein bisschen einfacher, es nicht so ernst zu nehmen, aber nicht weniger schwierig, es zu ignorieren. Mein trochäisches Herz.
Ich blieb an meinem Schreibtisch sitzen, bis es sich beruhigt hatte. Dann ging ich hinaus. Aus meinem Büro, die lange Galerie entlang, die Treppe hinunter, an der Geldkatze vorbei und
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