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Der Liebhaber meines Mannes

Der Liebhaber meines Mannes

Titel: Der Liebhaber meines Mannes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bethan Roberts
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auf gleicher Höhe mit ihnen war, hielt sie an den Ellbogen, wenn sie mit ihnen sprach. Ich schwor mir, im Umgang mehr wie sie zu sein. Ich erlaubte mir selten, ein Kind zu berühren, aber im Gegensatz zu einigen der anderen Lehrer schlug ich die Kinder nicht ganz selbstverständlich und sah auch später wenig Anlass für solche Bestrafungen. Ich erinnere mich jedoch, dass ich Alice Rumbold zu Anfang mit dem Lineal schlagen musste. Sie starrte mich an, als ich das Holz auf ihre Handfläche führte, die Augen ruhig und schwarz. Ich ließ die Waffe beinahe fallen, so zitterte meine Hand. Meine Scheu, meine schwitzigen ungeschickten Hände und Alices durchdringender Blick führten dazu, dass ich sie tatsächlich kräftiger traf, als ich sollte, und noch viele Wochen danach bedauerte ich, dass ich es überhaupt getan hatte.
    Es war eine Wohltat, abwärts, aus dem Wind zu gehen und über das tiefe Tal zu blicken. Obwohl ich mein ganzes Leben in Brighton gelebt hatte, war mir nie ganz bewusst gewesen, dass meine Heimatstadt von einer solchen Landschaft umgeben war. Die Hügel waren baumlos, aber das schien die Schönheit ihrer Rundungen und Linien nur zu betonen, und die Farben – alles von rotbraun bis grasgrün – leuchteten in der klaren Luft. Von oben riefen die Lerchen beharrlich, genau wie auf der Isle of Wight, und im Gras verstreut waren Butterblumen. Wir konnten das Meer sehen, das weiße Funken sprühte. Ich hielt inne und staunte, währenddie Sonne auf meine bloßen Arme schien. Ich hatte nicht damit gerechnet, dass der Wind hier oben so stark war, und meine Strickjacke an der Stuhllehne im Klassenzimmer hängen lassen, sodass ich nur meine rosa Bluse als Schutz hatte.
    Julia sagte den Kindern, sie könnten ihren Lunch essen, und wir beide setzten uns ein bisschen abseits hinter sie und beaufsichtigten sie. Gruppen von Stechginster, dick und stachelig, umgaben uns, verbreiteten einen kokosnussartigen Geruch, sodass das Ganze den Eindruck vermittelte, in den Ferien zu sein.
    Als ich meine eigenen Ei-Kresse-Brote aufgegessen hatte, bot mir Julia eins von ihren an. »Komm schon«, sagte sie und schob ihre Sonnenbrille in die Haare. »Die sind mit Räucherlachs. Eine Freundin von mir bekommt ihn ganz billig.«
    Ich war mir nicht sicher, ob ich Räucherlachs mochte, ich hatte ihn noch nie zuvor probiert, aber ich nahm ein Sandwich und biss hinein. Es war ein intensiver Geschmack: salzig wie das Meer, aber mit einer öligen Milde. Ich mochte es sofort.
    Bobby Blakemore stand auf und ich befahl ihm, sich wieder hinzusetzen, bis alle ihren Lunch beendet hatten. Zu meiner Überraschung gehorchte er sofort.
    »Das machst du schon gut«, sagte Julia mit einem leisen Lachen und ich spürte, wie ich vor Freude rot wurde.
    »Also. Du hast mir noch nichts von deinen Flitterwochen erzählt«, sagte sie. »Isle of Wight, oder?«
    »Ja«, sagte ich. »Es war – na ja … «, ein nervöses Lachen entfuhr mir, »schön.«
    Julia hob die Augenbrauen und sah mich so interessiert an, dass ich nicht anders konnte als fortzufahren. »Wir wohnten in einem Cottage, das Toms Freund Patrick gehört. Er war Trauzeuge bei der Hochzeit.«
    »Ich erinnere mich.« Julia hielt inne, um von ihrem Apfel abzubeißen und zu kauen. »Das war großzügig von ihm, nicht?«
    Ich betrachtete meine Nägel. Ich hatte niemandem erzählt, dass du auch gekommen warst, nicht einmal meinen Eltern und sicher nicht Sylvie.
    »Dann habt ihr eine schöne Zeit gehabt?«
    An diesem warmen, klaren Tag waren Geständnisse unwiderstehlich. Und so sagte ich: »Na ja, Tom und ich hatten eine schöne Zeit. Aber er kam auch.«
    »Wer?«
    »Toms Freund. Patrick. Nur für die letzten paar Tage.« Ich biss wieder vom Sandwich ab und wandte mich von Julia ab. Sobald die Worte heraus waren, wurde mir bewusst, wie schrecklich sie klangen. Wer würde in seinen Flitterwochen irgendeine Art von Dreier dulden? Nur ein verdammter Idiot.
    »Ich verstehe.« Julia aß ihren Apfel auf und warf das Kerngehäuse in den Ginster. »Hat es dir was ausgemacht?«
    Ich konnte nicht anders als die Wahrheit sagen. »Nicht wirklich. Er ist ein guter Freund. Von uns beiden.«
    Julia nickte.
    »Er ist tatsächlich ein interessanter Mann«, fuhr ich holprig fort. »Er ist Kurator beim Museum. Geht mit uns immer zu Aufführungen und Konzerten, bezahlt für alles.«
    Julia lächelte. »Ich mochte ihn. Er ist
comme ça,
oder?«
    Ich hatte keine Ahnung, was sie meinte. Sie sah mich ziemlich hoffnungsvoll

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